Ich laufe ohne Kopfhörer in der Öffentlichkeit herum. Damit gehöre ich fast zu einer vom Aussterben bedrohten Art. Auch was die Vorliebe für Small Talk betrifft, so bin ich gefühlt in der Minderheit. Zumindest in meinem Heimatland. Doch das ändert sich, …

… sobald ich meine Füße ins Ausland setze. Klar, es kommt auch da auf das Land bzw. die Region an. Nord- und Osteuropa eignen sich für den kleinen Schwatz zwischendurch tendenziell ebenso wenig wie meine deutsche Heimat. Das ist einer von mehreren Gründen, weswegen ich mich als Gast in diesen Gefilden nicht recht wohl fühle. Ausnahmen bestätigen die Regel.

In süd(west)lichen Gefilden Europas und in angelsächsischen Ländern hingegen renne ich mit meiner Offenheit zum Small Talk in der Regel offene Türen ein. Für mich gehört das beim Reisen einfach dazu. Es bereichert mich ungemein, zu hören, wie (anders) andere das Leben anpacken. Das offenbart sich auch in scheinbar unbedeutenden Bemerkungen und Gesten. Und auch darin, wie die Menschen mir begegnen.

Haste was gesagt?“ „Nee, war gestern.“ Kann ich je nach Situation im ironisch-witzigen Kontext durchaus lustig finden. Grundsätzlich aber bin ich keine Freundin des Wortkargen, das in Deutschland, und hier speziell in den nördlicher gelegenen Regionen häufiger anzutreffen ist. Als Saarländerin bin ich kulturell doch eher „französisch“ geprägt. Und deshalb fühle ich mich dort, in Spanien, dem südlichen Frankreich, England, in den USA, Kanada und anderen auf ähnliche Art kommunizierenden Mitkonkurrenten der Australier bei der Medaillenvergabe um die Meisterschaft im Small Talk wesentlich wohler.

An alle anderen geht meine wohlgemeinte Anregung: Lasst euch einfach mal spontan darauf ein! Vielleicht macht es sogar Spaß 😎.

Im Ernst: es geht ja nicht darum, ständig mit jedem dauerzuquasseln oder jedes Thema im Detail zu Tode zu reden. Ein kleiner Plausch zwischendurch, ob mit Fremden oder nicht ganz so Fremden, ist einfach – der aus dem folgenden Artikel geborgte Ausdruck passt perfekt – ein sozialer Türöffner. Und er bringt oft auch mehr Leichtigkeit ins Leben und ins soziale Miteinander. Zuhause und auf Reisen.

Doch nun genug gesmalltalkt. Denn meine zwei Cent zum Thema sollten nur das Intro für den eigentlichen Content dieses Beitrags sein. Lest unbedingt diesen humorvoll aufgezogenen Artikel, der das Thema charmant auf die Schippe nimmt. Die Protagonisten könnten unterschiedlicher kaum sein: Australia meets Germany! Und am Ende, ich nehme es vorweg, wird dann doch alles gut. Wenn beide Seiten sich bewegen und in der kommunikativen Mitte treffen – zum sozialen Handschlag.

14 Gedanken zu “The social handshake

  1. Ich bin Fremden gegenüber eher skeptisch. Du hast aber vermutlich schon Recht, man sollte sich auf Kontakte einlassen und ich denke ich anderen Länder gilt es eher als arrogant und beleidigend wenn man
    Gespräche sogar ignoriert.

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  2. Klasse Impuls-Post👍 Sehr vergnüglicher Text. Ja, die Aussies….🥳
    Schöner Satz „Small talk here is not about exchanging facts; it’s about exchanging vibes. It’s a social handshake that says, “We’re cool, everything’s good.”
    Vielleicht ist es eben die Aussie-Coolness, die den Unterschied macht?
    Ein Attribut, das man mit „dem Deutschen“ nicht auf Anhieb verbindet. Aber es verändert sich zum Glück…. denn neben die Geographie, wie Du schreibst (Nord-/Osteuropa versus die lateinisch-mediterranen Gegenden oder eben jenseits des Teiches), treten heute Generation, Elternhaus, Bildung und wie man sozialisiert wurde, Interesse an seiner Umwelt und Mitmenschen zu zeigen. Da öffnet sich doch einiges auch hier. Nicht nur, weil heute die Jugend gerne als Türöffner „Alles gut?“ fragt. Schon ganz schön nah am australischen „everything‘s good“… aber es geht noch mehr😉😁

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  3. Hier in Neuseeland genieße ich den Small Talk auch total. Man kommt so schnell mit anderen Menschen ins Gespräch. Aber das alles folgt ganz anderen Regeln, mit denen man als deutsch geprägt Person schon schnell beinah überfordert ist. Denn Small Talk ist wirklich nur das: ein schnelles oberflächliches Gespräch, wenn auch nett. Aber, wie der verlinkte Artikel eben sagt: das muss man erstmal können. Das muss nicht immer gleich (typisch deutsch) in die Tiefe gehen. …. und du glaubst nicht, wie schwer es mir immer noch fällt, auf das „How’s it going?“ nicht zu tief und zu ernsthaft zu antworten :-). Das steckt einfach drin, dass auf so eine Frage auch eine einigermaßen ernsthafte Antwort zu erfolgen hat und nicht einfach nur ein „All good!“. Viele Grüße, Mareike

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    1. Schön, aus dem fernen Neuseeland von dir zu hören! Ja, das kann ich mir gut vorstellen, dass das hartnäckig in einem drin ist, was du von dir selbst schreibst. Frühe Sozialisation legt man eben nicht ab wie alte Klamotten. Als Reisende bin ich halt meist so geflasht von der ungewohnten Lockerheit, dass ich mich da liebend gerne drauf einlasse, wohlwissend, dass da kein enormer Tiefgang zu erwarten ist. Aber einen solchen habe ich durchaus auch schon erlebt, besonders auf langen Fahrten mit Amtrak 😎.

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  4. Au weia, wie kannst du nur ohne Knopf im Ohr überleben? Da bist du ja offline. 🫣😉.

    Im Ernst, ich besitze so einen Knopf nicht einmal. Ich finde auch, das es einer der schönsten Aspekte des Reisens ist, wenn man mit anderen Menschen in Kontakt kommt. Das bereichert so sehr das eigene Leben! Und auch im Alltag führt ein lockerer, freundlicher Spruch oft zu einem Lächeln und der Tag ist ein kleines bisschen heller geworden.

    Vielleicht ist das aber auch ein Berliner Sonderthema, oder in anonymen Großstädten ausgeprägter als in Kleinstädten oder auf dem Land.

    Der verlinkte Artikel ist jedenfalls sehr treffend

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  5. Nachtrag: gerade auf dem Markt in einer dt. Großstadt am Marktstand den Smalltalk-Test gemacht: lief gut (an), bis mich eine altdeutsche Rentnerin hinter mir in der Schlange etwas barsch ansprach „Haaaloooo, Sie sind jetzt an der Reihe“ (sprich, ich solle jetzt mal einkaufen…). Testergebnis: Faktor Generation schlug hier offenbar die Regionalität. Aber klar, ein deutscher Rentner ist ja meist auf der Flucht und hat’s eiliger als Businessleute 😉💪

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  6. Small Talk, brr… da muss ich passen 😉 Ja, ich weiß, was das ist und ja, ich beherrsche es auch… aber damit hat sich meine Begeisterung für diese Disziplin auch schon ausgeschöpft. Meist bin ich eher so der stille Beobachter, und Kopfhörer sind ein deutliches Zeichen, das in Richtung „Sprich mich nicht an, ich hatte noch keinen Kaffee“ geht. Ja, auch ich ging schon mal smalltalkend auf die Menschheit los – aber da muss ich wirklich blendend gelaunt dafür sein. Deshalb sind mir die Ost-Länder so sympathisch – hier werden weder belanglose Gespräche noch ein Lächeln erwartet. Man entspannt einfach mal seine Gesichtszüge, und zwar so sehr, dass einem die Wangen bis zum Boden hängen 😉 Blöd nur, wenn ich dann ein bisschen unverfänglich plaudern will (ja, ein Bisschen was ist aus Süddeutschland auch hängen geblieben). Dann merke ich – Überraschung! – dass die ja gar nicht wissen, wie das geht…

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