8. – 9. Mai 2022

Heute geht’s im proppenvollen Bus zum Kulturzentrum der Stavros-Niarchos-Stiftung. Dort genehmige ich mir erst einmal einen Latte Macchiato, während Stefan schon das Gelände sondiert.

Frisch gedopt bin nun auch ich bereit, mich ins kulturelle Leben zu stürzen und eines der Meisterwerke von Renzo Piano zu bewundern. Direkt hinter dem Café werde ich von einem mir bereits bekannten wilden Tier begrüßt, das mir schon in Bilbao entgegen krabbelte. Es ist die „Mamam“ von Louise Bourgeois, die sich hier selbst im Spiegel bewundert.

Achtbeinig
Spinnenspiegel

Stefan ist derweil schon voll in seinem fotografischen Element. Auch für euch sollte es mittlerweile kein Geheimnis mehr sein, dass er noch mehr als ich die moderne Architektur jeder noch so schnuckeligen Altstadt vorzieht. Und so verbringen wir rund zwei Stunden hier und steigen dem Kulturzentrum auch aufs Dach.

In der Schwebe
Voller Einsatz
Vorhang auf!
Die neue Leichtigkeit

Oben angelangt, werden wir mit einem tollen Ausblick auf die Umgebung belohnt. Und die Architektur des Hauses bietet so ganz nebenbei von hier aus auch neue Ansichten.

Augenblicke
Das doppelte Lottchen
Kleinkariert
Spitze!

Wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet, nutzen wir die Gunst der Stunde, um das musikalisch untermalte Wasserschauspiel zu genießen. Hört und schaut doch mal rein!

Auf dem Weg zur benachbarten Marina laufen wir vorbei an einem formschönen Fußballstadion, das auf den klangvollen Namen Palaio Faliro Municipal Stadium hört.

Im Bullauge

An der Marina angelangt, stellen wir fest, dass wir uns hier im Vorfeld doch etwas zu viel versprochen haben. Sie ist auf den ersten Blick hübsch, bietet aber keine besondere Aufenthaltsqualität. Dennoch genießen wir es, wieder auf ein Meer und Boote blicken zu können.

Gemästet

Auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel nehmen wir zunächst die Tram. Der Weg dorthin mag per Luftlinie kurz aussehen, ist jedoch mühsam und mit einem längeren Umweg verbunden. Denn die Haltestelle liegt jenseits der vielspurigen Straße, über die von der Marina aus kein Fußweg führt. Es zeigt sich hier wie auch an vielen anderen Stellen: die Stadt ist für Autofahrer gebaut und nicht für Fußgänger.

Nach dem Umstieg in die U-Bahn …

… erreichen wir den Fährhafen von Piräus. Piräus wird zwar gerne in einem Atemzug mit Athen genannt, ist jedoch eine eigenständige Stadt, und zwar die viertgrößte des Landes. Nur Thessaloniki und Patras schieben sich im Größenranking vorbei auf die Plätze zwei und drei.

Überwiegend liegt Piräus auf einer Halbinsel und wird von mehreren Häfen umrahmt. Fähren und Kreuzfahrtschiffe verkehren von hier aus in alle möglichen Richtungen. Und auch der Frachtverkehr wird hier abgewickelt. Hafenromantik, der Geruch der großen, weiten Welt oder eine Atmosphäre à la Alexis Sorbas sind hier allerdings weniger zu finden.

Ich habe nach allem, was ich im Reiseführer gelesen habe, auch nicht allzu viel erwartet. Doch auch das wird unterschritten. Die unmittelbare und auch weitere Umgebung des direkt am Hafen gelegenen U-Bahnhofs ist ein Unort, den man am besten so schnell wie möglich verlassen sollte. Die Ecke ist heruntergekommen, es ist überwiegend schräges Volk unterwegs, in den Läden gibt es billigen Kram, die Restaurants bieten 08/15 Fast Food. Aber auch Kurioses ist dort auf der Straße zu finden!

Aus gutem Grund!

Wir schauen uns aber natürlich begeistert ein paar dicke Pötte im Wasser an. Insgesamt jedoch wirkt der ganze Hafenbereich mit den Fähren mehr oder weniger ausgestorben. Man kann sich kaum vorstellen, dass von hier 3/4 aller 100 griechischen Insel angefahren werden. Aber vielleicht sind wir an diesem frühen Sonntagnachmittag nur zur falschen Zeit am falschen Ort.

Dicke Pötte
Kahn und Kirche
Roter Flitzer

Und an dieser Stelle beginne ich mit einem Fotoprojekt, das mir schon länger im Kopf herumspukt. Ihr habt vielleicht schon einmal von Janus gehört. Es ist der Name eines Gottes aus der römischen Mythologie, dem die „Themengebiete“ Türen, Tore und Anfänge zugeordnet werden. So wird ein klassischer Januskopf mit zwei in entgegengesetzter Richtung schauenden Gesichtern als Symbol für Zwiespältiges und Widersprüchliches dargestellt.

Fotografisch kann man das besonders gut in kontrastreichen Umgebungen umsetzen. Man wählt ein schönes bzw. klassisches Motiv aus, fotografiert es, dreht sich dann um 180 Grad und fotografiert, was sich hinter dem eigenen Rücken abspielt und zeigt. Quasi ein Blick hinter die Kulissen.

Und hier ist mein erster Versuch, dem bei jeder künftigen Reise weitere folgen werden. Um Fotos zu diesem Projekt optisch etwas von den übrigen Fotos abzusetzen, wende ich bei ihnen jeweils einen eigenen speziellen farblichen Look an.

Nun laufen wir weiter durch die Tristesse von Piräus bis zur nächsten Bucht Zéa Marina. Auch dort ist viel Verkehr und nicht ganz so viel Idylle, auch wenn das folgende Foto womöglich einen anderen Eindruck bei euch hinterlässt. Vielleicht hätte ich auch hier einen auf Janus machen sollen 😎.

Mit festem Schritt

Hier wollen wir uns jedenfalls nicht für ein Mahl niederlassen. Und bis Microlimano ist es uns nach den bereits zahlreichen zurückgelegten Kilometern mit ordentlich Gepäck – Stefan hat das volle Fotoequipment inklusive Stativ dabei – zu weit. Also flott zur nächsten U-Bahn und zurück in die Stadt, wo uns schon Futter und Feierabend sehnsüchtig erwarten.

Süffig!

Auf unserer Terrasse lassen wir den Tag gedanklich Revue passieren. Das Gelände des Kulturzentrums hat uns sehr beeindruckt. Und auch wenn Piräus insgesamt eher ein Reinfall war, bereuen wir keinesfalls, dass wir es uns angeschaut haben. Es gehört zur Stadt einfach dazu. Wenn man reist und nicht bloß Urlaub macht, konfrontiert man sich nicht nur mit den schönen Facetten, sondern auch den Schattenseiten eines Ortes. Dafür muss man auch mal einen Blick hinter die Fassaden riskieren.

Mit dem nächsten Morgen bricht ein neuer und gleichzeitig letzter Tag für uns in Athen an. Da EasyJet den Nachmittagsflug gestrichen und uns auf den Abendflug umgebucht hat, können wir uns hier heute noch einmal richtig Zeit lassen.

Das letzte Frühstück wird in meinem „Stamm“-Café Fontana eingenommen. Die herzliche Bedienung erkennt mich wieder, weiß, dass ich schon zum dritten Mal hier aufkreuze und erinnert sich sogar noch daran, dass ich Cappuccino mit Single Shot mag. Ich bin beeindruckt! So fängt der Tag doch gut an, auch wegen des Futters und der Aussicht.

Bunter Bagel

Danach tauche ich alleine noch einmal kurz ins Marktgewühl ein und decke mich mit diversen Gewürzen ein. Auf dem Rückweg zur Wohnung gerate ich mitten in einen Schichtwechsel vor der Kathedrale hinein, dessen Sinn und Zweck sich mir nicht so ganz erschließt. Das Outfit der Protagonisten sieht nach Marine aus, es gibt Musik und viel Trara, aber ohne die berühmte Bommel-Schlurf-Show, die man mehrmals täglich vor dem Parlament bewundern kann.

Wieder zurück in der Wohnung packen wir flott unsere Siebensachen zusammen und deponieren das Gepäck in einem der Schließfächer im Flur des Apartmenthauses. Mit leichtem Gepäck schwingen wir uns auf in die Straßenbahn mit der Nummer 6, die uns binnen 30 Minuten zum Strand bringt. Dort reiht sich eine Bucht an die andere. Doch um nachher nicht in zeitliche Bedrängnis zu geraten, nehmen wir gleich die erste: Edem.

Dort ist an diesem Montag gegen Mittag nur mäßig was los. In der Mehrzahl scheinen es Einheimische zu sein, die den Strand bevölkern. Es geht gemächlich zu. Die Sonne entwickelt bei eigentlich moderaten 24 Grad schon eine enorme Kraft. Wir laufen am Strand auf und ab und lassen uns dann im Halbschatten eines Baumes nieder. Hier genießen wir eine ausgedehnte Chill-Runde nach den schönen, aber auch anstrengenden Tagen im quirligen und lauten Athen. Wir schauen aufs Meer, genießen die Weite des Horizonts und das Nichtstun.

Großstadt am Meer
Wilde Wogen
Strandbar
Die Entspannten

Am frühen Nachmittag treibt es uns zurück in die Stadt. Im vegetarischen Restaurant ‚Avocado‘, überschaubare fünf Minuten vom Apartment entfernt, wird uns zum vorerst letzten Mal hier in Athen ein sehr leckeres Mittagessen serviert. Wir können das Restaurant absolut empfehlen!

Henkersmahlzeit

Vor der Tür werfen wir einen letzten bewundernden Blick auf eines der zahlreichen Street Art-Kunstwerke.

Schüsseldienst

Und dann wird es Zeit, Abschied zu nehmen. Wir befreien unser Gepäck aus dem Schließfach und nehmen die U-Bahn zum Flughafen. Dort gehen sowohl der Check In als auch die Sicherheitskontrolle in Lichtgeschwindigkeit vonstatten. Mit etwas Verspätung – es ist kein Bus da, der uns zum Flieger auf der Außenposition bringt – geht es gegen 19 Uhr los.

Drei Stunden später hat Berlin uns wieder. Wir drehen die Uhren um eine Stunde zurück und fahren zufrieden nach Hause. Sehr schön war’s! Ich bin sicher, wir sehen uns wieder, Athen. Vielleicht schneller, als es dir lieb ist 😁.

19 Gedanken zu “Athen – Akropolis adieu

  1. danke für die schönen Beiträge aus Athen ! Ich war ja noch nie dort aber wer weiß ! Santorini und nun Athen, vielleicht entwickelst du dich ja auch zum Griechenlandfan !
    Das Gebäude „In der Schwebe“ hat mich sofort an das Regierungsviertel in Berlin erinnert. Da steht fast das gleiche bzw. hat eine sehr große Ähnlichkeit. Ich weiß jetzt leider nicht welches Amt dort untergebracht ist. Wo ich meinen Berlintrip gemacht habe stand ich davor !
    Das mit dem „Janus“ muss ich auch mal probieren. gute Idee
    OK die Kracke ist nun nicht so meins, dafür habe ich wenig Verständniss für solche Kunst. Ein super Foto ist auch „Schüsseldienst“. Da steckt für mich mehr kunst dahinter wie in einem achtbeinigen Vieh !
    Aber alles Geschmacksache ! Jeder soll das anschauen was ihn interessiert und begeistert.
    Also nochmals Danke für diesen Städtetrip !

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    1. Mensch Manni, das ist eine Spinne und keine Krake! 😀🤣
      Da sie so groß und publikumswirksam ist, wird sie als Solo Objekt aus dem Kontext herausgerissen. Ein Spiegelbild allein macht noch keine Kunst aus. Aber du hast recht, die Spinne muss nicht deins sein. Jeder hat so seine Vorlieben.
      Einen schönen Sonntag von Susanne

      Gefällt 2 Personen

    2. Immer gerne, Manni! Für Griechenland könnte ich mich tatsächlich schon ein paar weitere Male begeistern. Ja, mit der Kunst ist da so eine Sache. Man muss nicht alles mögen. Letztendlich ist es ja gut, dass die Geschmäcker so verschieden sind. Ich mag auch das Krabbeltier, zumindest in dieser Variante. In echt hätte ich mich voller Ekel abgewandt😁!

      Ja, probiere das mit dem Janusblick doch auch mal aus. Bin schon gespannt, wie du das umsetzen wirst!

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  2. Auf das Janusprojekt bin ich schon sehr neugierig. Es ist eine spannende Idee, die du unbedingt weiter verfolgen darfst, wenn du magst 🙂 Und sonst, die hässlichen Seiten eines Ortes sind nicht unbedingt die uninteressantesten, aber auch ich ziehe ein wenig Sicherheit im Urlaub vor…

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  3. „Schuss und Gegenschuss“ meinte Micha zu deinem Janus Projekt. Hat er in der Schule gelernt. Vor 35 Jahren im Kunst Seminar zum Film 🎥 .
    Ich finde die Idee 💡 klasse. Darf ich auch?
    Liebe Grüße von Susanne

    Gefällt 1 Person

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