Die Nacht war kurz. Der Wecker klingelt schon vor vier Uhr am Morgen. Aufstehen, Katzenwäsche, Zähne putzen, Kulturbeutel in den ansonsten schon fertig gepackten Koffer geworfen und los!

Der nette Uber-Fahrer Walid aus dem Libanon hält mich mit seiner freundlichen, kommunikativen Art erfolgreich davon ab, im Dämmerzustand zu verbleiben.

Um diese Uhrzeit geht es flott über die noch verwaiste Autostrecke zum BER. In sagenhaften 20 Minuten bin ich da. Exakt genauso lang brauche ich insgesamt für den Self-Check-in und die Sicherheitskontrolle. Ein neuer Rekord! Und so marschiere ich um Punkt fünf Uhr durch den Duty Free Bereich und kann mir anschließend richtig ausgiebig Zeit für Frühstück und Kaffee lassen.

Abflug um kurz nach sieben Uhr. Als der Metallvogel abhebt, schließe ich die Augen. Noch bevor wir die endgültige Flughöhe erreichen, falle ich in einen tiefen Schlummer, aus dem ich erst eineinhalb Stunden später erwache. Die verbleibenden dreieinhalb Stunden bis zur Landung vergehen schnell. Schließlich habe ich vor Beginn dieser Reise noch keinen Blick in meinen Reiseführer geworfen. Das hole ich jetzt nach.

Die Elke so gänzlich unvorbereitet? Ja! Denn zum jetzigen Zeitpunkt wollte und sollte ich ganz woanders sein, nämlich in Israel. Endlich wollte ich die lange heiß ersehnte und schon zweimal verschobene Reise nachholen. Doch dann passierte, was passierte. Und schon musste ich meine Pläne wieder auf Eis legen.

Doch ich will nicht jammern. Denn was ist schon eine ausgefallene Reise im Vergleich zu den schrecklichen Geschehnissen, die die ohnehin angespannte Situation im Nahen Osten seit Wochen eskalieren lassen. Genau: nichts weiter als ein banales Ärgernis. Eines Tages wird es klappen, wann und unter welchen Umständen auch immer.

Stattdessen ausgerechnet Gran Canaria? Ein Verlegenheitsziel? Ein Trostpreis? Hatte ich nicht hier großmäulig ertönen lassen, dass ich gerade gegen diese Insel Vorurteile hege?

Nun, nachdem mir nach diesen Äußerungen dann doch wohlmeinender argumentativer Gegenwind entgegen blies, habe ich mich dazu entschieden, eine Vorurteilwiderlegungsreise dorthin zu unternehmen. Dafür hatte ich ursprünglich Februar 2024 angepeilt, wegen der Geschehnisse in Israel die Reise nun jedoch vorgezogen. Und jetzt bin ich hier und freue mich darauf, bei optimalem Wetter …

Ansprechend

… auf der größten der kanarischen Inseln zwei Wochen lang auf Entdeckungsreise gehen zu können.

Mein Flieger landet pünktlich. Am Flughafen steige ich in den nächsten Bus, der mich gen Norden in die Hauptstadt Las Palmas de Gran Canaria bringt. Nachdem ich mein Hotelzimmer bezogen habe, unternehme ich eine erste kleine Erkundungstour durch die Altstadt, in deren Umgebung mein Hotel liegt. Die Kamera bleibt bei diesem Auftakt traditionell im Hotel. Doch bei diesen zwei Motiven kann ich mich nicht zurückhalten und zücke dezent mein Mobiltelefon.

Mädelstreff
Kannste dir nicht ausdenken 🤣

Der Rest des Tages vergeht im Nullkommanichts mit einem verspäteten Mittagessen, einer netten Unterhaltung mit einer in Madrid lebenden Kubanerin in der nächsten Eisdiele, einem kurzen Spaziergang durch die Fußgängerzone der Calle Triana und ausgiebigem Abhängen im Hotel.

Der Vorteil der tollen Lage meines schönen Hotels mitten in der Altstadt von Las Palmas ist gleichzeitig auch ein Nachteil. Trotz geschlossener Fenster müssen zum Schlafen Ohrstöpsel her. Denn hier wird zumindest rund um das Wochenende bis tief in die Nacht gefeiert. Mit Silikon in den Ohren lässt es sich dann recht gut aushalten. Dennoch bitte ich nach dieser ersten Nacht erfolgreich um ein etwas ruhiger gelegenes Zimmer und kann nach kurzer Wartezeit tatsächlich schon umziehen.

Las Palmas de Gran Canaria ist keine der Touristenhochburgen auf dieser Insel. Laut meinem Reiseführer verbringen nur rund zehn Prozent der Touristen ihren Urlaub in der Hauptstadt. Die Masse bevorzugt die Retortenorte an den Stränden im Süden der Insel.

Von den zehn Prozent, die in Las Palmas residieren, sind die meisten wiederum an der Playa de las Canteras untergebracht, die sich mehrere Kilometer nördlich der Altstadt befindet. Letztere wird von den meisten Besuchern nur im Rahmen eines kurzen Ausflugs besichtigt. Hier sind stattdessen überwiegend Einheimische unterwegs. So wirkt das Städtchen denn auch erfrischend authentisch und ungekünstelt.

Gleich nach meinem Umzug breche ich auf zu einer ersten Fotorunde durch das noch recht still daliegende Altstadtviertel Vegueta. Es ist wunderschön hier! Schaut selbst:

Doppelhaus

Und auch von oben kann sich das Städtchen sehen lassen. Dafür muss ich nur der Kathedrale aufs Dach steigen.

Ein ganz besonderer Hingucker ist die Casa de Colón. Ich werde sie an einem anderen Tag noch einmal gesondert besuchen. Doch für heute begnüge ich mich mit ihrem Äußeren.

Am Nachmittag aktiviere ich mein 48-Stunden-Ticket für den Hop-on Hop-off Bus. Denn Las Palmas stellt sich dann doch als größer sprich ausgedehnter heraus als ich im Vorfeld dachte. Die Hauptstadt, in der rund 380.000 Menschen leben, zieht sich über elf Kilometer an der Küste entlang. Das alte Zentrum mit seinen Stadtteilen Vegueta und Triana ist recht kompakt und gut zu erlaufen. Doch bis hoch zum Hafenviertel und zum vier Kilometer langen Strand Playa de las Canteras sind dann doch einige Kilometer zu überwinden.

Für den ersten Überblick drehe ich, auf dem offenen Oberdeck mit guter Aussicht sitzend, eine komplette Runde mit dem Bus, ohne auszusteigen. Das dauert rund 1 1/4 Stunden. Danach weiß ich sehr genau, wo ich beim nächsten Mal aussteigen und mich genauer umschauen möchte und wo nicht. Nach der ersten Runde steige ich dort aus, wo ich eingestiegen bin – so ist das bei einer vollständigen Runde 😁- also bei der Kathedrale, die wiederum in der Nähe meines Hotels liegt.

Nach einer kurzen Pause im Hotel hüpfe ich wieder in den besagten Bus, den ich am 11. und gleichzeitig letzten Stopp an der Playa de las Canteras verlasse. Der Nachmittag gehört dem Strand bzw. dessen Promenade. Die anderen Stopps, die mich interessieren, hebe ich mir für morgen auf. Hui, die Temperaturen geben mittlerweile alles! Für November ist es selbst für kanarische Verhältnisse ordentlich warm.

Heiße Sache

Der Audioguide im Bus flötete mir auf der Fahrt ins Ohr, die Playa de las Canteras genieße den Ruf, einer der weltweit schönsten Stadtstrände zu sein. Hm, da haben Marketingfuzzis meiner Meinung nach ein wenig zu dick aufgetragen. An der Promenade dominieren bis auf wenige Ausnahmen …

Zum Vorzeigen

… in die Jahre gekommene Zweckbauten, das gastronomische Angebot ist nicht sehr vielfältig. Es ist nett, hier einmal entlang zu flanieren. Doch einen kompletten Urlaub möchte ich hier eher nicht verbringen.

Denn für mich gehört zu einem schönen Stadtstrand definitiv auch eine ansehnlichere Hintergrundkulisse, ein abwechslungsreicheres Gastroangebot, und generell ein etwas stylischeres Ambiente. Ich will die Playa de las Canteras gar nicht abwerten. Die Bucht an sich ist schön!

Doch die Stadtstrände von Vancouver, San Sebastián oder Tel Aviv spielen da definitiv in einer anderen Liga.

Ich laufe die Promenade noch ein Weilchen gen Süden, wende mich dann von der Küste ab, erfreue mich in der Stadt an diesem hübschen Gebäude …

Scharlachrot

… und steige dann in den nächsten Bus, der mich zurück in die Altstadt bringt. Die gegen 18 Uhr einsetzende Dämmerung ist in diesen Breitengraden nur von kurzer Dauer. Eine knappe halbe Stunde später ist es dunkel. Ich verbringe die Zeit auf der schicken Dachterrasse meines Hotels und blicke zufrieden auf diesen Tag zurück. Schön, dass ich hier sein kann!

15 Gedanken zu “Gran Canaria – So war das nicht geplant!

  1. Das sieht garnicht so schlecht aus. Muss gestehen, dass ich in Bezug auf Gran Canaria auch Vorurteile habe. Bin sehr gespannt, was du noch berichtest.
    Vor kurzem habe ich einen Urlaub auf der Insel recherchiert, allerdings in Orten wie Maspalomas und fand es nicht so toll.
    Israel steht schon sehr lange auf meiner Wunschliste. Hab mich inzwischen damit abgefunden, dass es nicht mehr klappen wird. Immerhin war ich im benachbarten Jordanien, wo es mir sehr gut gefallen hat (s. Blog). Das wäre vielleicht auch etwas für dich. Ich war allerdings mit dem Mietwagen unterwegs.

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    1. Die Kontraste sind in der Tat gewaltig. Die klassischen
      Orte des Massentourismus im Süden – einen der hässlichsten hast du genannt – gewinnen definitiv keine Schönheitspreis. Ich komme in einem der noch folgenden Berichte noch darauf zurück. Aber es gibt eben auch richtig schöne Städtchen! @Israel: ja, im Moment ist es schwer, da optimistisch zu bleiben, was eine mögliche Reise in dieses wunderschöne Land betrifft. Ich bin heilfroh, dass ich wenigstens Tel Aviv schon besuchen konnte – gerade noch rechtzeitig vor Corona … Jordanien steht in der Tat bereits auf meiner Liste, wenn auch nicht ganz oben. Dort könnte ich mir durchaus eine organisierte Tour in einer Kleingruppe vorstellen.

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  2. Das erinnert mich daran, auf Inseln die Hauptstädte nicht aus den Augen zu verlieren. Das Städchen ist wirklich hübsch. Schade (oder gut so?), dass es die meisten gleich an die Resorts zieht. Vielleicht kommen daher auch die Vorurteile gegenüber typischen Urlaubsinseln, die ich ja selber habe. Aber Lanzarote hat mich erfolgreich davon geheilt.

    Da geht es dir mit Israel wie mir mit dem Sudan… mit Äthiopien vor rund zweieinhalb Jahren… Irgendwie hatte ich da kein glückliches Händchen und bin momentan ein wenig von den „exotischen“ Zielen abgekommen. Außerdem hat mich meine Familie mit dem Balkan-Bazillus angesteckt 😉

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    1. Ja, Las Palmas ist in der Tat recht ansprechend. Und ich war schon nicht ganz unglücklich darüber, dass sich die Massen woanders tummeln 😁. Ja, ganz sicher kommen die gängigen Vorurteile gegenüber Gran Canaria und Co. auch daher. Lanzarote ist aber im Vergleich zu Gran Canaria insgesamt deutlich beschaulicher.

      Ja, ich erinnere mich gut an deine vergeblichen Versuche, den Sudan und Äthiopien zu bereisen. Ich würde an deiner Stelle da aber nicht zu schnell aufgeben. Es gibt natürlich auch in Europa schöne Reiseländer. Doch ausschließlich darauf möchte ich mich nicht beschränken. Das hebe ich mir fürs Alter auf 🤣.

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  3. Ich bin wieder dabei! Nach stressbedingter Zwangspause in 2023 werde ich mich jetzt nach und nach durch Deinen Blog lesen. Nicht wundern, wenn ich kreuz und quer antworte, ich wühle mich mal durch und lese al gusto

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    1. Liebe(r) anonyme(r) Kommentator(in), mit wem habe ich denn die Ehre? Stressbedingte Zwangspause hört sich nicht gut an, aber zum Glück scheint sie nun ja vorbei zu sein. Welcome back auf meinem Blog! Schön, dass du wieder dabei bist. Viel Vergnügen beim Stöbern durch die Berichte, in welcher Reihenfolge auch immer 😎.

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  4. Vorurteile habe ich auch, genauso bei Teneriffa. Zu viel Rummel und die Art der Touristen. Natürlich weiß ich, dass Inseln immer ihre schönen und geheimen Ecken haben. Aber habe ich die Wahl, dann muss das Gesamtpaket stimmen. Doch ich freue mich auf Deine weiteren Eindrücke…

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    1. Ich mag es bisweilen ja gerne, meine Vorurteile auf den Prüfstand zu stellen. Gerade bzgl. Teneriffa wurde ich davon weitgehend geheilt. Den Süden kann man getrost vergessen, aber alles, was ab und inklusive des Teide Nationalparks nördlich liegt (also knapp die Hälfte der Insel) , ist großes Kino. Aber klar, wenn dir das Gesamtpaket gefallen muss, musst du bei den beiden Großen der Kanaren Abstriche machen bzw. dir andere Ziele suchen.

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      1. Fuerteventura war bis zum ersten Besuch nur ein Sandhaufen für mich 🙂 Nun war ich schon drei Mal da und habe mich in den Istmo de la Pared verliebt. Bei den Kanaren ist halt La Palma sowas wie toll, da unglaublich vielfältig. Schwer für die Großen da mitzukommen …

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