19. Februar 2020
Den Wettervorhersagen für Tel Aviv konnte ich bisher eher selten glauben. Es war immer besser als angekündigt. Die Vorhersagen für die jeweils nächsten Tage wechselten schneller als so mancher seine Unterwäsche. Bis gestern hatte ich hier keinen Regen, dafür fast durchgehend Sonne und meist zwischen 18 und 23 Grad. Aber für den heutigen Mittwoch wurde schon vor einer Woche Regen angekündigt. Und das hat sich an keinem einzigen Tag geändert.
Tel Aviv hat im Schnitt 300 Sonnentage im Jahr. Aber auch hier muss es ja mal regnen. Vor allem im Winter. Ich kann von Glück sagen, dass nur mein letzter voller Tag hier der einzige Regentag war. Die Stadt will mir, der Schockverliebten, wohl den Abschiedsschmerz mildern.
Der Morgen fängt noch gut, sprich trocken, an. Ab Mittag soll es dann nass werden. Auf mit dem Bus zum Azireli Center, noch schnell ein paar schicke Hochhäuser ablichten! Back to the roots. Das heißt in meinem Fall: Stahl, Glas und Beton.
Einen flüchtigen Besuch hatte ich der Mall im Azrieli Center bereits an Tag 3 abgestattet. Heute will ich unsere Beziehung dann etwas intensivieren. Doch erst einmal würdige ich diverse andere sehenswerte Gebäude in der unmittelbaren Umgebung. Die Architektur und der dramatische Himmel schreien geradezu nach Schwarz-Weiß!





Hinein in die Mall, hinauf in den dritten Stock. Direkt neben der Caféteria lockt mich die geniale Außenterrasse hinaus. Außer mir tummeln sich dort nur eine Handvoll Raucher. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig, die Szenerie zumindest auf der östlichen Seite zu checken und ein paar Mal auf den Auslöser zu drücken.



Und dann legt der Regen früher als angekündigt los. Zunächst jedoch nur ein paar zögerliche Tropfen. Ich verschiebe die westliche Seite auf später und ziehe den Höhenrausch vor. Denn oben in der 49. Etage im runden Turm des Centers wartet das überdachte und rundum verglast geschlossene Observatory Deck auf mich. Ich nehme es vorweg: das sind 22 gut investierte Schekel! Der Aufzug beamt mich nach oben. Und dann liegt mir die Stadt zu Füßen.
Was mich etwas erstaunt: ich bin die einzige Besucherin dort! Um mich herum nur ein noch geschlossenes Restaurant mit Bar und vier, fünf Leute, die dort putzen, aufräumen und Gläser spülen. Was soll ich sagen? Die Rundumsicht ist der Hammer! Und da der Regen gerade erst eingesetzt hat, ist der Fernblick noch nicht getrübt.




Eine ganze Weile später nähere ich mich wieder dem Boden der Tatsachen und sause mit dem Aufzug hinunter auf die Ebene der Aussichtsterrasse.
Jetzt regnet es richtig heftig. Und will nicht aufhören. Aus den angekündigten Schauern will sich wohl eine Dauerdusche entwickeln. Keine Chance, draußen zu fotografieren. Und so sitze ich die Sturzflut drinnen im Café der Mall aus und gönne mir einen Kaffee. Etwa eine halbe Stunde später dann eine Drei-Minuten-Regenpause, die ich nutze. Schnell zur westlichen Terrasse – und schon wieder vorbei … Wieder warte ich drinnen. Dann noch einmal raus zu den begehrten Glaspyramiden, in denen sich die Hochhäuser so schön spiegeln. Heute musste ich wirklich eine Menge Zeit investieren für ein paar Fotos. Doch mit dem Ergebnis bin ich recht zufrieden.



Im strömenden Regen ein paar Meter weiter zur Brücke. Es regnet selten hier, aber wenn, dann richtig! Alle Himmelsschleusen sind geöffnet. Hastig banne ich ein paar Fotos auf den Speicherchip, bevor ich mich auf den Weg zu meinem nächsten Ziel mache.



Next stopp: das Tel Aviv Museum of Art. Wie gut, dass ich in weiser Voraussicht die Außenaufnahmen schon am Tag 3 gemacht habe! Heute wäre das buchstäblich ins Wasser gefallen. Doch für einen Besuch der Ausstellungen ist jetzt der optimale Zeitpunkt.
Und so tauche ich für die nächsten Stunden tief ein in die Welt der modernen Kunst, die hier so reichhaltig und abwechslungsreich in mehreren Gebäudeteilen dargeboten wird. Ihr wollt genauer wissen, welche hochkarätigen Sammlungen hier eine Heimat gefunden haben? Dann schaut hier.
Das Museum wurde 1932 im Wohnhaus des damaligen Bürgermeisters Meir Dizengoff am Rothschild Boulevard auf dessen Initiative hin gegründet. Er selbst begnügte sich zugunsten des Museums fortan mit der kleinen Dachgeschosswohnung im Haus. Am jetzigen Standort befindet sich das Museum erst seit 1971.
Fun fact: Zwischen Hunderten von Kunstwerken verlas Ben Gurion 1948 am damaligen Standort die Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel. Im Vorfeld wurden deshalb eiligst die Aktgemälde verhängt 😎 . Ich bin mir sicher: im Tel Aviv von heute würde daran niemand auch nur einen Gedanken verschwenden.
Die Innenarchitektur insbesondere des 2001 eröffneten Herta and Paul Amir Building steht dem kantigen und schillernden Äußeren übrigens in nichts nach. Der Architekt brachte das Kunststück fertig, auf einem eigenwillig dreieckig geformten Grundstück ein Gebäude mit rechtwinkligen Galerien zu erstellen. Auf geschwungenen Ebenen flanieren die Besucher rund um ein in sich gedrehtes, lichtdurchflutetes und sagenhafte 27 Meter hohes Atrium. Schwer vorstellbar? Dann schaut her:


Besonders gut gefällt mir die Mizne-Blumental Collection. An Werken von Magritte, Picasso, Klimt, Pollock, Nolde und Co. kann ich mich nur schwer satt sehen. Doch auch der „Rest“ ist klasse und abwechslungsreich. Hier und da habe ich auf den Auslöser gedrückt. Hier ein kleiner Eindruck:








Die Eingangshalle des Hauptgebäudes kann sich im übrigen auch sehen lassen!


Und so vergeht der Nachmittag. In sintflutartigem Regen wage ich mich wieder nach draußen. Einen Teil des Rückwegs lege ich mit dem Bus zurück, das letzte Stück zum Hotel laufe ich zu Fuß. Der Rest des Tages ist schnell erzählt: Chillen im Hotel. Abendessen um die Ecke. Feierabend!
Architektur pur !!!!
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Danke!
Davon landet bestimmt was in meinem Beitrag zu deinem Projekt.
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Klasse!
Sehr gut gesehen.
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Danke!
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Die TLV-Wettervorhersagen waren wirklich ein Brüller, da stimmte ja fast nichts.😅
Toller Beitrag mit super s/w Fotos! Wir hatten leider deutlich schlechtere Sicht als wir einige Stunden nach dir auf der Aussichtsplattform waren. Interessant war es aber dennoch, da man nochmal eine andere Perspektive auf die Stadt bekommen hat. Und etwas anderes konnte man bei dem Mistwetter ja auch nicht machen. Wir waren übrigens auch fast allein oben. Das war irgendwie seltsam. Die weiße Brücke hast du also auch noch geschafft abzulichten. Das Gebäude dahinter ist wirklich originell.
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Danke für das Kompliment 😘! Ja, das glaube ich dir gerne, dass die Aussicht später, nachdem es sich ordentlich eingeregnet hatte, eher zu wünschen übrig ließ. Es bleibt in der Tat ein Mysterium, wieso ihr und vorher auch ich diese geniale Sicht auf die Stadt mit niemandem teilen musstet!
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