01. Juli 2022
Heute frühstücke ich im Dam Café unten am Übergang vom See in den Truckee River. Dort serviert man mir den besten Breakfast Burrito auf diesem Planeten. Ungelogen! Ein pechschwarzer, dreister Vogel hat es auf mein kostbares Frühstück abgesehen. Doch da hat er die Rechnung ohne mich gemacht. Manchmal fängt auch der frühe Vogel keinen Frühstückswurm 😅.
Anschließend nehme ich den nächsten Bus nach Incline Village ans Ostufer des Lake Tahoe. Somit setze ich auf dieser Reise doch noch den einen oder anderen Fuß auf den Boden des Bundesstaates Nevada, den ich bisher nur mit dem Zug durchfahren habe. Denn das Ostufer gehört nicht mehr zu Kalifornien. Die kostenlosen Busse fahren stündlich hin und zurück. Darauf kann man sich gut einstellen, wie ich finde.
Die Fahrt dauert rund 50 Minuten. Nein, der Bus ist nicht zu langsam. Es ist einfach sehr viel los unterwegs. Denn am heutigen Freitag beginnt ein verlängertes Wochenende, das am Montag mit dem US-Unabhängigkeitstag, dem berühmten Fourth of July, endet.
Incline Village zieht sich gefühlt einige Meilen am Flussufer hin. Entsprechend gibt es hier einige Busstopps. Aber ich weiß ja, wo ich hin will: zur Endstation Tunnel Creek Bonanza. Na, klingelt da was bei euch? Bestimmt, oder? Hier in der Nähe stand die fiktive Ponderosa Ranch, auf der die vier Jungs aus der Kultserie der 1960er Jahre lebten: Bonanza!
1967 entstand an der Stelle ein Ponderosa-Themenpark, in dem die fiktive Ranch der Cartwrights nachgebaut wurde. Die Besucher konnten im Planwagen den Hügel hochfahren, sich ein paar Pancakes reinziehen, Gold waschen und sich von Banditen überfallen lassen. 2004 wurde der Park geschlossen und ist seitdem in privater Hand. Besuche sind nicht mehr möglich. Doch einem hartnäckigen Fan der Serie war keine Mühe zu groß. Er hat sich auf seine Weise dort umgesehen und lässt uns in diesem kurzen Video daran teilhaben. Schaut unbedingt mal rein!
Als ich an der Endhaltestelle aussteige, sehe ich nur einen riesigen Parkplatz, nämlich genau den, der auch in dem Video zu sehen ist. Ein kleines Stück dahinter liegt das Tunnel Creek Café. Von dort aus geht ein relativ kurzer und steiler Wanderweg hoch zum Monkey Rock. Von dort oben soll die Sicht auf die originellen Steinformationen drumherum, auf den See und die Sierra Nevada sensationell sein. Dort will ich hin.
Schon am Beginn des Weges nach oben sind die Aussichten hervorragend. Und zwar so hervorragend, dass ich, während ich weiterlaufe, nur auf den See und die Berge schaue, statt darauf zu achten, wohin meine Füße treten. Der Klassiker unter den Fehlern beim Wandern.
Und schwups ist es passiert, nach gerade einmal 700 Metern auf dem Wanderweg: ich trete unglücklich auf einen fest im Boden verankerten, hochstehenden Stein und knicke mit dem linken Fuß um. Ein kurzer, stechender, heftiger Schmerz durchzuckt meinen Knöchel. Zum Glück kann ich mich schnell fangen und stürze nicht. Doch es ist, wie es ist: der Fuß ist verstaucht, vielleicht sind auch die Bänder gedehnt oder gerissen. Keine Ahnung! Einen Bruch schließe ich aber aus, denn ich kann immerhin noch auftreten.
Und so beschließe ich, voller Adrenalin und wilder Entschlossenheit, mich von derlei Ungemach nicht unterkriegen zu lassen, sondern einfach weiterzulaufen. Ich verkneife es mir auch, den Schuh auszuziehen, um mir den Fuß anzuschauen. Denn dann würde sich sofort eine fette Schwellung ausbreiten. Und dann passt der Fuß garantiert nicht mehr in den Schuh 😅. Das muss warten, bis ich nachher zuhause bin.
Stattdessen gehe ich vorsichtig weiter. Das klappt einigermaßen, was die Hauptsache ist für den Moment. Solange ich den Fuß nicht seitwärts drehe, sondern nur ganz gerade nach vorne abrolle, ist fast alles gut. Mit dem Ziepen kann ich leben. Ich werfe eine Ibuprofen rein, beiße die Zähne zusammen und ziehe weiter meiner Wege. Deutlich langsamer als vorher, versteht sich.
Vorsichtig, jegliches Gekraxel zwischen den Felsen vermeidend, setze ich den zum Glück gut begehbaren Wanderweg fort und habe es irgendwann bis ganz nach oben zum Monkey Rock geschafft. Was soll ich sagen? Die Aussicht ist der Wahnsinn! Seht selbst:







Als ich mich sattgesehen habe, schleiche ich den gleichen Weg teilweise zurück, bis der Abzweig zum Hidden Beach auftaucht. Dort angelangt, gönne ich mir eine etwas längere Pause. Denn der Strand vor der Felslandschaft ist wunderschön und lädt zum Verweilen ein. Und ganz nebenbei freut sich auch mein linker Fuß auf eine Verschnaufpause.



Von dort aus laufe bzw. humpele ich einen Teil des insgesamt mehrere Meilen langen East Shore Bike Trails entlang. Ja, den dürfen auch die Fußgänger benutzen. Und es gibt zumindest heute auch keine Konflikte mit den Radfahrern.
Ihr könnt es euch sicher denken. Eine Aussicht ist schöner als die andere! Und jetzt bin ich auch schlauer als heute morgen und bleibe immer brav stehen, wenn ich mir was anschauen will.







Irgendwann drehe ich um und laufe den Uferweg wieder zurück bis zu dem Café bei der Bushaltestelle. Nach einem späten Mittagessen auf der Terrasse des Cafés nehme ich den nächsten Bus zurück nach Tahoe City. Während der Fahrt lasse ich das heute Erlebte gedanklich Revue passieren. Der Ausflug und die Wanderung waren unfassbar schön und haben sich wahrlich gelohnt! Von der Fußverletzung einmal abgesehen.
Wieder im Motelzimmer angekommen, stelle ich mich dem Ernst des Lebens und versorge den arg malträtierten Fuß. Da mir solches Ungemach nicht zum ersten Mal passiert, habe ich auf Reisen immer eine Tube Mobilat und eine Sprungelenkbandage dabei. Beide kommen jetzt zum Einsatz.
Beim nächsten Mal werde ich auch noch ein Eisspray mitnehmen, das mich auch auf den Tagestouren begleitet. Denn hätte ich so etwas heute dabei gehabt, hätte ich den Fuß unterwegs direkt versorgen und die Schwellung zumindest eindämmen und auch den Schmerz etwas unterdrücken können. So aber schaue ich nun entsetzt auf den unförmigen, blau-rot verfärbten, geschwollenen Klumpen, der vormals ein normaler Fuß war. Den Knöchel ziert zusätzlich noch eine blaue Kugel in Golfballgröße. Ein Beweisfoto erspare ich den zarten Gemütern in der Leserschaft.
Auf dem Flur des Motels fülle ich eine Plastiktüte mit Eiswürfeln aus dem Automaten, lege im Zimmer die Füße hoch und versuche mittels Kühlung zu lindern, was noch zu lindern ist. Später am Abend riskiere ich einen kurzen Blick auf die Statistik. Fast 16 Kilometer, rund 13 davon mit einem angeschlagenen Fuß. Wie bekloppt kann man sein 🤪?

Kurz vor der Dämmerung raffe ich mich wieder auf und humpele hinunter zur Marina. Schließlich ist heute mein letzter Abend am Lake Tahoe und somit die letzte Gelegenheit, Fotos in der Abenddämmerung zu machen. Das ist eine schöne und meditative Tätigkeit, auch wenn das richtig spektakuläre Lichtspiel heute ausbleibt. Dennoch bin ich zufrieden mit den Ergebnissen und nehme feierlich Abschied vom See, bevor ich meinen müden Körper zurück ins Bettchen hieve. Mit den letzten Impressionen des Tages sage ich auch euch Tschüss. Bis morgen!




Der Ausflug hat sich auf jeden Fall mehr als gelohnt. Aber ja, ein bisschen bekloppt war das schon hüstel Wie geht’s deinem Knöchel inzwischen?
LikeGefällt 1 Person
Es hat tatsächlich fast drei Monate gedauert, bis der Fuß wieder vollständig ausgeheilt war. Aber es ist zum Glück keine Einschränkung zurückgeblieben, soweit ich das beurteilen kann. Denn von einem Arztbesuch deswegen hatte ich sowohl in den USA als auch später zuhause angesehen 😁.
LikeGefällt 1 Person
Zum Glück. Schon dich trotzdem noch ein Bisschen 🙂 ach was rede ich, du kletterst bestimmt wieder auf Berge 😉
LikeGefällt 1 Person
Na klar! Freeclimbing am Überhang gehört schon längst wieder zum Alltag 😁.
LikeGefällt 1 Person
Es gibt hier auch Leser*innen mit medizinischem Halbwissen! Also her mit dem echten Beweisfoto!!
LikeGefällt 1 Person
Das glaube ich Elke auch ohne Gruselfoto!
LikeGefällt 1 Person
Finde ich gut 😎.
LikeLike
Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, wer das sein sollte 😇.
LikeLike
Tolle Bilder von dem See und klar das Video habe ich mir natürlich angeschaut von der Ponterosa Ranch. An die Serie kann ich mich nur noch lückenhaft erinnern aber als Kind desöfteren angeschaut.
Das mit dem umgeknickten Fuß ist schon ärgerlich und kann auch richtig weh tun. Ich wäre vermutlich nicht mehr weitergelaufen aber das muss man „vor Ort“ entscheiden.
LikeGefällt 1 Person
Danke, Manni! Ich Habe Bonanza auch oft geschaut in meiner Kindheit. Details habe ich auch vergessen, aber die einzelnen Personen (der Vater mit den drei Söhnen und der chinesische Koch) habe ich noch gut in Erinnerung.
Ja, das mit dem Fuß war schon blöd. Aber ich wollte an dem Tag, der ja mein letzter am See war, unbedingt die tolle Landschaft dort sehen. Dafür habe ich dann das beschwerliche Laufen in Kauf genommen. Bis der Fuß wieder vollständig genesen war, hat es letztendlich dann drei Monate gedauert.
LikeGefällt 1 Person
ja genau den chinesischen Koch darf man nicht vergessen.
Ja so eine Fußverletzung egal ob Zerrung oder Prellung und auch eine Überdehnung kann sehr lange dauern. Bisher hatte ich immer Glück. Oft habe ich bei meinen Bergtouren an sowas gedacht und war da schon vorsichtig. Wenn dir sowas in vielleicht 3000 m Höhe passiert kann das böse enden und im schlimmsten Fall mit einem Hubschraubereinsatz. Egal ich bin verschont geblieben und war da schon immer sehr umsichtig.
LikeGefällt 1 Person
Ja, in solchen Situationen kann das echt übel werden. Gut, dass du immer vorsichtig warst und verschont geblieben bist 👍.
LikeGefällt 1 Person
Vorsicht ist besser als Nachsicht !!
LikeGefällt 1 Person
Wieder ein sehr schöner Bericht, der Lust auf einen Besuch der Gegend macht. Danke für die tollen Reisetipps! Dass du dich verletzt hattest, hast du mir schon erzählt. Das tut mir sehr leid, aber ich bin auch gespannt, wie du im weiteren Reiseverlauf zurecht gekommen bist.
Mir ist Ähnliches schon auf Reisen passiert, glücklicherweise eher am Ende der Tour, aber abbrechen musste ich normalerweise nicht, sondern nur umdisponieren, z.B. mehr fahren statt laufen.
LikeGefällt 1 Person
Danke, Inga! Bei mir passierte das mit dem Fuß zum Glück ja auch erst gegen Ende der Reise. Vier von fünf Wochen waren schon um. Genau eine Woche vor dem Rückflug bin ich umgeknickt. Ich habe es genauso gemacht, wie du es schilderst: nicht abgebrochen, sondern umdisponiert.
LikeLike
Toll, würde mir auch gefallen
LikeGefällt 1 Person
Vielleicht schaffst du es eines Tages ja mal hin.
LikeLike
Du Arme! Ich hoffe dem Fuß geht es wieder gut? Ich bin ja auch so ein wenig – wie soll ich es charmant ausdrücken? – uneinsichig 😏 und habe mir meinem rechten Fuß kilometerweit durchgelaufen trotz Schmerz. Leider nicht mehr reparabel. 😣 Dafür gibt es jetzt fast täglich Fußtraining…
LikeGefällt 1 Person
Mit dieser Wortwahl hast du es wahrlich verdient, die Weihen der Diplomatie zu empfangen 😁. Das mit deinem Fuß tut mir echt leid. Stellte sich denn im Nachhinein ein Bruch heraus? Hoffentlich hilft das regelmäßige Training!
LikeGefällt 1 Person
Nein, ich habe Spreizfuß und vom Durchlaufen einen Hallux valgus bekommen. Keinen Bruch, aber ich muss beim Wandern über 10 km doch öfters mal Pause machen und komplett aus dem Schuh raus. Ich mache Spiraldynamik. Kann ich nur empfehlen, da es die ganzen Muskeln und Sehnen stärkt. Und es hat seitdem keine Verschlechterung gegeben.“freu“ Also ich bin zwar weniger uneinsichig, latschen tue ich trotzdem noch sehr viel 😁
LikeGefällt 1 Person
Da scheinst du ja einen guten Weg für dich gefunden zu haben. Sehr schön!
LikeGefällt 1 Person
Sehr interessant, liebe Elke!
Ich war auch an Lake Tahoe habe diesen aber vollständig anders in Erinnerung. Bei uns hatte der See einen extrem niedrigen Wasserstand.
Ich muss tatsächlich nach den Fotos suchen, denke aber, dass die bei Ehemann Nr.1 verblieben sind. Wir haben um unsere Urlaubsfotos gewürfelt und bei speziell dieser Reise 🧳 habe ich die niedrigere Zahl gewürfelt!
LikeGefällt 1 Person
Danke, Susanne! Als ich da war, hatte der See auch einen recht niedrigen Wasserstand. Scheint ein Dauerproblem zu sein über die letzten Jahre. Ihr habt um die Fotos gewürfelt 😅? Echt? Das ist – bei allem Ernst der Lage, wenn eine Beziehung auseinandergeht – ja irgendwie schon originell. Schade, dass du gerade bei dieser Reise leer ausgegangen bist.
LikeLike
Das mit dem Würfeln hat gut geklappt, haben wir bei allem gemacht, wo die Dinge nicht genau einem von uns zuzuordnen war. Also auch bei unseren Brettspielen und Bücher. Nur bei den CD’s hat mein Exmann Nr. 1 keinen Spaß verstanden. Da durfte ich mir 10 aussuchen und die hat er sich auch gleich wieder gekauft.
LikeGefällt 1 Person
Ja, da hat wohl jeder so seine Schwachstellen. Aber super, dass das weitgehend reibungslos funktioniert hat mit dem Würfelverfahren 👍.
LikeGefällt 1 Person