15. – 16. August 2023

Innerhalb von Deutschland und Mitteleuropa vermeiden wir es, zu fliegen. Stattdessen nehmen wir die Bahn. Als ich aber gestern Morgen meine Emails las, war ich im konkreten Fall kurz davor, es zu bereuen.

Kompletter Zugausfall auf der Hinfahrt? Ernsthaft? So kurz vor der Abreise eine Alternative zu buchen, wird bestimmt deutlich teurer. Die Bahn erstattet bei Zugausfall ja nur den ursprünglich gezahlten Ticketpreis und nicht die Differenz zum neuen Ticket.

Schneller Check auf der Website. Laut dieser fährt der Zug, allerdings nur bis Basel. Ab dort müssten wir mit einem Ersatzzug weiter bis Zürich fahren. Ah, das ist doch schon mal eine ganz andere Ansage! Die wird auch von dem netten Mitarbeiter der Telefon-Hotline bestätigt.

Wir lästern am Ende des Gesprächs noch kurz gemeinsam über die unzureichenden drei Standardtexte für die automatischen Emailbenachrichtigungen, die den tatsächlichen Umständen selten gerecht werden. Falls das Gespräch aufgezeichnet wurde, hoffe ich auf mildernde Umstände für den Mitarbeiter 😁. Aber wollen wir mal fair bleiben: mit Fluggesellschaften kann dir das genauso passieren, wenngleich ich selbst bisher davor verschont geblieben bin.

Wir fahren pünktlich in Berlin los, die Fahrt verläuft unspektakulär, der Umstieg in Basel in den Ersatzzug nach Zürich klappt ebenfalls reibungslos. Wegen des Umstiegs sind wir letztendlich nur 20 Minuten später am Ziel als es mit dem durchgehenden Zug der Fall gewesen wäre. Alles gut!

Es ist bereits früher Abend, als wir im Hotel einchecken. Wir lassen uns beim Nepalesen um die Ecke ein leckeres Abendessen servieren, vertreten uns nach der langen Zugfahrt noch ein wenig die Füße auf dem Uferweg entlang der Limmat, und entschwinden dann in den Feierabend im Hotel.

Am nächsten Tag wartet brütende Hitze auf uns, die uns auch in den nächsten Tagen begleiten wird. Temperaturen um 30 Grad herum fühlen sich in einer Stadt noch heißer an. Zürich ist wie die meisten Städte hochgradig versiegelt. Der Asphalt speichert die Hitze und gibt sie wieder ab. So werden wir gefühlt von oben und von unten gegrillt.

Genug gejammert! Damit muss man mittlerweile auch in Mitteleuropa rechnen, wenn man eine Städtereise im August antritt. Wir haben es ja nicht anders gewollt.

Als wir das Hotel durch die Lobby verlassen, widmen wir dem Sport und der Kunst im und vor dem Hotel die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Hier waren kreative Köpfe am Werk!

Motivierend!
Anne-Sophie

Wir starten unseren Rundgang damit, die nähere Umgebung des Hotels zu erkunden. Dabei stolpern wir rein zufällig über eine Ausstellung mit Fotografien von Sebastião Salgado, musikalisch untermalt mit Werken von Jean-Michel Jarre.

Amazônia, so der Name der Ausstellung, widmet sich dem größten Regenwald der Welt und seiner indigenen Bevölkerung. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Die Ausstellung ist richtig gut kuratiert, die Musik in Anlehnung an die Geräusche des Urwalds komponiert. Und so verweilen wir hier etwas länger.

Im Regenwald
Mit Haustier

Als wir uns am Regenwald sattgesehen haben, setzen wir unsere Tour durch unsere temporäre Wohngegend fort. Wir wohnen in Zürich-West, einem außerhalb der Altstadt gelegenen Stadtteil, der sich nach und nach vom Industrieviertel zum Trendquartier verwandelt. Altes wird neu genutzt, Neues ergänzt die Vielfalt. Es ist richtig spannend und kontrastreich hier!

Früher wurden hier Schiffe gebaut und Motoren zusammengeschraubt. Nachdem die Fabriken weggezogen sind, nutzen heute Gewerbetreibende aus den Bereichen Kunst, Design, Gastronomie, Kultur, Shopping, Sport, Freizeit und Architektur die großzügigen Flächen. In die Viadukt-Bögen der Eisenbahn sind Design-Boutiquen und eine Markthalle eingezogen. Und auf dem Gerolds-Areal kann man es sich in Frau Gerolds Garten, einem Stadtgarten mit Gastronomie-Betrieb, nicht nur kulinarisch gut gehen lassen.

Bunt und lässig

Die perfekte Welle

Eins, zwei oder drei
Mehrgleisig

Am Ende der Tour durch unser Viertel sind wir uns einig: das ist eine richtig sehenswerte Ecke der Stadt!

Anschließend nehmen wir die Straßenbahn zum Hauptbahnhof, wo wir uns unter den wachsamen Augen des Schutzengels von Niki de Saint Phalle gut behütet fühlen. Die 11 Meter hohe und 1,2 Tonnen schwere Figur ist mit Wasserfarben bemalt und muss deshalb alle drei Monate sorgsam mit einem Staubwedel gereinigt werden. Also, DEN Job möchte ich nicht machen! Dann schaue ich mir das Engelchen doch lieber aus sicherer, weil arbeitsfreier Entfernung an.

Beschützt

Schräg gegenüber des Bahnhofs fällt uns das schöne Gebäude des Landesmuseums ins Auge. Das schauen wir uns noch etwas genauer von außen an, …

Museal

… bevor wir in die nächste Straßenbahn hüpfen, um zu unserem nächsten Ziel zu gelangen. Bei den heutigen Temperaturen scheint uns ein gemächlicher Spaziergang am östlichen Ufer des Zürichsees eine ziemlich gute Idee zu sein. In Höhe des Strandbads Tiefenbrunnen steigen wir aus und laufen hinunter zum Ufer. Frische Luft! Welche Wohltat! Nicht ganz frei von Neid schauen wir eine Weile dem munteren Treiben im Wasser zu …

Kopfüber

… und laufen dann die Uferpromenade gen Norden, sprich stadteinwärts, entlang. „Heureka“ rufen wir aus, als wir den Standort des Kunstwerkes entdecken. Doch zu unserer Enttäuschung ist es zur Zeit nicht in Betrieb. Immerhin aber können wir einen kurzen Blick auf das eingekastete Werk werfen.

Der Unterbruch
Heureka!

Weiter geht’s, immer am Wasser entlang. Der Zürichsee ist wunderschön und richtig nahe an der Stadt gelegen bzw. umgekehrt. Das ist schon ein riesiges Plus an Lebensqualität. Nicht umsonst zählt Zürich zu den drei lebenswertesten Städten der Welt. Dass man es sich leisten können muss, in dieser Stadt zu leben, steht indes auf einem anderen Blatt.

Wir genießen die Aussichten aufs Wasser …

Stuhl-Gang
Abgeschirmt

… und auch auf das eine oder andere architektonische Schätzchen entlang des Weges. Hier sticht der Pavillon Le Corbusier natürlich heraus.

Farbenfroh

Am fortgeschrittenen Nachmittag erreichen wir die durch die Limmat in zwei Hälften geteilte Altstadt, auf deren östlicher Seite wir ein wenig durch die Gässchen ziehen.

Ganz große Oper
Seilschaften

Kreise ziehen (Werk von Stefan: größerer Weitwinkel)
Feierabend
Im Männergarten

Hier setzen wir für heute den Schlusspunkt unserer Tour und steigen erschöpft in die Straßenbahn, die uns nach Hause bringt. Als wir gegen 20 Uhr dort ankommen, zeigt das Thermometer immer noch 30 Grad an. Uff!

Im Hotel machen wir es uns richtig gemütlich beim UEFA Super Cup. Manchester City tritt gegen Sevilla an. Ja, wir legen jetzt die Füße hoch und verwöhnen unsere Astralkörper mit Chips. Bei mir könnt ihr euch dann noch eine Flasche Bier dazu denken. Bis morgen!

Der Ball rollt

23 Gedanken zu “Zürich – Heiße Sache

  1. Bootsfahrt auf dem See bringt super Landschaftsbilder…war mal meine 2. Heimat, als ich noch bei Helvetia und Rentenanstalt jobbte… und Würstchenessen am See war MittagsRomantik…dazu manchmal abends mit Freunden noch ne leckere Pizza in der Stadt, die waren dort sowas von gut !

    Es war die Zeit, wo überall die ÖkoZeit eingeläutet wurde…und „ZüriHünd noch als Fründ“ überall plakatiert waren…

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      1. Das liegt daran, dass ich vor einer Weile die Pflicht rausgenommen habe, sich zum Kommentieren mit Namen und Emailadresse anmelden zu müssen. Wenn du nicht über WordPress zum Kommentieren reingehst, musst du nun selbst dran denken, deinen Namen eingeben. Ansonsten taucht man als Anonymus auf, was für mich natürlich schade ist, wenn ich nicht weiß, wer da schreibt. Gut, dass du diesen zweiten Kommentar noch geschrieben hast 👍.

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      1. war ne schöne Zeit, die Schweizer waren nicht nur nette Kollegen, es machte dort mehr Spaß zu arbeiten, weil man im Gegensatz zu hier, sehr geachtet wurde und nicht unseren Verdrängungswettbewerb erlebte…und natürlich war man finanziell in ganz anderen Regionen… hab ein schönes Wochenende!

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  2. In Zürich war ich noch nie. Basel ja aber nach Zürich habe ich es noch nie geschafft. Von der Stadt schon viel gehört und für einen Kurztrip sicherlich sehenswert. Der Zürich See soll ja auch sehr schön sein. Ich finde, die Schweiz ist halt schon sehr teuer was auch die Gastronomie ect. betrifft.
    Danke für deinen Stadtrundgang

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      1. Ja irgendwie hält einen das immer ab die Schweiz zu besuchen. Im Prinzip kostet alles einfach das doppelte wie bei uns aber die Schweizer verdienen nun auch das doppelte.
        Zürich selbst würde ich mir aber auch mal anschauen !

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  3. Die Amazonas Fotoausstellung gefällt mir richtig gut. Es ist schwierig, Waldlandschaften in S/W darzustellen, ohne eine eintönige Suppe zu produzieren, dazu muss man ein echtes Können besitzen. Als Kontrast wählte der Künstler ein knalliges Orange, einfach wunderbar.

    Und was den tonnenschweren Engel betrifft, da möchte ich nicht drunter spazieren, egal wie gut gesichert der zu sein scheint. Bei meinen vielen Sünden fiele mir das Ding bei der ersten Gelegenheit auf den Kopf 😉

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    1. Ja, Salgado ist einfach ein Könner seines Fachs. Habe schon einige Ausstellungen gesehen. Über das Fotografieren hinaus ist er auch sehr in seiner brasilianischen Heimat engagiert, was den Umweltschutz betrifft. Wenn es dich interessiert, schau gerne mal hier rein:

      https://www.kfw.de/stories/salgado.html

      Ja, wenn das mit den Sünden bei dir so überhand genommen hat, läufst du wirklichem am besten nicht unter dieser Skulptur hindurch, auch wenn es ein Schutzengel ist 😇.

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  4. 20 Minuten Verspätung sind für die deutsche Bahn ja geradezu rekordverdächtig. Das hat man oft schon in 100 km aufgesammelt.😉
    Habt ihr den Kredit denn schon zurück gezahlt, den ihr für einmal essen gehen in Zürich doch vermutlich aufnehmen musstet?

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  5. Das ist ein toller Bericht mit sehr schönen Fotos, den ich gerne gelesen und die ich ebenso gerne angeschaut habe. Ich war vor langer, langer Zeit einmal in Zürich, somit wurden jetzt meine verblassten Erinnerungen ein wenig aufgefrischt.
    Dankeschön dafür!

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  6. Gerade gestern bin ich mit der Schweizer Bahn am Zürichsee vorbeigefahren und dachte mir: „Wow, da lässt es sich gut leben!“ Na ja, Schweizer Gehalt sollte man natürlich schon beziehen 😉.
    Nun sitze ich im Zug von Basel (da badeten gestern Abend noch Leute im Rhein) nach Hause und schwelge in den tollen Erinnerungen der letzten 14 Tage.
    😍 VG Simone
    PS: Die Nanas in Hannover müssen sicher weit weniger häufig geputzt werden. Dieser tonnenschwere Engel ist wirklich beeindruckend! Danke für die interessanten Infos

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    1. Ja da haste ja eine schöne Zugfahrt mit den besten Aussichten genossen! Stimmt, ein Schweizer Gehalt ist die unabdingbare Voraussetzung dafür, angemessen in Zürich leben zu können. @Nanas in Hannover: so sieht’s wohl aus 😎.

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