2. Oktober 2021

Wo bin ich hier eigentlich? Es ist an der Zeit, euch ein paar Takte zu dem kleinen Städtchen zu erzählen, das in den nächsten Tagen meine temporäre Heimat sein wird.

Arles, eine Stadt mit überschaubaren 53.000 Einwohnern, liegt am Ufer der Rhône im Süden Frankreichs, genauer gesagt in der Provence. Sie diente im 19. Jahrhundert als Quelle der Inspiration für die Gemälde von Vincent van Gogh. Hier schuf er einige seiner bekanntesten Werke. Seine Spuren wiederum ziehen sich bis heute durch die Stadt. Doch dazu an anderer Stelle mehr.

Arles war einst Provinzhauptstadt des Römischen Reiches. Die zahlreichen architektonischen Überbleibsel aus dieser Zeit vermitteln den Eindruck eines weitgehend erhaltenen historischen Stadtkerns. Gleich sieben Welterbestätten hat das Städtchen zu bieten. Die Moderne kommt aber auch nicht zu kurz, ebensowenig wie Kunst und Kultur.

Wer genug von der Stadt hat, findet schnell Alternativen. Praktisch direkt vor der Haustür breitet sich das berühmte Naturschutzgebiet der Camargue aus. Und zur Mittelmeerküste ist es auch nicht weit. Bis zum nächstgelegenen Küstenort Saintes-Maries-de-la-Mer müsst ihr gerade einmal 40 Kilometer zurücklegen.

Arles mag klein sein. Und ist doch so vielseitig! Bei der Vorbereitung zu meiner Reise wurde mir zunehmend klar, dass man dem Städtchen nicht wirklich gerecht wird, wenn man es nur im Rahmen eines Tagesausflugs besucht. Deshalb habe ich mich entschieden, länger und tiefer einzutauchen in die Leichtigkeit des Seins im meist warmen Licht dieses Juwels in der Provence.

Wer hier schon länger mitliest und/oder mich persönlich kennt, weiß, dass ich nicht zu den Reisenden gehöre, die schnell eine Sehenswürdigkeit nach der anderen abhaken und dann weiterziehen. Ich liebe es vielmehr, die Atmosphäre eines Ortes zu erspüren, in sie einzutauchen und einen Eindruck vom dortigen Leben zu bekommen. Und dazu bietet sich gleich heute eine erste Gelegenheit. Denn Samstag ist Markttag!

Doch bevor ich mich ins Getümmel werfe, muss erst mal ein vernünftiges Frühstück her. Mir ist danach, bedient zu werden. Und so laufe ich ins schräg gegenüber meiner Wohnung liegende Hotel Le Calendal. Ursprünglich hatte ich dort ein Zimmer gebucht, es dann aber zugunsten des Apartments wieder storniert. Man kann dort im lauschigen Garten aber auch als externer Gast beim Buffet zuschlagen 😎.

Gut abgefüllt laufe ich ein kleines Stück durch die Altstadt und bewundere ein paar Details an den zahlreichen sehenswerte Gebäuden. Unübersehbar hat auch das jährlich im Sommer stattfindende Fotofestival ‚Les rencontres d’Arles‘ seine Spuren überall im Stadtbild hinterlassen. Eines ist klar: da will ich eines Tages auch mal hin 😎.

Formschön
Fotospuren

Und nun hinein ins Marktgeschehen! Der Straßenmarkt zieht sich über rund zweieinhalb Kilometer entlang der Durchgangsstraße und bietet weit mehr als nur Kulinarisches. Von Klamotten über Haushaltwaren, Kleinmöbel, Krimskrams bis hin zu Kunsthandwerk ist hier alles vertreten. Das Soziokulturelle gibt es gratis dazu. Eine Steilvorlage für mich! Und so komme ich aus dem Staunen und Beobachten eine ganze Weile nicht hinaus. Ein Blick in die zweite Reihe lohnt ebenfalls. Ich stehe ja auf die scheinbaren Nebensächlichkeiten. Bereit, mit einzutauchen? Dann los!

Waschtag
Klönen und kaufen
Brot für die Welt

Was im Busch

Friseur auf Rädern

Ach, herrlich war’s! Anschließend bringe ich kurz meine Ausbeute nach Hause. Und bei der Gelegenheit zeige ich euch gleich noch, wie mein Häuschen von außen aussieht. Die Wohnung nimmt den schmalen Teil auf der linken Seite des Hauses ein, direkt über dem kleinen Bistro gelegen. Sie zieht sich, wie ich euch schon im gestrigen Bericht anhand des Videos vermittelt habe, über zwei Stockwerke hin.

Früchte des Erfolgs
My home is my castle

Gleich ziehe ich weiter und lasse für euch ein paar weitere Eindrücke von Arles da, die auf dem Weg zu meinem nächsten Ziel liegen.

Bausch und Bogen
Schönes Hobby
Farbkonzept
In der Gasse

Etwas außerhalb des Zentrums, aber ebenfalls auf meinem Weg, liegen die Alyscamps, eine antike Grabstätte, die von einer platanenbestandenen Allee gesäumt wird. Wie im Spalier reihen sich die Sarkophage aneinander. Am Ende der Allee angelangt, stehe ich vor einer nie vollendeten, aber dennoch sehenswerten Kirche. Die gesamte Anlage ist wirklich sehenswert! Und ich genieße auch den Umstand, dass ich sie an diesem frühen Samstagnachmittag fast für mich alleine habe. Die Zahl der weiteren Besucher bewegt sich im einstelligen Bereich.

Und dann nähere ich mich dem Grund, der Arles überhaupt erst auf meine Reiseagenda gebracht hat. Nur wenige Monate vor meiner Anreise wurde hier das LUMA, ein internationales Kunstzentrum, eröffnet. Auf dem alten Industriegelände hat die ambitionierte Milliardärin und Kunstsammlerin Maja Hoffmann, eine Miterbin des Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche, ihre Träume verwirklicht. Der Name setzt sich ganz banal aus den Anfangsbuchstaben ihrer beiden Kinder Lukas und Marina zusammen.

Symbol, Mittelpunkt und Blickfang des Geländes ist der LUMA-Turm, der 56 Meter in die Höhe ragt und schon von Weitem zu sehen ist. Kein Geringerer als Frank Gehry zeichnet hierfür verantwortlich. Er hat an der Fassade eine Menge Edelstahl anbringen lassen, in der sich das Licht der Provence auf wunderbare Weise spiegelt. Die Form des Turms soll eine Symbiose aus einer Hommage an den benachbarten Gebirgszug Alpilles und die kühnen Pinselstriche Van Goghs darstellen. Was soll ich sagen? Ich finde es genial!

Verschachtelt
Edler Kasten

Mein Nachmittag vergeht weitgehend im weitläufigen Areal des LUMA, das ich heute jedoch nur von außen genieße. Abgesehen von dem spektakulären Turm besteht die großzügige, parkähnliche Gartenanlage aus mehreren Ausstellungshallen, einer Künstlerresidenz, einem Park, einem Café und Restaurant. Schaut euch einfach mal ein wenig mit mir um.

Ein schöner Rücken …
Darm mit Charme 😁

Wasserturm

Nach einem kleinen, späten Mittagessen im Areal des LUMA schlendere ich zurück ins Städtchen. Wenn man nichts Großartiges tun und trotzdem was erleben will, muss man sich in Arles an einem Samstagnachmittag nur auf die Place de la République setzen. Das mache ich dann auch.

Dort tobt das Leben! Und heute gibt es als Zusatzprogramm noch eine muslimische Hochzeit, die nicht nur mich in ihren Bann zieht. Die Musiker und die Gäste erregen auf eine schöne Art und Weise die Aufmerksamkeit der zahlreichen Beobachter. Was mich – immer wieder – besonders fasziniert, sind die scheinbaren Kontraste bei der Kleiderwahl mancher Damen. Das Haar ist (meist) vollständig vom Kopftuch verdeckt, nicht der Hauch eines Dekolleté-Ansatzes ist zu sehen. Und dazu dann hautenge Röcke und High Heels. Hat was!

Aufgespielt
Was gibt’s denn da …
… zu sehen?

Es dämmert. Nicht nur mir. Genug erlebt für heute und ab nach Hause! Mein Abendessen bereite ich mir in der Wohnung zu. Ich will ja gestern nicht umsonst eingekauft haben. Als Nachtisch gönne ich mir danach die Lektüre meines Reiseführers und einem spannenden Krimi von Arne Dahl. Eine gute Wahl! Und so kalorienarm 😎. Bis morgen!

17 Gedanken zu “Arles – Das pralle Leben

  1. Liebe Elke,
    danke für dieses bunte Treiben das mir gerade den heutigen trübsinnigen Tag ein klein wenig verschönert hat.
    ich war 2004 in Arles zum Stiere laufen an Ostern. Da konnte ich die Umgebung überhaupt nicht so wahrnehmen.
    Einen schönen Tag von Susanne

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    1. Da kam mein Bericht ja genau zur richtigen Zeit. Freut mich! Jeglichem Spektakel mit den Stieren stehe ich ja ehrlich gesagt ablehnend gegenüber. Ich hoffe, dass diese unselige Tradition der Tierquälerei bald überall abgeschafft wird.

      Ja, Arles hat eine Menge zu bieten. Vielleicht schaffst du es ja eines Tages mit etwas mehr Zeit mal wieder dorthin. Es würde dir bestimmt sehr gefallen.

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      1. Ich finde das mit den Stieren auch nicht klasse. Wir sind zufällig darein geraten. Wir wollten einfach Arles besuchen und dann liefen wie in Pamplona die Stiere durch die Straßen.
        Mein Sohn hält seinem Vater und mir heute noch vor, dass wir mit ihm zu dieser Zeit dort waren. 😉

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  2. Geniale Schnappschüsse und Untertitel. So schön kann (könnte) die Welt sein….. wenn man Menschen einfach so leben lässt wie sie sind. Aufmunternd an Tagen wie diesen. Danke!

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