17. – 19. Februar 2025

Der Montag bricht an. Mein Frühstück nehme ich heute in einer klassisch-schlichten spanischen Bar am Hafen von Caleta del Sebo ein. Dort herrscht die übliche lebhafte Geschäftigkeit, doch von Hektik keine Spur. Ich mag das!

Während ich mit Blick auf den kleinen Hafen meine Mahlzeit und den Kaffee einnehme, ziehe ich mein Fazit zu La Graciosa. Ich habe mein stilles Refugium gefunden und war ganz sicher nicht zum letzten Mal hier. Doch der Abschied geht für mich heute völlig in Ordnung. Drei volle Tage sind genug, ich bin zufrieden und wieder bereit für die Stadt.

Den Bewohnern von La Graciosa wünsche ich von Herzen, dass sie die heikle Gratwanderung zwischen Kommerz und Naturschutz weiter hinbekommen. Ich hoffe sehr für das Inselchen, dass eine gute Balance für alle Beteiligten (Bewohner, Gäste, Natur) gehalten werden kann bei der Entwicklung eines sanften Tourismus.

Um 11 Uhr nehme ich die Fähre nach Órzola. ¡Adios, La Graciosa! ¡Hola, Lanzarote!

Am Hafen in Órzola steht schon der Bus, der mich in die Hauptstadt Arrecife bringen wird. Die Fahrt wird wild. Die Busfahrerin hantiert etwas ungeschickt mit ihrer Kasse. Es kommt, was kommen muss. Das mobile Kästchen stürzt in offenem Zustand zu Boden und ergießt seinen prall gefüllten Inhalt in den Gang. Doch zusammen mit einem weiteren Fahrgast helfe ich der Fahrerin beim Einsammeln. Und schon bald sind wir wieder on the road.

Wenig später wird es laut. Ein Typ, der ein paar Sitzreihen hinter mir Platz genommen hat, bricht am Telefon lauthals einen Beziehungsstreit vom virtuellen Zaum. Sein Gebrüll, das ich nur teilweise verstehe, klingt zunehmend aggressiv und bedrohlich. Sehr unangenehm, zumal er sich nicht beruhigen kann und den Auftritt fast bis Arrecife durchhält.

Ankunft in der Hauptstadt. Beim Aussteigen im Zentralen Busbahnhof höre ich plötzlich meinen Namen. Henning! Er saß wohl im Bus ganz hinten. So haben wir uns auf der Fahrt „verpasst“. Wir quatschen noch ein halbes Stündchen am Bahnhof, dann trennen sich unsere Wege. Für ihn geht’s weiter nach La Palma und El Hierro, während es für mich morgen von hier aus nach Hause ins sibirische Berlin geht.

Zu Fuß zum Hotel, das ich bereits vor zwei Jahren bewohnte. Mein Zimmer ist schon fertig, ich kann gleich einchecken. Und nur wenig später zieht es mich ins Städtchen, das ich schon sehr gut kenne. Natürlich lasse ich auch die Meerespromenade nicht aus. In der Altstadt entdecke ich dabei durch Zufall ein mahnendes Kunstwerk, das entweder neu ist oder mir vor zwei Jahren durch die Lappen gegangen ist. Erkennt ihr, woraus es gemacht ist?

Und ich staune! Arrecife habe ich in den 14 Tagen, die ich vor zwei Jahren hier verbrachte, noch nie so voll gesehen.Nun, verhältnismäßig, denn richtig voll ist es jetzt auch nicht. Doch ungewöhnlich viele Touristen mischen sich unters einheimische Volk. Ein Grund ist sicherlich das fette Kreuzfahrtschiff, das am Terminal am Rande der Stadt ankert.

Weitere Gründe kann ich nur vermuten. Womöglich hat es sich herumgesprochen, dass sich Arrecife zumindest für einen Tagesbesuch lohnt, auch wenn es recht untouristisch daher kommt. Einen weiteren Grund vermute ich in der zunehmenden Winterflucht, die viele Europäer aus dem Norden antreten.

Hach, schön, wieder hier zu sein! Und so ganz ohne Zeit- und Besichtigungsdruck gönne ich mir hier diesen Nachmittag und Abend und damit noch eine Übernachtung, bevor ich morgen in den Flieger steige. Abends mache ich es mir auf meinem Balkon mit Meerblick gemütlich und blicke zufrieden auf schöne 14 Tage auf den Kanaren zurück.

Über Arrecife werde ich heute nichts weiter schreiben. Ihr könnt, wenn ihr mögt, gerne in meinen früheren Berichten aus 2023 stöbern.

Der Dienstag geht an den Start. Gestern Abend ist es spät geworden. Denn ich habe mich an meinem spannenden Krimi festgebissen. Egal! Ich kann heute ja entspannt ausschlafen. Denn mein Rückflug geht erst am Nachmittag. Doch ich habe die Rechnung ohne den Strandkosmetiker gemacht, der um Punkt sieben Uhr morgens direkt vor meinem Hotel die Planierraupe anwirft und den Strand glättet. Ich nehme es vorweg: vor 10 Uhr wird eh niemand am Strand sein. Doch der frühe Einsatz hat wohl auch andere Gründe. Ach, egal, dann muss es eben der Kaffee reißen, oder ich hole während des Fluges noch ein wenig Schlaf nach.

Nach dem Frühstück im Hotel spaziere ich die Promenade in Richtung Playa Honda entlang. Vertraute Aussichten, vertraute Kunst.

Anschließend nehme ich meinen Henkerskaffee in meinem Lieblingscafé auf der Islote de Fermin ein, die es heute auch aufs Titelbild geschafft hat.

Dann zieht es mich wieder ins Städtchen. Im Hotel hatte ich morgens geklärt, dass ich etwas später auschecken kann. So habe ich noch genug Zeit bis 13 Uhr, um mein Gepäck zu holen und zum Flughafen zu fahren. Alles total entspannt.

Gegen 11:30 Uhr, ich bin gerade in der Fußgängerzone unterwegs, trudelt eine Email ein. Eurowings teilt mir mit, dass mein Rückflug annulliert wurde. Kurzer Adrenalinstoß, dann gleich die nächste Email. Ich sei umgebucht worden auf einen Flug um 11 Uhr. 11 Uhr? Der wäre ja dann schon weg! Die meinen sicher 23 Uhr? Das wäre natürlich auch nicht ganz so toll, denn wer will schon einen Nachtflug.

Hm, warte, da steht noch was von +1. Und dann fällt der Groschen. Eurowings hat soeben meine Reise verlängert, denn ich fliege erst morgen! Wie großartig ist das denn! Dann müssen die ja auch die zusätzliche Übernachtung bezahlen, ggf. auch Entschädigung. Und ich bekomme noch einen Tag hier für umme. Das gefällt mir! Schnell eine WhatsApp an meine Chefin. Dass ich einen Tag später im Büro aufschlagen werde, nimmt sie erwartungsgemäß gelassen.

A propos Übernachtung: dann aber mal flott zurück zum Hotel und eine Verlängerungsnacht klarmachen. Dort angekommen, schildere ich, was passiert ist. Betretenes Gesicht der Mitarbeiterin an der Rezeption. Sie seien für nächste Nacht ausgebucht. Hm, wäre ja zu schön gewesen … Aber sie wolle noch mal mit dem Manager Rücksprache halten.

Als die beiden realisieren, dass ich nur ein Einzelzimmer brauche, sieht die Sache schon rosiger aus. Da gibt es doch noch was für mich! Ich muss eben umziehen in ein kleineres Zimmer ohne Meerblick. Doch das ist mir herzlich egal. Es gibt ein Bett, eine Dusche, das Zimmer ist bezugsfertig, und ich muss keine Zeit verschwenden mit der Suche nach einer anderen Unterkunft. Also her mit der Bude!

Währenddessen die nächste Email von Eurowings. Long story short: ich möge mich mitsamt Gepäck bitte SOFORT zum Flughafen begeben und mir dort von den Mitarbeitern der Fluggesellschaft eine Unterkunft für die nächste Nacht zuweisen lassen.

Nö, Leute, nicht mit mir! Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon mindestens 150 aufgewühlte Touristen vor zwei überforderten Mitarbeitern stehen, die dann bis in die Abendstunden damit beschäftigt sind, eine ganze Flugzeugladung an Gestrandeten unterzubringen. Und das auf einer Insel, die gerade mehr als gut gebucht ist.

Ich entscheide mich also zum zivilen Ungehorsam, ignoriere die Email und genieße bei strahlender Sonne den unverhofft geschenkten Tag, den ich später am Hotelpool mit dem Blick auf interessante Schattenspiele ausklingen lasse.

Am Mittwoch trete ich die Heimreise an. Beim Warten auf das Öffnen der Check In-Schalter am Flughafen wird mir von anderen vom gestrigen Flugausfall betroffenen Gästen bestätigt, dass ich goldrichtig lag: die Leute verbrachten gestern etliche Stunden am Flughafen bis in den Abend hinein, bis ihre Unterkünfte von Eurowings organisiert waren und Shuttles dorthin stattfanden. Vom Tag blieb dann nichts mehr übrig.

Und diejenigen, die weiter hinten in der endlosen Schlange standen, gingen gar leer aus. Nach Stunden des Wartens wurde ihnen mitgeteilt, dass das Kontingent in ihrem Vertragshotel jetzt erschöpft sei und sie sich doch bitte selbst um eine Übernachtung kümmern und anschließend die Rechnung bei Eurowings einreichen mögen. Den Weg hatte ich lässig abgekürzt 🤣.

Der Rest ist schnell erzählt. Wir kommen halbwegs pünktlich los (erst musste noch ein Notfall an Bord – zum Glück noch am Boden! – geregelt und der Passagier vom Flieger in den Krankenwagen gebracht werden), der Flug verläuft unspektakulär, wir landen fast pünktlich im winterlichen Berlin. Brrrrrr!

Gleich am nächsten Tag reiche ich die Hotelrechnung sowie einen Antrag auf Entschädigung über 400 EUR (hüstel, welcher Schaden eigentlich …) bei Eurowings ein. Der Betrag bemisst sich nach dem Ausmaß der Verspätung, der Länge der Flugstrecke und wie lange im Voraus der Fluggast über die Änderung informiert wurde. All das ist im Rahmen einer EU-Verordnung klar geregelt. Ein paar Wochen und mehrere höfliche schriftliche Erinnerungen später trudelt dann tatsächlich die komplette Summe bei mir ein. Ende gut, alles gut. Sowieso 😎.

18 Gedanken zu “Arrecife – Überraschung!

  1. Das ist ja toll gelaufen. Ein geschenkter Urlaubstag und dazu noch eine Entschädigung. Wir haben mal eine Entschädigung von 600 € bekommen, aber durch die Verspätung des Flugs fehlte uns dann auch ein Urlaubstag.

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    1. Ja, ich kann mich nicht beklagen 😎. In eurem Fall war das natürlich ärgerlich, da gekürzt statt verlängert wurde. Da waren die 600 EUR als Entschädigung absolut angemessen.

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      1. Liebe Elke, den Blockbeitrag sehe ich noch nicht. Über Jahrzehnte des Reisens haben sich nicht nur Geschichten über Urlaubsverlängerung sondern auch über die Verzögerung bei Urlaubsbeginn zugetragen. Manches war richtig spannend, aber Bildmaterial dazu gibt es nicht.
        Liebe Grüße Horst

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  2. Das war dann wohl ein Glücksfall. Und toll, dass du dich locker zum zivilen Ungehorsam entschlossen hast. Ich hätte jetzt vermutet, dass sie sich geweigert hätten, die Übernachtung zu übernehmen, dem war wohl nicht so. Das war ein schöner, unerwarteter Zusatztag, prima 😉

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  3. Glück im Unglück! 400€ Prämie für einen kostenlosen Tag Urlaub zusätzlich ist ganz ok 😉. Sowas kann aber auch Blutdruck auslösen, wenn man Anschlussflüge hat oder wichtige Termine. Gut, wenn man flexibel ist.

    Das war wohl insgesamt eine runde Sache mit den drei Inseln. Man kann nur hoffen, dass die Profitgier nicht deine Lieblingsinsel zerstört.

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    1. Ja, ich kann mich nicht beklagen! Stimmt, wenn man aus welchen Gründen auch immer nicht so flexibel ist, kann das natürlich auch Stress auslösen. Für mich als Teilzeitbeschäftigte war‘s nicht nur ok, sondern sehr willkommen 😎.

      Die Dreier-Kombi hat ganz gut gepasst für mich. Zwei Wochen nur Fuerteventura wäre nicht so meins gewesen. @Profitgier: das hoffe ich auch sehr!

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    1. Ja, es kam am Schluss etwas unerwartet, aber es hat sich für mich voll gelohnt. Die 400 EUR waren super, zumal ich die Verlängerung ja nicht als Schaden empfunden habe 😎. Der Pool ist toll, allerdings nur optisch. Ist ein Kunstwerk von César Manrique. Baden verboten.

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