24. Juni 2021
Ich nehme es vorweg: heute an meinen letzten vollen Tag hier spendiert mir San Sebastián eine trockene und später auch sonnige Zeit ohne einen einzigen Regenguss. Fast hätte ich ihn vermisst! Eigentlich wollte ich nur vormittags zweimal hoch hinaus und dann den Nachmittag am Strand verbringen. Doch es kommt wie so häufig anders als geplant.
Bisher bin ich um den Monte Urgull nur herumgeschlichen. Heute will ich hinauf laufen. Viele verschlungene Pfade führen nach oben. Der Weg zu Jesus, der oben auf dem Gipfel thront, erinnert ein wenig an ein Labyrinth. Aber man kann sich praktisch nicht verlaufen. Denn alle Wege führen – mit kleinen Umwegen hier und da – nach oben. Was sie eint, ist die tolle Aussicht auf die Stadt. Dafür lohnt es auch, sich über die Brüstung zu wagen oder auf eine andere Art und Weise seinen Standort zu verbessern.


Es gibt auch einen direkten, steilen Weg hoch. Doch ich bin, nein, nicht zu konditionsschwach, sondern nur darauf bedacht, nichts zu verpassen. Das hätte ich auch, wäre ich nicht den ausschweifenden Schleifen gefolgt. Zum Beispiel Kanonen, einen Friedhof, Ruinen und die kleine Bar Polvorin mit der besten Lage der Stadt. Zwar ist sie noch geschlossen – der frühe Vogel fängt vielleicht den Wurm, sitzt aber auf dem Trockenen. Doch das Setting und die Aussicht kann ich dennoch genießen.


Ich laufe weiter zum Castillo de la Mota, gestatte der Jesusfigur, gütig auf mich herabzuschauen, und steige dann auf dem direkten, steilen Weg hinab in die Stadt.


Auf diesem für mich neuen Weg entdecke ich, unten angekommen, noch ein paar Fotomotive, die meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ich mag sie ja, die kleinen, scheinbar unscheinbaren Dinge am Wegesrand.



Ich lasse mich am Hafen und der Promenade oberhalb der La Concha-Bucht entlang treiben und erfreue mich an den Aussichten und dem Leben um mich herum.





Dass einer der Jakobswege direkt durch San Sebastián verläuft, wird mir vor Augen geführt, als der erste von mir bewusst wahrgenommene Pilger auftaucht.

Als ich auf seiner Höhe bin, grüße ich ihn und wünsche ihm ‚Buen Camino‘. Er freut sich sehr und fängt gleich ein Gespräch an. Und so habe ich entlang der Concha sehr nette Begleitung und Unterhaltung. Erst führen wir sie auf spanisch. Doch als ich dabei an meine Grenzen stoße – das geht recht schnell 🙈 – wechseln wir ins Englische.
Juan kommt von Fuerteventura, startete den Weg im französischen Bayonne, läuft jeden Tag 30 Kilometer und will es natürlich bis Santiago de Compostela schaffen. Zu seinem Leidwesen sind zur Zeit fast alle Pilgerherbergen geschlossen. Und so sucht er sich zum Übernachten immer ein Outdoor-Bett mit „Überdachung“ in Form von Höhlen oder Felsvorsprüngen. Ihr erinnert euch, der allgegenwärtige Regen hier in diesen Breiten 😅… Doch ihm gefällt es. Auch wenn er – zumindest bis morgen – die ganze Zeit mit Maske seiner Wege ziehen muss.
Hinter dem in den Farben des Meeres bemalten Miram-Art-Tunnel …

… verabschieden wir uns. Ich biege nach links ab und bewege mich von der Küste weg in Richtung des ältesten Viertels von San Sebastián, dem Antiguo. Hier haben sich diverse Fakultäten der Uni und auch einige Forschungsinstitute niedergelassen. Entsprechend ist hier auch das Publikum. Mich hingegen zieht ein ganz spezielles Gebäude hierher. Ich lasse mir doch keine preisgekrönte moderne Architektur durch die Lappen gehen! Es nennt sich Musikene und gibt der Hochschule für Musik ein Zuhause. Sein Äußeres soll an ein überdimensioniertes Klavier erinnern. Das mag aus meinem Foto nicht so richtig hervorgehen, doch eine Luftaufnahme kann ich euch nicht bieten. Ihr findet sie aber hier.

Von dort aus laufe ich weiter zum Funicular Monte Igueldo. Ich buche nur ein One way Ticket, denn hinunter komme ich auch ohne technische Hilfe. Doch der kürzeste direkte Weg nach oben ist wirklich sehr steil und fühlt sich beim Fahren fast senkrecht an.


Oben auf dem Berg befindet sich ein charmanter, uralter Vergnügungspark. Momentan ist er geschlossen. Doch man kann erahnen, dass er was Besonderes ist.

Der eigentliche Grund jedoch, weswegen ich mich auf den Weg hierhin gemacht habe, ist die geniale Sicht auf die Bucht von der Aussichtsterrasse aus. Mittlerweile hat sich auch die Sonne endgültig durchgesetzt und gönnt mir die besten aller Blicke auf San Sebastián und seine wunderschöne Umgebung.




Den Weg hinunter hatte ich mir etwas anders vorgestellt. Statt eines Fußweges entlang des Funiculars und der schönen, alten Villen gibt es offenbar nur die Autostraße, die in einem sehr weiten Bogen ins Landesinnere führt und dann erst wieder zurück zur Station des Funiculars unten in der Stadt. Und so beschert mir die Streckenführung einen rund drei Kilometer langen unfreiwilligen Umweg, der am Ende des Tages zu einem neuen Streckenrekord führen wird 😅.

Zurück zur Concha, ein Pintxo-Stopp irgendwo in der Stadt, und am späteren Nachmittag zurück ins Hotel. Ich brauche eine Pause!
„Zuhause“ angekommen, entere ich gleich den nächsten Liegestuhl auf der genialen Dachterrasse und chille dem frühen Abend entgegen, den ich dann mit einem leckeren Aperol Spritz auf meinem kleinen, privaten Balkon einleite.


Gegen 21:30 Uhr raffe ich mich zu einer Runde durchs Städtchen auf. Es wird spät dunkel, denn wir haben gerade Mittsommer. Gefühlt die ganze Stadt ist draußen am Concha-Strand und genießt die wunderbare, heitere und unbeschwerte Atmosphäre. Auch ich lasse mich nieder, genieße das tolle Licht und verweile, bis sich die Sonne zwischen 22:00 und 22:30 Uhr endlich anschickt, stilvoll im Meer zu versinken.


Später schlendere ich noch ein wenig durch die Gassen der Altstadt. Ach, ist das schön, wieder so viel Leben auf den Straßen und vor den Lokalen zu sehen und zu erleben. Es ist was los, aber es ist nicht überfüllt. Was! Habe! Ich! Das! Vermisst!

Auf dem Rückweg zum Hotel schenkt mir die Stadt noch mal richtig ein. Willst es mir wohl so schwer wie möglich machen, San Sebastián, wa?



Im Hotel lege ich glücklich und zufrieden meine Füße hoch. Was für ein Tag und was für ein schöner Abschluss meiner Reise 😎!
Respekt! 31.000 Schritte sind allerhand. Da musst du aufpassen, dass die Stadt dich nicht zu einer Straßenabnutzungsgebühr veranlagt…
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Da muss ich wohl in der Tat aufpassen. Sonst bin ich auf direktem Wege in die Armutsfalle!
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Das ist aber echt mal ein witzig gestylter Waggon. Ich stell mir vor, wie der geplant wurde – wenn da der Winkel der Schienen nur um 5° falsch berechnet worden wäre, dann würde die Bahn krumm und schief am Bahnsteig stehen..😉
Und alle Achtung vor deiner Laufleistung! 23 Kilometer? Da bin ich noch lange nicht. 12 – 13 Kilometer stemm ich ohne Probleme – aber dann tuen mir die Quanten schon ziemlich weh. Aber wir steigern kontinuirlich – im Frühjahr wollen wir einen Tagesausflug in den Westerwald machen. Bis dahin muss ich 30 Kilometer am Stück schaffen..
Bleib gesund!
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Ja, der Waggon ist für sich genommen schon ein kleines Kunstwerk 😃. Die 23 Kilometer waren zwar schon eine ganz schöne Strecke. Aber das verteilt sich ja über den ganzen Tag. Und mit mehreren Pausen dazwischen ist das dann ganz gut zu schaffen. Ich bin mir sicher, dass du dein Ziel, 30 km zu laufen, mit etwas Training schaffen kannst.
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Hi Elke,
ja, wie der Zufall will habe ich gestern 19,09 Kilometer runtergelatscht – auch nicht an einem Stück, sondern in 2 Etappen (Vormittags und Nachmittags) – aber wir kommen der Sache näher..😉
Allerdings merk ich heute meine Knie..😂
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Das wird schon noch. Gute Rekonvaleszenz 😁!
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Bei Deinen tollen Reiseberichten über San Sebastian bekommt man Lust hinzufahren. Ich war bislang nur einmal dort, 1975, und da mehr oder weniger auf der Durchreise.
Viele Grüß, Horst
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Danke! Das freut mich, Horst. Dann mach dich bei Gelegenheit doch mal wieder auf den Weg dorthin. 1975 ist ja wirklich schon Lichtjahre her!
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Ein Beitrag mit super tollen Motiven ! Der Blick von der Aussichtsterrasse hätte es mir auch angetan. Super schön aber deine Abend und Nachtfotos. Die sind wirklich sehr gut geworden.
Mein Hit diesmal der Sonnenuntergang ( Moment muss nach dem Untertitel schauen ) klar einfach der „Untergang“ . Mega !!!!!!
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Danke, Manni! Freut mich sehr. Ja, die Aussichtsterrasse würde wohl kaum jemand verschmähen. Zumindest nicht bei der tollen Sicht, die ich an dem Tag hatte.
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