11. Juni 2022

Meine ursprünglichen Wanderpläne schmelzen heute bei 36 Grad buchstäblich zusammen. Bereits um neun Uhr morgens wird die 30-Grad-Marke überschritten. Das schreit nach einem geruhsamen Tag!

Und so begebe ich mich gemächlich ins Städtchen und beginne meine Tour mit einem kleinen Spaziergang am schön schattigen Boulder Creek. Der führt heute besonders viel Wasser. Schneeschmelze durch Hitze? Wer weiß.

Ich lege mich ein Weilchen ins Gras, schaue, wie die Wölkchen am Himmel vorüberziehen und sinniere über dies und das. Zwei meiner Gedankengänge haben konkret mit der Stadt zu tun, in der ich gerade bin.

Zum einen faszinieren mich der Lifestyle und die Atmosphäre hier in Boulder. Es ist gar nicht so einfach, zu beschreiben, was ich meine. Dazu müsstet ihr selbst mal herkommen und in die Stadt hineinspüren. Aber auch dieser Artikel gibt ganz gut wieder, was die Faszination von Boulder ausmacht.

Zum anderen habe ich schon im Vorfeld meiner Reise gelesen, dass es hier bereits seit den 1970er Jahren eine recht ungewöhnliche Bildungseinrichtung gibt. Die private Naropa Universität beschreibt sich selbst als buddhistisch inspiriert. Hier werden Aktivitäten wie Meditation und die Geisteshaltung der Achtsamkeit gefördert, um traditionelle Lernansätze zu ergänzen. Ich glaube, es würde mir gefallen, hier eines Tages ein Seniorenstudium zu beginnen 😎.

Als es mir auch zum Nachdenken zu heiß wird, laufe ich hinüber zu meinem geliebten Farmer‘s Market. Die Samstagsausgabe ist deutlich größer als diejenige am Mittwochnachmittag. Und natürlich ist am Wochenende auch mehr los. Das Angebot ist um Klamotten und Kunsthandwerk erweitert. Auch Skurriles ist dabei. Das Publikum hingegen kommt etwas „normaler“ daher als am Mittwoch. Viele Familien sind darunter. Auch die Live-Musik fehlt heute nicht. Und die Stimmung ist genauso toll wie am Mittwoch.

Nachdem ich alle Gassen des Marktes abgeschlendert habe, suche ich mir mit meinem Iced Latte, ökologisch vertretbar in einem kompostierbaren Becher serviert, ein schattiges Plätzchen auf der Wiese. Dort haben es sich schon einige andere gemütlich gemacht haben. Hier tue ich, was ich am liebsten tue. Nein, ich meine nicht das Kaffeetrinken, obwohl das auch zu meinen favorisierten Vergnügungen gehört. Die Rede ist von Sozialstudien. Ich mag es, im Publikum vor der Bühne des Lebens zu sitzen und zuzuschauen, was dort gerade gespielt und geboten wird.

Kompostierbar
Auf der Wies’n

Als ich mich nach einer Weile wieder vom grünen Acker mache, höre ich plötzlich meinen Namen. Ich drehe mich verwundert um und erblicke Sue und Alan, die gestern mit mir auf der Bustour in die Rockies waren. Schön, sie wiederzusehen! Sie beenden ihre Zeit in Boulder mit einer organisierten Fahrradtour als Ausgleich zum geriatrischen Hocken im Bus. Sie sind mit E-Bikes unterwegs. Aber das will ich dann trotzdem mal als sportliche Aktivität durchgehen lassen.

Anschließend statte ich dem direkt am Markt gelegenen Museum of Contemporary Art einen Besuch ab. Es ist klein, aber fein! Dem Museumsbesuch folgt ein kühles Getränk auf dem Markt, bevor ich in Richtung Pearl Street schlendere. Dort schaue ich ein wenig hier und da in die Läden hinein, ohne später auf eine nennenswerte Shopping-Ausbeute blicken zu können. Oder zählt ein blauer Nagellack?

Die Perle
Kettenreaktion
Gaystreift

Am Nachmittag steige ich in einen Bus, der mich zur nördlichen Stadtgrenze bringt. Erwähnte ich schon, dass hier alle Busse vorne mit Radständern bestückt sind? Zwei Räder passen drauf. Eine Station später steigt ein Typ ein, der meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Schottenrock und Napoleonhut? Echt jetzt? Ja! Der Fantasie sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt. Doch ich muss euch enttäuschen. Ein Foto wäre zu auffällig gewesen. Und so bleiben Handy und Kamera brav im Rucksack.

An der Endstation der Buslinie steige ich aus. Nun bin ich im NoBo Art District, wo der Name natürlich Programm ist.

Edle Brüstung

Doch bevor ich mich hier näher umsehe, kaufe ich drei kleinen Jungs einen Becher mit gekühlter selbst gemachter Limonade ab. Die Mutter ist natürlich irgendwo im Hintergrund und beobachtet wohlwollend, was da los ist. Die Kinder freuen sich wie verrückt, dass sie eine Kundin am Haken haben! Vermutlich bin ich heute die erste Abnehmerin ihres köstlichen Getränkes. Ihren überschwänglichen YES-Jubel behalte ich noch lange in Erinnerung! Sie wollen nur einen $ für das Getränk, bitten mich aber noch um ein kleines Trinkgeld. So süß, wie die drei sind, lege ich doch gerne noch was drauf.

An diesem heißen Nachmittag ist (noch) wenig bis nichts los auf diesem gemeinnützig geführten Gelände. Ich hoffe, die vielen tollen, freundlichen und offenen Künstler finden ihr Auskommen mit ihrer Kunst. Da steckt nicht nur viel Talent, Können und Kreativität drin, sondern auch eine Menge Herzblut.

Gewelltes Blech

Traumwelten
Drei Streifen
Abgebremst
Gekringelt
Eingezäunt
Doppelkopf

In einem Atelier, das von mehreren Künstlern betrieben wird, werde ich besonders freundlich empfangen und darf sogar die Arbeitsplätze anschauen. Dort hinterlasse ich ungebeten eine kleide Spende – wenn ich schon nichts von der tollen Kunst erwerbe. Dort komme ich mit Tamara ins Gespräch, die hier ihr Töpferstudio betreibt. Wie sich herausstellt, lebte sie vor ein paar Jahren für eine Weile in Berlin. Dort hat sie sowohl im Wedding als auch in Kreuzberg in Ateliers gearbeitet.

Am Ende meines Rundgangs durch den NoBo Art Distrikt kann ich nur sagen: der Ausflug hat sich gelohnt!

Am späteren Nachmittag nehme ich für den Weg nach Hause wieder den Bus. Genug für heute bei der Hitze! Doch eine kleine, überschaubare Einkaufstour im in der Nähe des Hotels gelegenen Shopping Center muss dann doch noch sein. Nun ist die Anti-Shopping Queen doch tatsächlich um ein T-Shirt und ein Kleid reicher. Und einen Happen Lebensphilosophie gibt es gratis obendrein.

Kann nicht schaden

Später im Hotel packe ich den Großteil meiner Sachen schon mal in den Koffer. Denn morgen ziehe ich weiter. Stay tuned!

4 Gedanken zu “Boulder – Gut abgehangen

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