30. September – 2. Oktober 2024

Wir ziehen weiter. Auf dem Weg zum nächsten Ziel legen wir einen Zwischenstopp in Tuba City ein. Die Fahrt dorthin wird zu einer kleinen Herausforderung für mich. Denn …

… es gibt auf der Strecke zwischen Page und Tuba City keine einzige Toilette. Auch später im Museum nicht. Dort wird man mich ein paar Straßen weiter in ein Restaurant schicken, damit ich diesem menschlichen Bedürfnis nachgehen kann. „Na, kann die denn nicht ausnahmsweise mal ins Gebüsch gehen?“, höre ich euch lästern. Das hätte ich gerne gemacht, wenn denn eins zu sehen gewesen wäre. Auch ein sonstiger Sichtschutz, Graben o.ä. war Fehlanzeige. Und so kreiere ich in einer Mischung aus Humor und Verzweiflung ein geflügeltes Wort, das seitdem von uns in ähnlichen Situationen ausgesprochen wird: Es gibt kein Klo beim Navajo 🤣!

Was es auf der gesamten Strecke durch Navajo Country stattdessen in Hülle und Fülle gibt, sind Kirchen unterschiedlicher Glaubensrichtungen. Wir finden es richtiggehend erschreckend, wie brachial und flächendeckend den Navajo eine ihnen fremde Religionskultur übergestülpt wurde.

Und dann sind wir da.

In der „Hauptstadt“ der Navajo wartet, ich deutete es weiter oben schon an, ein spannendes Museum auf uns. Vor allem aber auf Stefan. Denn er hat sich schon viel mit der Kultur und Geschichte der First Nations der USA beschäftigt. Bevor die Wokeness in unser Denken und unseren Sprachgebrauch eingezogen ist, hätte ich flapsig gesagt, dass ich mit meinem Kleinen ins „Indianermuseum“ gehe. Doch das geht nun natürlich nicht mehr, auch wenn die First Nations sich selbst als American Indians bezeichnen. Die Sprachwelt ist kompliziert geworden.

Nun aber hinein mit uns ins Explore Navajo Interactive Museum. Auf den ersten Blick wirkt es recht klein und überschaubar. Doch die Infodichte ist enorm, kompakt und gleichzeitig in die Tiefe gehend. Und so tauchen wir für fast zwei Stunden etwas tiefer in die Lebensweise und Kultur der Navajo ein. Ein richtig toll gemachtes Museum, das endlich einmal nicht über das zweitgrößte Volk unter den amerikanischen Ureinwohnern, sondern von ihnen selbst aus ihrer Sicht auf die Dinge gestaltet wurde.

Nach einem schnellen Mittagessen bei Taco Bell setzen wir unseren Weg fort. Überall auf der Strecke sehen wir Schilder mit dem Hinweis Fresh Oil. Ein Ölfilm auf der Straße? Das hätte uns gerade noch gefehlt! Aber nein, hier ist die Rede vom Straßenbelag. Er wurde frisch geteert, die Mittelstreifen fehlen noch.

Kurz hinter Cameron legen wir noch einen kurzen Stopp ein. Wir werfen einen Blick vom Little Colorado River Overlook hinunter in die Schlucht. Nun, der Anblick ist ganz nett. Doch wenn man wenig später den Grand Canyon sehen wird … Da ist das Warnschild am Parkplatz fast noch interessanter!

Tusch! Wir sind da.

Gleich hinter dem Osteingang, durch den wir reinfahren, beginnt der Desert View Drive. Bevor wir am Abend unser Hotelzimmer im rund zehn Kilometer südlich gelegenen Tusayan beziehen, fahren wir die ersten sechs Stopps an und verweilen beim letzten davon bis zum Sonnenuntergang. Ja, was soll ich sagen? Am besten nichts, denn die Fotos sprechen für sich.

Am nächsten Tag laufen wir den Rim Trail vom Visitor Center bis zum Grand Canyon Village. Das sind überschaubare fünf Kilometer. Aber das reicht uns völlig bei über 30 Grad in 2.200 Metern Höhe.

Der Weg ist flach, doch es gibt kaum Schatten. Aber die phänomenalen Aussichten – man hat hier durchgehend einen Blick in die Canyonlandschaft – sind so viel mehr als nur eine Entschädigung 😎.

Nach einem leckeren Stück Kuchen im El Tovar Hotel lassen wir uns mit dem Shuttle Bus der Blue Line bis zum Visitor Center chauffieren und steigen dort in die Orange Line um. Wir lassen keinen Stop aus und freuen uns auch über den angenehmen Umstand, dass hier auf dieser Strecke deutlich weniger los ist als im Zentrum.

Einen fun fact über den Grand Canyon will ich euch nicht vorenthalten. Hier im Nationalpark gibt es eine parkeigene ambulante Klinik. Darüber hatten wir uns solange gewundert, bis wir gelesen haben, dass hier im Durchschnitt 30 Leute pro Tag von den allgegenwärtigen Hörnchen gebissen werden, während sie sie (unerlaubterweise) füttern. Alleine dafür lohnt sich die Ambulanz schon 😅!

Am nächsten und für uns letzten Tag hier im Grand Canyon nehmen wir uns die rote Route bis Hermit‘s Rest vor. Wir laufen nur kurze Streckenabschnitte, meist lassen wir uns vom Bus von einem Punkt zum nächsten kutschieren. Es ist einfach zu heiß für körperliche Anstrengungen.

Noch einmal genießen wir viele schöne Ausblicke mit vielen abwechslungsreichen Details. Und wieder wird uns vor Augen geführt, warum der Grand Canyon als eines der größten Naturwunder der Erde gilt.

Nach einem letzten Blick in die unendlichen Tiefen nehmen wir gedanklich Abschied. Und falls ihr euch wundert, wieso ihr dieses Mal von meinen Ausführungen zu grundlegenden Infos zum Nationalpark verschont geblieben seid: als Wiederholungstäterin habe ich meinen Info-Senf bereits hier, da und dort dazugegeben.

Am Nachmittag geht’s zurück ins Hotel. Die Abkühlung wartet! Den unbeheizten Pool habe ich ganz für mich alleine, während sich 12 Leute wie die Dosenheringe im Whirlpool aneinander quetschen. Gut so!

Abends kehren wir dann doch noch einmal zurück in den Nationalpark. Wir wollen die Sterne beobachten. Das ist in einer Umgebung, die von keinerlei künstlichem Licht verschmutzt ist, richtig eindrucksvoll. Fast noch beeindruckender ist, wie lange wir auf dem Rückweg trotz Handy-Taschenlampe brauchen, um den Parkplatz und somit unser Auto wiederzufinden 🤣. Sowas von stockdunkel sind wir Zivilisationsmenschen einfach nicht gewöhnt. Doch zu unserem Trost sind wir nicht die einzigen, die hier orientierungslos herumirren.

Morgen werden wir dem Grand Canyon den Rücken kehren. Doch dieses Gesamtkunstwerk, geschaffen durch die Kraft des Wassers, wird uns noch lange in Erinnerung bleiben. Stay tuned!

10 Gedanken zu “Grand Canyon NP – Das Gesamtkunstwerk

  1. Na, so stockdunkel bin ich auch nicht gewohnt, bei uns ist immer, egal wo man hingeht, irgend ein Restlicht vorhanden.

    Das mit der Ambulanz ist tatsächlich witzig, den Fun Fact habe ich Stefan gleich vorgelesen. Mal von einem Hörnchen gebissen werden verstehe ich noch, aber dass das im Schnitt 30 Mal am Tag passiert? Tja, was lernen wir daraus: die Natur ist undankbar und versucht, uns mit süßen Ninja-Hörnchen zu bekämpfen 🙂

    Kein Klo in Navajo. Ja, aber… kein Kaktus, hinter den man gehen konnte? Keine Erdverwerfung? Wirklich nixnix? Das ist eine Strafe für eine Frau. Mein Mitgefühl hast du…

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    1. Ja, wir Zivilisationsbewohner sind es halt gewohnt, immer irgendeine Lichtquelle zu haben, um das rund um die Uhr. Deine Hörnchentheorie überzeugt mich. Vorsicht vor den Ninja-Viechern! Dass da täglich so viele Opfer zu beklagen sind, zeigt, wie arglos und naiv da manche Touristen unterwegs sind. @Klo: nee, da war wirklich nixnixnix. Kaum zu glauben, aber wahr!

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  2. Unwahrscheinlich schön!

    Aber warum man Indianermuseum nicht mehr sagen darf, verstehe ich nicht. Mir hat das noch niemand verboten. Wieso auch, wenn die Betroffenen sich selbst so nennen. Ich bin der Meinung, man muss nicht alles mitmachen, was irgendwer fordert.

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