17. Februar 2020
Diejenigen, die mich besser kennen und/oder hier schon länger mitlesen, wissen, dass ich mich auf meinen Reisen nie damit begnüge, nur die bekannten Sehenswürdigkeiten abzuhaken. Auch ist es kein Geheimnis, dass ich stets auf der Suche nach origineller und innovativer moderner Architektur bin. Und so habe ich natürlich auch im Vorfeld dieser Reise recherchiert, was hier in mein Beuteschema passen könnte.
Doch bevor ich heute durchstarte, muss erst einmal ein zünftiges Frühstück her. Meinen Hotelvoucher verfuttere ich heute zum wiederholten Male im „Anastasia“. Es gibt Omelette aus Kichererbsen und Mais mit im Teig verarbeiteten Zwiebeln, Kräutern und Spinat. Dazu gibt es einen Salat mit Kürbiskernen, selbst gebackenes Brot und fünf verschiedene Pasten bzw. Aufstriche. Vegan und lecker!

Anschließend geht’s mit dem Bus in den Norden der Stadt zum Campus der Universität von Tel Aviv. Sie ist mit rund 30.000 Studierenden und neun Fakultäten, die sich in insgesamt 90 Institute gliedern, eine der größten des Landes.
Doch ich will hier nicht die (Hoch)Schulbank drücken. Was mich vielmehr hierher führt, ist der Umstand, dass dieser Campus ein einzigartiges Freilichtmuseum für moderne Architektur und Kunst ist. Eingebettet ist das Ganze in eine großzügige Parklandschaft.
Eine kurze Schrecksekunde, als ich sehe, dass das komplette Gelände eingezäunt ist und ich durch eine Sicherheitskontrolle muss. Hätte ich mir eigentlich denken können 😅. Ich habe weder meinen Pass dabei noch studiere oder arbeite ich hier. Doch die Kontrolle beschränkt sich auf einen lässigen, oberflächlichen Blick in meinen Rucksack. Und dann bin ich drin.
Auf direktem Weg nähere ich mich dem Gebäude, auf dem mein Hauptaugenmerk liegt: die geniale Cymbalista Synagogue mit dem integrierten Jewish Heritage Center. Ist sie nicht wunderbar? 1998 hat Mario Botta das Gelände der Universität mit diesem Schmuckstück bereichert. Die beiden identischen „Köpfe“ symbolisieren dabei das Religiöse und das Säkuläre des Landes.


Wie das obere der beiden Fotos bereits andeutet, ist an diesem sonnigen Morgen noch recht wenig los. Die bildungshungrige Studentenschar ist rar gesät. Vermutlich bin ich in die vorlesungsfreie Zeit geraten. Auch Touristen sind nicht zu sehen. Offenbar fehlt die Synagoge nicht nur in meinem, sondern auch in anderen handelsüblichen Reiseführern.
Und so bin ich die einzige, die mit der Kamera im Anschlag durch das Gelände streift. Hier eine kleine Auswahl dessen, was ich sonst noch so entdeckt habe!





Anschließend mit dem Bus quer durch die Stadt gen Süden. Und jetzt ist ein feierlicher Tusch fällig: Ich habe es schließlich doch noch geschafft, Tel Aviv zu verlassen! Denn streng genommen und formal gesehen ist mein Ziel Holon eine eigene, gar nicht mal so kleine Stadt. De facto ist sie jedoch eine Art industrielle Vorstadt Tel Avivs.
Raus aus dem Bus. Das Design Museum ruft! Von der Haltestelle aus soll es laut meiner Vorab-Recherche nur ein paar Hundert Meter entfernt liegen. Doch es ist von hier aus noch nicht zu sehen. Und so muss ich mich ein wenig durchfragen. Nach ein paar Fehlversuchen – liegt es an meiner Aussprache, an mangelnder Englischkenntnis der Angesprochenen, oder kennen die Leute das Museum wirklich nicht? – klappt es schließlich.
Was soll ich sagen? Die Architektur des Design Museums, das in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert, ist der Hammer! Wie eine gewaltige, rot-orangene Federspirale schraubt es sich in den Himmel. Aus jedem Winkel bieten sich neue Perspektiven. Ich bin begeistert! Eine gute, auf den Punkt gebrachte Beschreibung findet ihr hier. Die links davon zu sehende Mediathek, die ein Theater, ein Kino und eine Bibliothek beherbergt, kann sich im übrigen auch sehen lassen.







Nachdem ich mich draußen ausgetobt habe, löse ich ein Ticket und schaue mir die aktuelle Ausstellung „State of Extremes“ an. Besonders beeindruckt bin ich von den Luftaufnahmen aus Tansania, Kenia, Indien und den USA, die zeigen, wie extrem unterschiedlich Raum in den Städten verteilt ist. Arm und reich dicht an dicht – und doch liegen Welten dazwischen.

Sehr interessant finde ich auch das „Mitmach“-Projekt. Jeder Besucher bekommt fünf runde Aufkleber und kann damit seine Meinung zu den folgenden fünf ausgestellten Themenkomplexen ausdrücken: Soll der öffentliche Nahverkehr auch am Shabbat betrieben werden? Wie ist Ihre Meinung zum Status von Jerusalem? Wie ist Ihre Meinung zum Bauen in den Siedlungsgebieten (gemeint sind die von Israel besetzten Gebiete in Palästina)? Wie kann das Gesundheitssystem verbessert werden? Wie stehen Sie zur Ehe für LGBT? Durchaus Fragen mit Sprengstoff in diesem Land.
Unter jeder Frage stehen vier mögliche Antworten bzw. Positionen. Sie repräsentieren Aussagen von unterschiedlichen Parteien zu den jeweiligen Themenkomplexen, ohne dass ersichtlich wird, von wem was vertreten wird. Doch man kann es sich so halbwegs denken. Von oben nach unten werden die Ansichten immer liberaler. Ich nehme es vorweg: repräsentativ für das ganze Land ist dieses Meinungsbild sicher nicht! Sonst sähe die Politik wohl anders aus.

Mit dem Bus am Nachmittag zurück nach Tel Aviv. Und während wir fröhlich von einem Stau in den nächsten fahren, geht mir durch den Kopf, dass es doch höchste Zeit wird, dass der ersehnte Bau der U-Bahn endlich zum Ende kommt 😅. Der verlinkte Artikel ist schon sechs Jahre alt, hat aber recht wenig von seiner Aktualität verloren. Immerhin geht es voran! Doch ob der geplante Eröffnungstermin der ersten Linie in 2022 gehalten werden kann, steht in den Sternen.
In Downtown Tel Aviv springe ich spontan etwas früher aus dem Bus als geplant. Zu verlockend ist ein Fotomotiv, das mir durchs Busfenster ins Auge springt. Steht es doch sinnbildlich für die so unterschiedliche Architektur, die hier in trauter Gemeinschaft beieinander steht.

Ich drücke auf den Auslöser und setze meine Fahrt mit dem nächsten Bus fort. Die letzten eineinhalb Stunden vor Einbruch der Dunkelheit flaniere ich am Strand entlang. Ich liebe das goldene Nachmittagslicht!


Heute werden mir neben dem Altbekannten …

… wieder Sportarten präsentiert, die ich bisher noch nicht kannte. Noch während ich über den akrobatischen Fußvolleyball staune, fällt mein Blick auf eine wundersam gewölbte Tischtennisplatte. Wieso zum Henker ist die denn so verbogen 🧐?

Des Rätsels Lösung erfrage ich mir bei den Aktiven. Darf ich vorstellen? Teqball, eine Mischung aus Fußball, Tischtennis und Volleyball!

Und weil es so schön ist, verweile ich am Strand, bis die Sonne glutrot im Meer versinkt – und mich der Hunger ins nächste Restaurant treibt. Bis morgen!

Dein Frühstück sieht echt lecker aus. Aber der Campus ist natürlich noch schärfer. Tolle Dinger! Besonders das verschlungene Teil um die Palmen herum oder das moderne trojanische Pferd. Vom Design Museum hattest du ja schon erzählt – auch ein schöner Bau. Die Bilder von Arm und Reich sind wirklich erschreckend.
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Ja, der Campus war der Hammer! In so einer Umgebung studiert es sich doch bestimmt noch besser 😎.
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Auch hier wieder unendlich viele Fotos zum meinem Projekt ! Also lange auf der Festplatte musst du definitiv nicht suchen !!! Feuerball passt zu meinem 1. Projekt ! Mega gut das Foto „Schwungvoll “ !!!!
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Danke, freut mich! Ich denke auch, dass ich da eine ganz gute Auswahl habe in meinem Fundus. Allerdings rächt sich bei der mittlerweile doch recht großen Menge an Fotos, dass ich bisher keine Schlagwörter verwendet habe. Das sollte ich mir dringend angewöhnen 😅.
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Ach Elke, es war wieder sooo schön!
ich liebe Deine Blogs
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Freut mich, Andrea! Heute kommt Nachschub 😎.
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Perfekt festgehalten, Elke, die geschwungenen Linien des Design-Museums gefallen mir auch. Ein wenig Schwierigkeiten habe ich bei der „Schönheit“ der Synagoge von Mario Botta, während Micha sie interessant findet, kann ich dem nichts abgewinnen.
Nach Marseille stelle ich nun gleich Tel Aviv an. Wenn wir dann irgendwann wieder reisen können. Ich hoffe, dass wir im August überhaupt unsere Schottlandreise antreten können. Wie geschrieben, ich hoffe…… aber die Hoffnung ist gering.
Liebe Grüße von Susanne
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@ Synagoge: die Geschmäcker sind verschieden. Und das ist auch gut so 😎. @ Schottland im August: die Hoffnung stirbt zuletzt! Ihr müsst es halt nehmen, wie es kommt.
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So sehe ich es auch, Elke, im Moment gewöhne ich mich an den Gedanken, dieses Jahr in Berlin zu bleiben.
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Ist vermutlich eine realistische Einschätzung.
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Zeit, um Wohnungen zu renovieren ;-), aufzuräumen, auszusortieren, Ruhe zu finden, um auch mal ein ganzes Buch in einem Stück durchzulesen!
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Ja, das ist die gute Seite an der Geschichte.
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Micha und ich haben gerade festgestellt, dass wir eigentlich gar keine Lust zum renovieren haben 🙂 🙂
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Dann lasst es am besten bleiben 😅!
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Ja, denn nur was man mit dem Herzen tut ….. 😉
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😎😎😎
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Sehr schön, die Bilder von oben hätten mich auch interessiert
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Next time 😎!
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