26. Juni 2022

Ein weiterer heißer Tag deutlich jenseits der 30 Grad erwartet mich. Gleich nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg zum Conference Center der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (ab jetzt in Anlehnung an die englische Bezeichnung kurz und knackig LDS genannt).

Fahnen und Lampen

Meine Freundin Norina, die ich euch im gestrigen Bericht vorgestellt hatte, hat mir im Vorfeld nahegelegt, mir am Sonntagmorgen unbedingt den halbstündigen Auftritt des berühmten Tabernacle Choir live anzusehen und anzuhören. Denn der 1847 gegründete gemischte Chor tritt hier jeden Sonntag auf. Man kann spontan ohne Anmeldung hingehen und dem Konzert gratis beiwohnen.

Im Rahmen der ältesten Rundfunksendung der USA, Music and the Spoken Word, werden diese Auftritte weltweit von mehreren Tausend Radio- und Fernsehsendern übertragen. Die 360 ehrenamtlichen Mitglieder des Chores haben mit einigen der weltweit bedeutendsten Orchester Aufnahmen eingespielt. Auch zu Ernennungen von US-Präsidenten hat der Tabernacle Choir schon gesungen. Der berühmte Chor geht von Zeit zu Zeit auch auf Tourneen und bespielt die großen Konzerthallen rund um den Globus.

Als ich den großen Saal mit seinen sagenhaften 21.000 Sitzplätzen betrete, bin ich zum einen beeindruckt von dessen Architektur, der Weite des Raumes und der wechselnden Beleuchtung hinter der gewaltigen Orgel. Und zum anderen wundere ich mich spätestens jetzt auch nicht mehr darüber, dass man wirklich ohne Voranmeldung hier einfach aufkreuzen und dem berühmten Chor lauschen kann.

The audience is listening
Farbspiel

Denn das Conference Center wurde ja hauptsächlich zu dem Zweck errichtet, der zweimal jährlich tagenden Generalversammlung der Kirche der LDS einen angemessen großen Rahmen und Platz zu geben. Und egal, wieviele interessierte Menschen sich an einem Sonntagmorgen hier einfinden: es ist immer genügend Platz für alle da. An diesem Morgen verlieren sich die geschätzt maximal eineinhalb Tausend Besucher fast in diesem riesigen Saal.

Vor der Kulisse der aus mehreren Tausend Pfeifen bestehenden Orgel sind die 360 Sängerinnen und Sänger bereits fleissig dabei, sich einzusingen. Die Musiker im Orchestergraben spielen derweil ihre Instrumente ein. Und dann geht es los! Wir Besucher werden um Ruhe gebeten, da sich der Saal jetzt in ein Fernseh- und Tonstudio verwandelt.

Ich bin nicht unbedingt ein Fan von Kirchenmusik. Doch was ich da auf die Ohren kriege, ist einfach fantastisch. Was für ein Gänsehaut-Auftritt! Ihr wollt eine kleine Kostprobe hören? Bitteschön!

Viel zu schnell ist die halbe Stunde um. Und ehe ich mich versehe, bin ich schon wieder auf dem Weg nach draußen. Dem Äußeren des sehenswerten Conference Center mitsamt seinem Dachgarten mit Blick über die Stadt werde ich mich an einem anderen Tag widmen. Doch das Angebot einer Führung durch die zugänglichen Bereiche des Temple Square nehme ich gerne an.

Das Herzstück des Temple Square, nämlich der Tempel selbst, gehört nicht dazu. Denn wie ich schon an anderer Stelle erwähnte, ist das Areal um ihn herum bis 2025 eine Großbaustelle, da das Gebäude erdbebensicher gemacht wird. Doch die von außen neugotisch anmutende Assembly Hall

Versammelt
Aufgetürmt

… und der Tabernakel, das 5.000 Menschen Platz bietende Akustikwunder, können von innen und außen angeschaut werden. Sehr beeindruckend!

Glanzvoll
Wie die Orgelpfeifen

Nach der Führung passiere ich noch zwei weitere Gebäude der LDS-Kirche. Zum einen handelt es sich um das Museum für Kirchengeschichte, …

Kirche und Geschichte

… und zum anderen um das direkt gegenüber auf der anderen Seite des Platzes gelegene Centers für Ahnenforschung. Die Mitglieder der LDS-Kirche sind bekannt dafür, sich dieses Themas intensiv anzunehmen. Doch das Center steht allen, nicht nur Kirchenmitgliedern, frei zur Verfügung.

Familiäres

Auf dem Rückweg kommt mir ein Mitglied des berühmten Tabernacle Choir entgegen, dem ich eben noch fasziniert gelauscht hatte. Die sympathische Dame ist unschwer an ihrer Kleidung zu erkennen. Diese Gelegenheit lasse ich mir natürlich nicht durch die Lappen gehen! Ich spreche sie an und gebe ihr ein positives Feedback zu ihrem Auftritt.

Mit freundlicher Genehmigung

Die nette Dame – leider versäume ich es, sie nach ihrem Namen zu fragen – lässt sich gerne auf ein Gespräch ein. Und so erfahre ich einige interessante Dinge im Zusammenhang mit ihrem ehrenamtlichen Engagement in diesem Chor. Die Aufnahmeprozedur sei nicht einfach, lässt sie mich wissen. Wer hier bei dem nur Mitgliedern der LDS-Kirche vorbehaltenen Chor mitsingen möchte, muss ein dreistufiges Aufnahmeverfahren durchlaufen. Zuerst muss man eine Hörprobe einschicken, dann einen schriftlichen Test absolvieren und schließlich, als schwierigster Part, vor dem Chorchef auftreten.

Hat man es geschafft, gilt es, jede Woche ein neues Programm einzustudieren. „Klingt fast nach Vollzeitjob“, rutscht es mir in meiner bisweilen etwas vorlauten Art raus. Sie grinst und bestätigt, dass ich damit gar nicht so falsch läge.

Nochmal zur Erinnerung: in diesem hochprofessionell agierenden Chor singen nur Ehrenamtliche. Niemand wird bezahlt. Vor diesem Hintergrund beeindruckt mich das Engagement der Mitglieder umso mehr. Natürlich man darf nicht vergessen: hier singen ausschließlich Mitglieder der LDS-Kirche. Und dort gehört es einfach dazu, dass man sich einbringt, engagiert und dafür Zeit hat. Eine schöne und interessante Begegnung, für die ich sehr dankbar bin!

Huch, plötzlich ist es schon kurz nach Mittag! Ich lege jetzt eine kleine Siesta im Hotel ein, denn ohne Pause geht es nicht bei den momentanen Temperaturen. Wenig später mache ich mich auf zu einem Event, das einer der Gründe dafür war, dass ich hier in SLC einen Stopp einlegte: das in einschlägigen Kreisen bekannte Utah Arts Festival, das größte seiner Art in diesem Bundesstaat.

Es findet am Washington Square und am benachbarten Library Square statt und bietet an mehreren Tagen hochkarätige Kunst aller Art von Malerei, Grafik, und Kunsthandwerk über Musik, Filme, Lesungen und diverse Performances. Und natürlich gibt es jede Menge zu essen und zu trinken.

Das Gelände ist recht weitläufig. Diverse Bühnen wurden aufgebaut, und auch die hier ansässige Bibliothek wurde als Veranstaltungsort thematisch eingebunden. Hier verbringe ich einen wunderbar entspannten Nachmittag und Frühabend. Ich genieße die Atmosphäre und das vielfältige Angebot sehr. Keine Sekunde habe ich mich gelangweilt!

Kofferraum
Sangeskünste
Gezeltet
Kunst mit Witz
Live dabei
Wie gemalt
Frozen cheesecake on a stick

Die Atmosphäre, die Weitläufigkeit und das vielfältige Angebot lassen sich mit einem Video noch ein klein wenig besser einfangen und transportieren. Da ich es versäumt habe, selbst zu filmen, greife ich auf fremdes Material zurück. Das Video zeigt Szenen vom Festival 2016, doch Charakter und Angebot waren in 2022 vergleichbar.

Gegen Ende meines Besuchs auf dem Festivalgelände ereignet sich dann noch eine amüsante Anekdote. In Deutschland ist es ja schwierig bis unmöglich, Getränke auf ein wie auch immer geartetes Festivalgelände mitzunehmen. Hier in SLC hingegen gibt’s Trouble, wenn man was Flüssiges mit hinaus nehmen will. Es könnte ja Alkohol drin sein, den man hier nicht in der Öffentlichkeit (und innerhalb des Festivalgeländes nur in gesondert ausgewiesenen, vom Rest abgetrennten Bereichen) konsumieren darf.

Doch schlussendlich glaubt mir der nette Herr vom Sicherheitsdienst dann doch, dass ich wirklich nur Zitronenlimonade und keinen hochprozentigen Cocktail im Becher habe, den ich dann unbehelligt in der angrenzenden öffentlichen Parkanlage gemütlich auf einer Bank austrinken darf. Ende gut, alles gut 😎. Auf ins Hotel und hinein in den Feierabend!

17 Gedanken zu “Salt Lake City – Kirche und Kunst

  1. Wie immer, liebe Elke, sehr interessant! Danke für all die Eindrücke aus SLC: Du eröffnest mir in der Tat neue Blicke auf amerikanische Städte, die ich persönlich immer nur als Gateway für die Great Outdoors wahrnehme. Liebe Grüße!

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