12. Februar 2020
Zu einem guten Start in den Tag gehört für mich ein ordentliches Frühstück. Mein Hotel bereitet selbst keines zu, hat jedoch drei Partner-Restaurants in der Nähe, bei denen das im Zimmerpreis inkludierte Frühstück genossen werden kann. Was liegt näher, als mit dem Klassiker Shashuka zu beginnen?
Wenig später bin ich bereit, in die Stadt einzutauchen. Ich frage den freundlichen Mitarbeiter des Hotels, ob ich beim Fotografieren in Israel bestimmte Dinge beachten muss über das Übliche (keine Polizei, kein Militär) hinaus. Er reagiert fast beleidigt, schüttelt den Kopf und sagt nachdrücklich: „Dies ist ein freies Land! Du kannst tun, was immer du möchtest.“ Kleine Ausnahme: die Klagemauer inklusive Umgebung in Jerusalem am Schabbat.
Nun aber los! Was mir sofort auffällt: Die Leute, denen ich begegne, sind freundlich und gelassen. Die Stadt hat Kleinstadtflair, auf den Straßen geht es ruhig zu.
In der ARD-Mediathek gibt es übrigens einen fünfminütigen Kurzfilm über Tel Aviv, der das Flair und den Esprit der Stadt sehr gut auf den Punkt bringt.
Ich beginne jedoch mit der schweren Kost. Über kleinere Straßen führt mein erster Weg zum Rabin Square, wo auch das Rathaus steht, ein fetter Klotz im Stile des Brutalismus der 1950er Jahre. Beide sind alles andere als eine Schönheit. Und dennoch wurde und wird hier Geschichte gemacht. Politische Demos konzentrieren sich hier bis heute.
Etwas am Rande der riesigen Betonfläche fällt mein Blick auf das Holocaust- Mahnmal von Igael Tumarkin. Es trägt den Namen „Holocaust und Wiedererwachen“ in Anspielung auf den Tod eines Drittels der jüdischen Weltbevölkerung im Holocaust und die Wiederauferstehung des Volkes mit der Gründung des Staates Israel. Zwei Pyramiden stehen symbolisch für diese beiden existenziellen Ereignisse. Eine trägt die andere. Von oben betrachtet formieren sie sich zu einem Davidsstern. Den Beweis bleibe ich euch mangels Drohne schuldig. Der innere Raum der Pyramide vermittelt das klaustrophobische Gefühl einer beengten Gefängniszelle. Doch schaut man nach oben, so gibt der offene Blick in den Himmel Hoffnung.

Bevor ich rechts am Rathaus vorbei zum nächsten Denkmal gehe, nehme ich mir die Zeit, die Tier- und Pflanzenwelt zu bewundern, die sich an diesem Ort ihren Raum nimmt.


Und dann stehe ich an der Stelle seitlich neben der City Hall, an der 1995 der damalige Ministerpräsident Jitzchak Rabin ermordet wurde. Ein Monument aus 16 Basaltsteinen erinnert daran. Nicht nur ich halte inne, sondern auch viele andere Passanten. Die Menschen hier gedenken seiner auch noch 25 Jahre nach der Tat.


Ich habe meine Gründe, weswegen ich mich hier auf meinem Blog mit politischen Aussagen und Meinungen eher zurückhalte. Dennoch möchte ich den an den Themen Rabin und Friedensprozess im Nahen Osten näher Interessierten diesen Bericht ans Herz legen. Er ist zu dem Zeitpunkt, an dem ich diesen Bericht verfasse, gerade erst wenige Tage alt und von daher recht aktuell.
Genug der Schwere. In unmittelbarer Nachbarschaft erregen ein paar modernere Bauten meine Aufmerksamkeit. Diejenigen unter euch, die hier schon länger mitlesen, kennen meine Schwäche für Stahl, Glas und Beton. Um genauer hinzusehen, steige ich der benachbarten Shopping Mall kurzerhand aufs Dach, …

… und schlendere dann entlang des Ben Gurion Boulevards in Richtung Meer. Auf dem begrünten Mittelstreifen jagt ein Kaffee-, Saft-und Essens-Pavillon den nächsten. Gefühlt halb Tel Aviv verbringt hier auch mitten am Tag mitten in der Woche seine Zeit. Hier wird das Leben bis zum maximal Möglichen genossen. Dafür ist die Stadt ja auch bekannt. Auch die erste Street Art lässt sich blicken.




Am frühen Morgen habe ich bei überschaubaren 12 Grad noch ein wenig gefroren, doch im Laufe des Vormittags werden es sehr angenehme und sonnige 18 Grad. Und so füllen sich die Cafés entsprechend erst etwas später.
Kurzer Besuch beim Namensgeber des Boulevards. Das frühere Wohnhaus von Ben Gurion, dem Staatsgründer und ersten Premier Israels mit der wilden Einstein-Frisur, steht für alle Interessierten kostenlos offen.



Am Ende des Boulevards trennt mich nur noch der an diesem Morgen etwas verlassen und heruntergekommen wirkende Atarim Square vom Meer. Doch was an Kunst an den Wänden prangt, korrigiert in meiner subjektiven Wahrnehmung diesen Eindruck.



Ein kurzer Blick von oben auf die Umgebung der Marina, …


… und dann gleich weiter auf der Promenade oberhalb gen Norden. Links lockt das Mittelmeer, rechts ein attraktiver Park mit Kunst.


Weit komme ich nicht. Denn ein kurios anzusehendes Gebäude am Wegesrand zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Klar, dass ich da nicht nur schnell aus der Ferne auf den Auslöser drücke, sondern auch neugierig auf die Rückansicht bin.


Mein Mittagessen nehme ich am Beginn des Geländes des alten Hafens in einem netten Restaurant direkt am Strand ein. Pita, Hummus, Tahini und Ei schmecken am Meer in der Sonne sitzend gleich doppelt so gut.

Der Hafen bietet neben den von mir ignorierten Shopping-Malls jede Menge Sonnenschutz, Sitzgelegenheiten, Sozialstudien und Fotomotive. Auch wenn an diesem sonnigen Wintertag mitten in der Woche nicht allzu viel los ist. Erstaunlich finde ich, wie wild hier das Mittelmeer tobt, das ich von anderen Stellen eher als badewannenflach in Erinnerung habe.





Mein allzu bekannter Hang zur Maßlosigkeit treibt mich entlang der Küste bis hoch zum alten Flughafen und zur Reading Power Station. Von dort ergeben sich interessante Ausblicke auf die moderne Architektur der Stadt und den Beginn des Hayarkon Parks, der grünen Lunge der nördlichen Innenstadt.

Dann drehe ich um und nähere mich über das nördliche Ende der Dizengoff Street wieder der Innenstadt.
Doch ein kleiner Abstecher über die Bazel Street mit ihren Cafés, Eisdielen, Boutiquen und ihrem etwas in die Jahre gekommenen Charme muss sein. Im Hamaniya Café genieße ich ein kühles Getränk und bezahle gerne meine Rechnung, bei der die Liebe im Preis schon mit drin ist 😎.

Weiter über die Dizengoff Street gen Süden und kurzer Boxenstopp im Hotel. Wenig später dann zum Sonnenuntergang an den Strand, der bequem in rund acht Minuten zu Fuß zu erreichen ist. Der erste volle Tag in Tel Aviv neigt sich dem Ende zu. Und schon jetzt ist klar: dies ist nur der Anfang einer innigen Freundschaft zwischen dieser Stadt und mir.



schön…aber seltsam ruhig…
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Ja, so war es an diesem Wintertag mitten in der Woche tagsüber. Dazu kommt, dass ich durchaus mit Absicht warte, bis die jeweilige Szenerie leer ist 😎.
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wer hat Dir denn das mit der Klagemauer erzählt? Ist Blödsinn, war selbst am Sabbat an dieser und dort werden mehr als genug Fotos geschossen. Gleiches gilt für Shavuot und Rosh Hashana, ich kann mich an keine Einschränkungen erinnern. Steht eigentlich der Dizengoffbrunnen wieder? Als ich das letzte Mal 2017 in TA war, war er gerade abgebaut, der gesamte Platz wurde umstrukturiert….schade, mag das bunte Ding.
Bin gespannt wie es weiter geht
LG Sandra
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@Klagemauer und Fotos am Schabbat: das habe ich übereinstimmend auf einigen websites gelesen. Dass trotzdem Fotos gemacht werden, ist eine andere Sache. Erwünscht ist es wohl nicht. @ Dizengoffbrunnen: der steht wieder und ist auch in Betrieb. Der ganze Platz strahlt in neuem Glanz. Fotos davon folgen!
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Schöne Bilder wie immer! Gern mehr davon 👍🏼
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Danke! Fortsetzung folgt 😎.
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Ich sehe jetzt erst, dass in „unserer“ Strandbar die Palmen durchs Dach wachsen! Cool!
Dieses lustige Haus, das mich an Hundertwasser erinnerte, war unweit von Hertz. War mir auch gleich aufgefallen.😅
Hast du herausgefunden, was beim Hafen dieser runde Sandplatz war? Sollen da Kinder spielen oder Hunde hin machen?🤣 Gut, dass du die Sonnenuntergangsfotos am Strand gemacht hast. Mir fällt gerade auf, dass ich, abgesehen von denen auf dem Dach, gar keine Sonnenuntergänge fotografiert habe.🙈
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@Strandbar: ja, witzig! @kurioses Haus: wir haben halt beide den Blick dafür. @Runder Sandplatz: keine Ahnung. Ich tippe aber mal eher nicht auf die Hunde 😅. @vergessene Sonnenuntergänge: wie konnte das nur passieren!?! Na ja, dann erfreuste dich halt an meinen 😎.
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Guten Morgen, Elke,
mir gefällt besonders das Foto in voller Blüte. Ich weiss, du könntest es in jeder Stadt aufgenommen haben…
Ist dir in Tel Aviv aufgefallen, dass es viele Bauhaus Häuser gibt? Ich habe darüber mal einen Bericht im Fernsehen gesehen.
Liebe Grüße von Susanne
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Tel Aviv ist ja dafür bekannt, dass es dort besonders viele Häuser in Bauhaus-Architektur gibt. Das wusste ich schon im Vorfeld. Man fällt quasi drüber. Wer sie nicht sieht, muss blind oder ahnungslos sein 😅! Fotos und Bericht dazu folgen noch.
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Mit dem Pingback muss ich mich auch mal befassen!
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