11. – 12. Dezember 2023

Amsterdam im Winter. Keine gute Idee? Kommt darauf an, was man vorhat! Regen und Kälte werden uns in den folgenden Tagen schon ein wenig piesacken. Doch als Gegengewicht warten zwei tolle Events auf uns. Und auch deutlich weniger Menschenmassen als zur Hauptreisezeit.

Wir reisen mit der Bahn an. Theoretisch schafft der Zug die Strecke von Berlin nach Amsterdam …

… in sechs Stunden. Praktisch werden daraus heute sieben. Aber wir sitzen bequem im Trockenen und müssen nicht umsteigen. Von daher: alles gut.

Am späten Nachmittag erreichen wir den Bahnhof Amsterdam Centraal. Von dort geht’s gleich weiter mit der U-Bahn zum Hotel am Europaplein im Süden der Stadt. Da wir gefühlt kurz vorm Verhungern sind, werfen wir nur schnell unsere Sachen ins Zimmer und ziehen gleich wieder los, um Nahrung zu jagen. In einem schicken Food Court in Amsterdam Zuid gibt es leckere Burritos für uns.

Satt und zufrieden zurück im Hotel, wird uns klar, in was für einem Schmuckstück wir hier gelandet sind. Ich bin ja bekanntermaßen viel unterwegs und wohne dann überwiegend in Hotels. Bis auf wenige Ausnahmen erwähne ich sie nur kurz, ohne näher darauf einzugehen. Doch das Nhow kann ich euch beim besten Willen nicht vorenthalten. Es ist sowohl von außen als auch von innen auf seine ganz eigene und eigenwillige Weise eine Augenweide und überrascht mit sehr originellen Details.

Jenga

Klare Ansage

Am nächsten Morgen wachen wir gut ausgeschlafen auf. Theoretisch könnten wir unser Frühstück mit grandioser Aussicht vom 17. Stock aus genießen. Praktisch machen uns Nebel und Nieselregen einen Strich durch die Rechnung. Wir hoffen auf Besserung an einem der folgenden Tage.

Auf zur Westergasfabriek! Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und außerhalb des heutigen touristischen Zentrums gelegen, war sie die größte Gasfabrik der Niederlande. Hier wurde Steinkohle in Gas verwandelt, um den Energiebedarf Amsterdams zu decken. Beim Bau der Fabrik und der dazugehörigen Bürogebäude wurde erkennbar großer Wert darauf gelegt, die Optik nicht zu kurz kommen zu lassen. Das architektonische Ergebnis im Stil der holländischen Neorenaissance kann sich sehen lassen und hat es heute auch aufs Titelfoto geschafft.

Ende der 1960er Jahre wurde die Fabrik stillgelegt, stand anschließend lange leer und diente zwischenzeitlich als Lagerhalle. Schlussendlich entschied sich die Stadt dafür, das Gebäudeensemble samt weitläufigem Gelände in einen nachhaltigen Event- und Kulturhotspot zu verwandeln. Seit 2007 füllen nun ein Kino, eine Brauerei, Cafés, Restaurants und zahlreiche kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen das Areal mit neuem Leben. Wer davon genug hat, kann sich in den großzügigen und ebenfalls neu gestalteten Park zurückziehen.

An letzteres ist heute nicht zu denken. Das Wetter, ihr wisst schon. Doch das ist nicht weiter tragisch, denn was uns heute interessiert, spielt sich drinnen im Trockenen ab. In der Fabrique des Lumières wird Kunst als sogenannte immersive Ausstellung in Form einer digitalen Show gezeigt. Eingefleischte, konservative Kunstliebhaber neigen bisweilen dazu, über diese Art der Präsentation die Nase zu rümpfen.

Doch ich finde, es ist eine gelungene Ergänzung und Variante, Kunstwerke jenseits des klassischen Hinhängens zu zeigen. Zum einen beeindruckt die technische, musikalisch untermalte Finesse. Zum anderen gewinnt man damit auch ein Publikum, das sich Kunst in herkömmlicher Präsentation eher nicht anschaut.

Was geht ab?

Zum Zeitpunkt unserer Reise erwarten uns die Werke von Salvador Dalí und Antoni Gaudí. Was soll ich sagen? Die Show ist richtig gut gemacht! Und die Location ist mehr als nur ein würdiger Nebendarsteller. Schaut selbst:

Kunst am Bau

Doch kein Foto kann die Wirkung so anschaulich vermitteln wie ein Video. Deshalb hier gleich mehrere meiner kurzen Mitschnitte. Viel Spaß beim Eintauchen in die virtuellen Kunstwelten!

Am frühen Nachmittag verlassen wir den Hort der Kunst. Der Wettergott lässt für das nächste Stündchen Gnade walten und stellt den Wasserhahn ab. Das nutzen wir für einen kleinen Abstecher zum in der Nähe gelegenen expressionistischen Wohnkomplex Het Schip. Das dazugehörige Museum widmet sich der Amsterdamer Schule, einer Stilrichtung der Architektur, des Designs und des sozialen Wohnungsbaus.

Da wir kulturell für heute schon gesättigt sind, schauen wir uns nur außen etwas um und verschieben den Besuch auf irgendwann.

Nun hält das Wetter, was die App versprochen hat. Ein kräftiger Regen geht an den Start. Durchnässt stürzen wir uns in die nächste Straßenbahn. Höchste Zeit für ein spätes Mittagessen beim Inder in der Nähe des Museumspleins.

Das Wetter kriegt sich im Laufe des Nachmittags nicht mehr ein. An ein gemütliches Schlendern durchs Städtchen ist eher nicht zu denken. Und da uns ein Museum bzw. eine Ausstellung pro Tag hinreichend auslasten, lassen wir es für heute gut sein.

Als wir gegen 17 Uhr im Hotel ankommen, dämmert es bereits. Die einsetzende Dunkelheit wäre die perfekte Gelegenheit, uns dem Hauptgrund, der uns mitten im Winter nach Amsterdam gelockt hat, zu widmen. Doch das Wetter verlangt einen Aufschub. Halb so wild! Wir haben ja noch zwei weitere Abende hier. Stattdessen machen wir es uns heute im charmanten Hotel gemütlich.

Zum Abschluss des heutigen Berichts habe ich noch drei inhaltlich und räumlich nicht zusammenhängende Fotoimpressionen für euch. Klassische Amsterdam-Fotos? Nicht mit mir 😎. Stay tuned!

Passend zur Saison

13 Gedanken zu “Amsterdam – Digital und surreal

  1. Erste! 😉
    Die Kunst auf diese Weise auszustellen hat was faszinierendes, es ist wohl, als stünde man im Gemälde drin. Ich schätze, so kann man sie auch Menschen näher bringen, die ansonsten nicht allzu sehr interessiert wären.
    So ein Spaziergang bei Regen unter einem großen Schirm ist doch romantisch, oder nicht 😉

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    1. Glückwunsch zum Sprintsieg 😁! Ja, ich denke auch, dass man mit dieser Art von Präsentation einige Leute erreicht, die sich in „normale“ Ausstellungen eher nicht verirren. Ein Spaziergang im Regen kann durchaus was haben – dafür bräuchte es aber ein wenig mehr als vier Grad 🥶.

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  2. Schöne Fotos und ein tolles Lesevergnügen! Vor etwa 10 Jahren im November war ich auch in Amsterdam und das Wetter war ähnlich, nasskalt und trüb. Die Besuche der klassischen Museen gefielen mir sehr gut, aber das wars auch schon. Die berühmten Grachten sehen im Sommer wahrscheinlich schöner aus. Auch störte es mich irgendwie doch, dass viele Kirchen aufgegeben waren. Und über den Brücken hingen oft junge Leute, die wohl wegen Cannabis und Co nach Amsterdam gekommen waren.

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    1. Danke, liebe Inga! Das freut mich ja sehr. Der Winter ist sicher nicht die beste Jahreszeit, um Amsterdam draußen zu entdecken. Da muss man sich tatsächlich überwiegend auf die zahlreichen Museen konzentrieren. Die Grachten sind im Sommer in der Tat deutlich attraktiver. Aber dann sind natürlich auch solche Menschenmassen unterwegs, dass sich das Vergnügen auch eher in Grenzen hält.

      Insgesamt bin ich ehrlich gesagt auch mehr ein Fan von Rotterdam. Aber was sich in den letzten Jahren in Amsterdam richtig spannend entwickelt, ist der Stadtteil Noord, weit entfernt vom klassischen touristischen Zentrum. Ich werde berichten 😎.

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  3. Wow, was für ein cooles Hotel. Da hat sich Jemand Mühe gemacht und nicht nur auf wartungsfreie Funktionalität gesetzt.

    Und die Gaudishow ist ja extrem beeindruckend! Als ob Barcelona nach Atlantis umgezogen wäre.

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  4. Wie hat es aber bloß die „Fabrique des Lumières“ ins Niederländische geschafft? All zu viel Frankophones findet man schließlich nicht im „Land unter dem Meeresspiegel“?!?
    Den Deal „Wetter versus Touri-Massen“ hattet Ihr offenbar recht erfolgreich verhandelt👍 Und Eure professionelle RAW-Produktion hilft ja bei Lichtengpässen 😉
    Immersiv kann eine schöne Abrundung von Kunstausstellungen sein, gerade bei medien-übergreifender Kunst, oder im Übergangsbereich großformatiger Kunst zu Architektur. Das aktuelle Pergamon-Panorama in Berlin ist z.B. so eine großartige Umsetzung. Inklusive der Akustik.
    Übrigens tolles Hotel, einzig die heutzutage immer häufigeren Plüsch-Polstersessel in den Frühstücksbereichen sind nach einiger Benutzung eine Herausforderung, dienen sie einigen Zeitgenossen doch unweigerlich als Abstreiffläche für Butter-Wurst-Käse-verschmierte Hände auf dem Weg zur nächsten Buffetschlacht 🥳😜

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    1. @frankophon: keine Ahnung! @Wetter-Touri-Korrelation: ja, hat gepasst 😎. @Immersiv: besser hätte ich es wohl nicht formulieren können 👍. @Pergamon: ja, das ist in der Tat richtig gut gelungen, wie eigentlich alle Arbeiten von Yadegar Asisi. @Hotelplüsch: wohl wahr 🤣!

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