11. Mai 2023
Heute Morgen beginnen wir dort, wo wir gestern Abend aufgehört haben: am Times Square. Tagsüber geht es hier nicht mehr ganz so extrem wuselig zu wie abends. Aber natürlich ist hier auch jetzt ordentlich was los.
Das NYPD vermasselt Stefan den optimalen Fotospot durch Dauerparken ihrer Einsatzwagen genau vor unserer Nase. Die mit allem erdenklichen Equipment bestückten Polizisten treten ihren Dienst bzw. die wohlverdiente Kaffeepause an allen Ecken des Platzes an und werden auf absehbare Zeit auch nicht wieder zu ihren Wagen zurückkehren. Ich hatte an dieser Stelle zum Glück noch rechtzeitig ein paar Fotos aus der Hand geschossen und auch ein 360-Grad-Video gedreht.



Der Times Square ist nicht unbedingt unsere Kragenweite. Aber natürlich sollte man ihn mal gesehen und erlebt haben. Hier präsentiert sich unsere Konsum- und Selbstdarstellerwelt im Brennglas. Ich kaufe, also bin ich. Ich performe, also bin ich noch besser. Ich gebe zu: unterhaltsam ist es am Square und in den angrenzenden Straßen schon! Zumindest für eine gewisse Zeit. Schade, dass sich der berühmte Naked Cowboy mit seiner Gitarre gerade nicht blicken lässt. Das Spektakel hätte ich mir zu gerne angeschaut.



Weiter geht’s zu Fuß zur Radio City Music Hall, die inklusive ihrer unmittelbaren Umgebung ein paar interessante Fotomotive bietet.



Auf dem Weg zum nahegelegenen Rockefeller Center werde ich um ein Haar von einem Fahrradkurier über den Haufen gefahren. Unsere Fußgängerampel zeigt Grün, seine Rot. Es scheint ihm egal zu sein, oder er ist im Zeitdruck-Panik-Modus. Im allerletzten Moment zieht er die Bremsen, doch das reicht nicht. Seine Füße müssen als Bremsverstärker her. Das klappt dann gerade noch rechtzeitig. Fast erliege ich der Versuchung, davon beeindruckt zu sein, dass er sich bei dem Manöver nicht selbst auf die Straße packt 😅.
Das Erdgeschoss des Rockefeller Centers sieht nicht nur gut aus, …

… sondern es bietet auch eine große kulinarische Auswahl. Mit jeweils einem Salat von Sweet Greens machen wir es uns draußen unter einem Sonnenschirm gemütlich und streifen anschließend ein wenig in dem Areal umher.




Direkt hinter der zerknüllten Blechdose nehmen wir den nächsten Bus gen Süden. Unser nächstes Ziel ist das Fotografiska Museum an der Park Avenue Ecke 22. St. Ist der dekorative Altbau von außen schon eine Augenweide …,

… so wird es drinnen noch einmal um Klassen besser. Dort schauen wir uns die geniale Ausstellung zum Thema 50 Jahre Hip-Hop an, die wir an diesem frühen Nachmittag mitten in der Woche fast ganz für uns alleine haben. Jeder der fünf Dekaden wurde eine ganze Etage gewidmet, musikalisch untermalt mit passenden Songs aus der jeweiligen Zeit. Die Fotos sind klasse, die Musik ist es ebenso. Das Paradies für Hip-Hop-Fans wie uns!


Na, wer von euch erkennt die drei Jungs auf dem zweiten Foto? Was? Keiner? Dann nehmt hier eines meiner Lieblingssongs von ihnen. So 90er! So klasse!
Und wenn ich hier gerade schon mal ordentlich in Fahrt bin, serviere ich euch gleich noch einen Hip-Hop-Klassiker aus den 80ern, der die Stadt, in der wir gerade weilen, fotografisch zum Thema hat. Nein, es ist nicht New York, New York, denn das offizielle Video dazu liefert nicht so viel Einschlägiges aus der Zeit. The Message ist da weitaus ergiebiger:
Später schlendern wir die Park Avenue noch ein Stück weiter gen Süden, um uns am Union Square die Climate Clock anzusehen, von der uns der bekiffte Musiker vorgestern erzählt hatte. Story verpasst? Dann schau hier. Die fette Karre als Spritfresser par excellence liefert dann auch passend den ironischen Vordergrund.

Nun geht’s mit der U-Bahnlinie 4 nach Hause. Kurz vor dem Stopp an der 125. St. bleiben wir plötzlich im Tunnel stehen. Licht aus – kein Spot an! Denn zwischen der 86. und 161. Straße wurde der Strom abgeschaltet. Und nun geht in unserem Waggon die Post ab. Eine Frau, die mir direkt gegenüber sitzt, regt sich sehr auf und ist kaum zu beruhigen. Sie werde nie mehr mit dem Zug fahren! Der blöde Fahrer solle sofort wieder die Klimaanlage einschalten! Die Leute auf den Gleisen – Protestler gegen was auch immer, die der Grund für die Abschaltung waren – solle man alle verhaften! Sollen die Deppen doch auf der Brooklyn Bridge demonstrieren und uns hier in der Bronx in Ruhe lassen mit dem Scheiss!
Ein älterer Typ, der ihr zuerst noch humorvoll Kontra gab, eskaliert schließlich ebenfalls. Doch es ist leider gar nicht einmal unbedingt von der Hand zu weisen, dass er mit seiner Bemerkung womöglich recht haben könnte: „Wären das welche von uns Schwarzen gewesen, hätte man sie wohl gleich erschossen!“, lässt er nun in deutlich aggressiverem Tonfall verlauten. Und nun wird uns doch ein wenig mulmig. Aber letztendlich lässt sich niemand weiter von der kippenden Stimmung anstecken.
Die nächste Station ist von unserer Position im Tunnel aus schon zu erkennen. Statt in das Lamento meines weiblichen Gegenübers einzustimmen, öffnet mein Sitznachbar lieber ein Fenster, um die Luftsituation ein wenig zu verbessern. Wir werden das sicher überleben, hoffen aber darauf, bis zum Beginn unseres nächsten Events nachher wieder in Freiheit zu sein 😅!
Nach etwa 15 Minuten ist der Spuk vorbei, der Strom wieder da, die Fahrt geht weiter. Nun geht es wieder entspannt, ja, gar heiter zu in unserem Wagen. Viel Gelächter und amüsante Gespräche begleiten uns auf dem Rest der Fahrt. Als wir aussteigen, werden wir herzlich verabschiedet, auch von der kurierten Hysterikerin gegenüber. Natürlich hätte dieses Strom-Ungemach überall passieren können. Die Bronx jedoch – davon sind wir überzeugt – bietet in einer solchen Situation noch mal eine besondere Show mit dem teilweise doch sehr speziellen Publikum. Ende gut, alles gut! Und als schöner Nebeneffekt sind wir wieder um eine Story reicher.
Nun geht es sportlich weiter. Stefan hat schon von Deutschland aus Karten für ein Baseballspiel der New York Yankees gegen die Tampa Bay Rays besorgt. Heute ist es soweit! Die Fans glühen wie immer in der einschlägigen Fan-Zone vor.

Wir hingegen laufen direkt hinüber zum Nachbarn namens Yankee Stadium. Wie immer herrscht im Stadion eine heiter-relaxte Stimmung. Die Fans beider Mannschaften sind untereinander freundlich gestimmt, scherzen, lachen, essen, trinken und reden miteinander. Wir genießen es immer sehr, uns ein Spiel live anzuschauen, wenn wir wo auch immer in den USA unterwegs sind.
Auf ein Begleit-Bierchen verzichte ich indes. Ich bin ja wirklich nicht geizig. Aber 17 US $ für eine Dose Gerstensaft bei einem Kurs von fast 1:1? Da danke auch ich ab. Doch ein Abendessen muss sein. Schließlich kostet eine Brezel nur etwa ein Drittel des Biers 😂 .
Wir haben gute Plätze in Höhe der First Base und haben einen richtig schönen und unterhaltsamen Abend hier. Zwar verlieren die Yankees 8:2, doch das war abzusehen. Da wir beiden Mannschaften gegenüber neutral eingestellt sind, können wir gut damit leben, auch wenn ein knapperes Ergebnis ja in jeder Sportart immer spannender ist. Wir wollten einen vergnüglichen Abend, und den hatten wir!
Wir haben auch viel gelacht. Zum Beispiel über die Tanzeinlage der Jungs, die den Platz zwischendurch mit großen Netzen abziehen. Wenn die Yankees heute Abend schon keine Show abliefern , dann übernimmt das eben – jetzt kommt einer von Stefans trockenen Gags – das Bodenpersonal 😁.





Obwohl die Yankees haushoch verloren haben, geht nach dem Spiel in der Fanmeile ordentlich die Party ab. Das ist ja das Schöne: es gibt keine Ausschreitungen wie beim Fußball, wenn die Heimmannschaft verloren hat. Die Yankee-Fans haben auch schon im Stadion gefeiert, als es im letzten Inning auf längst verlorenem Posten doch noch zwei Runs gab und es wenigstens nicht zu Null ausging. Und so endet dieser Tag für uns so schön, wie er begonnen hat 😎.
Wieder ein interessanter Bericht mit tollen Fotos, vor allem das Video vom Times Square hat mich beeindruckt. Da hat sich doch einiges getan seit ich zuletzt in New York war.
Da habt ihr wieder einen sehr ereignisreichen Tag verbracht. Einen ähnlich langen Stromausfall in der U-Bahn habe ich in der einzigen U-Bahn in der Schweiz, inLausanne, noch zu Corona Zeiten , erlebt. Man konnte kein Fenster öffnen, es war sehr heiß und picke packe voll. Immerhin funktionierte eine Notbeleuchtung. Die Leute blieben total ruhig. Ich saß da als Einzige mit einer Maske und musste mich sehr zusammen reißen…
LikeGefällt 1 Person
Danke, Inga! Freut mich, dass dir der Beitrag gefallen hat. Ich glaube dir sofort, dass der Times Square vor Jahren noch etwas anders aussah. Ordentlich was los war da aber sicher immer schon 😎. @Stromausfall bzw. Abschaltung: kann ich mir lebhaft vorstellen, dass das bei den Schweizern total ruhig und gesittet abging trotz voller Waggons 😁. Da du selbst eine Maske getragen hast, war die Coronagefahr für dich ja überschaubar. Aber klar, unangenehm ist das schon, in einem vollen Wagen mit geschlossenen Fenstern eingesperrt zu sein. Man weiß halt auch im Vorfeld nicht, wann das ein Ende haben wird.
LikeGefällt 1 Person
17 Dollar für eine Dose Bier ist schon mehr als heftig ! Die haben sie ja wohl nicht mehr alle !
Danke fürs zeigen diesen gelungenen Tages !
LikeGefällt 1 Person
Immer gerne, Manni. Ja, der Bierpreis war happig. Die New Yorker sind aber anscheinend an das hohe Preisniveau gewöhnt und kaufen sich trotzdem ein Bier. Oder mehrere 😅.
LikeGefällt 1 Person
Also im Prinzip 17.-Euro für eine Dose Bier würde ich nicht bezahlen, aber die Amis müssen das ja selber wissen.
LikeGefällt 1 Person
So sieht’s aus 😎.
LikeGefällt 1 Person
Außer den wunderbaren Fotos + Texten dazu, diesmal ein echt cooler „flashback“ u.a. mit Grandmaster Flash (thanx, dass Du doch gelegentlich die sog. „weiterführenden Info-Links“ einbaust 👍😁) Wahrscheinlich irre, was die New Yorker in der Zeit seit den 80ern geschafft haben – und was immer noch unüberwunden ist (siehe letzte Videosequenz vs. Kommentar des einen Fahrgastes in Euerm unfreiwilligen sozio-psychologischen Feldexperiment in der U-Bahn!). Das gab sicher nochmal einen besonderen Blickwinkel auf Euer Domizil in der heutigen Bronx.
Übrigens, die Fotos zur Hip-Hop-Geschichte werden ab 2024 ein dauerhaftes Zuhause bekommen – das Hip-Hop-Museum, coming soon!
Die Sache mit den Preisen in USA ist tatsächlich für uns Europäer kaum fassbar (außer für regelmäßige Schweiz-Reisende). Da versteht man vielleicht etwas besser die aktuellen Berichte darüber, wie die amerikan. Mittelschicht under pressure gerät, geschweige denn diejenigen, die wenig haben. Wenn selbst die Brezel schon 5$ oder so kostet 😮💨
Von der Coolness und der Partylaune der Fans sollten sich die europäischen testosteron- und aggressionsgeladenen Hooligans massenweise Scheiben abschneiden.
Danke für die heutigen Einblicke ins daily life der New Yorker 👏😎
LikeGefällt 1 Person
Freut mich, dass du Spaß hattest mit diesem Beitrag inklusive Flash(back) 😎. Ja, in New York ist in den letzten Jahrzehnten eine Menge passiert, und doch gibt es immer noch viel zu tun. Dass es ab nächstem Jahr ein Hip-Hop-Museum geben wird, sind großartige News! Das werde ich mir irgendwann sicher auch anschauen. @Preise: ja, das ist für uns Europäer schon eine Herausforderung. Der Vergleich mit der Schweiz ist da sehr zutreffend! Werden wir in ein paar Tagen dann auch am eigenen Leib erfahren. @europäische Fußballfans: aber sowas von!
LikeLike
Wie schön, dass die Fans so friedlich miteinander feiern können und aus jeder Situation das Beste rausholen. Einen Grund zum Feiern gibt es doch immer, nicht wahr? 😉 Davon könnte sich die Dame in der U-Bahn eine Scheibe abschneiden. Es wäre doch schade, wenn wegen fünfzehn (!) Minuten Wartezeit die Messer gezückt worden wären. Schon krass, wie sehr sich solche an sich harmlosen Situationen hochschaukeln können. Oder – man weiß es nicht – es ist einfach nur die Lebensart der Bronx: rau und herzlich, und alles halb so ernst gemeint. Da kann man als Auswärtiger kaum durchsteigen 😉
Ach ja: ich hätte den NYPD glatt mitfotografiert…
LikeGefällt 1 Person
Absolut! Wer in Feierlaune ist, findet auch immer einen Grund dafür. Und das ist auch gut so 😁. Ja, bei manchen Zeitgenossen liegen echt die Nerven blank, auch bei Kleinigkeiten. Klar, die Dame konnte, wie der Rest von uns auch, nicht absehen, wie lange wir da drin „gefangen“ sein werden. Doch im Zweifelsfall, wenn es länger gedauert hätte mit der Abschaltung des Stroms, wären wir da rausgeholt und zu Fuß die paar Meter über die Gleise in den nächsten Bahnhof geführt worden. Vielleicht hatte sie aber auch einfach Platzangst? Wer weiß. Und ja, rau, aber herzlich passt absolut zur Bronx. @NYPD: das wäre eine zu pragmatische Lösung gewesen für meinen Perfektionisten 😁.
LikeGefällt 1 Person
Vielleicht hatte die Dame Platzangst, wer weiß. Jedenfalls gut zu wissen, dass es Menschen gibt, die einen bei den kleinsten Unwägbarkeiten gleich aufessen und aus den Knochen Werkzeug schnitzen würden… 😉
LikeGefällt 1 Person
Na das wäre ja wenigstens noch eine sinnvolle Verwendung, für die ich mich gerne zur Verfügung stelle 🤣. Irgendwann …
LikeGefällt 1 Person
Tröstlich, als Kamm oder Pfeilspitze weiterleben zu können lach
LikeGefällt 1 Person
Absolut! Endlich mal was mit Sinn und Verstand 🤣.
LikeGefällt 1 Person
Tolle Eindrücke, wie immer! Baseball wird wohl immer unverständlich bleiben. Ich war einmal bei den Detroit Tigers und wunderte mich über die langweilige, ereignislose Sportart. Bis plötzlich alle in frenetische n Jubel ausbrachen und das Spiel zu Ende war.
LikeGefällt 1 Person
Danke! Ja, zugegeben, Baseball erschließt sich dem arglosen Betrachter nicht so ohne Weiteres. Stefan hat selbst hier in Berlin lange Soft- und Baseball gespielt, und ich habe ebenso lange zugesehen. Von daher sind wir da nicht ganz so unbedarft. Das Spiel der Tigers muss dann ja wirklich öde gewesen sein, wenn selbst die Amis erst jubelten, als es (endlich) vorbei war. Aber ehrlich gesagt vermute ich hinter deiner subjektiven Wahrnehmung dann doch eher einen deiner gar nicht so seltenen Ironieausbrüche 😇.
LikeLike
Toller Bericht mit sehr schönen Bezügen zum realen Leben und wie immer klasse Fotos.
LikeGefällt 1 Person
Danke! Das freut mich.
LikeLike
Toll, toll wirklich, aber über die Bier-Preise müssen wir noch mal reden
LikeGefällt 1 Person
Danke! @Bierpreise: Ja, das wird wohl notwendig sein 😅!
LikeLike
Danke für die Flash Backs. Ich denke mal, so sieht es da heute nicht mehr aus… WaWo und die Kids waren damals im Madison Square Garden zum Basketball… Und war das Bier aus Plastikbechern auch schon teuer, ich glaube es waren 10$! Vor 13 Jahren…
LikeGefällt 1 Person
Nee, es hat sich doch einiges getan seitdem. @Bier: als ob es nicht schon schlimm genug wäre, das edle Gebräu aus Plastikbechern zu trinken! Nee, dann isses und war schon immer auch noch viel zu teuer 😂.
LikeLike