21. Februar 2023

Als ich morgens das Hotel für den üblichen Kaffee verlasse, begegnen mir als erstes zwei ramponierte Prinzessinnen und ein etwas zerrupfter Hahn. Die Mädels auf der Bühne um die Ecke schwingen bereits unverdrossen das Tanzbein. Vermutlich sind sie schon mitten in den Vorbereitungen für die Verbrennung der Sardine am morgigen Aschermittwoch.

Koffeingestärkt kehre ich ins Hotel zurück und packe meine Sachen. Denn heute ziehe ich um. So schön es im Hotel auch ist: eine Woche in der gleichen Unterkunft reicht mir. Für die zweite Woche dieser Reise soll es eine Wohnung sein. Sie liegt nur zwei Straßenzüge entfernt vom Hotel. Ich habe Glück und kann schon früher als üblich, nämlich schon gegen Mittag, einziehen.

Die Wohnung gefällt mir. Zwar habe ich nun keinen Meerblick mehr, aber als Ausgleich dazu eine schöne Bude mit einer Loggia, die man öffnen und somit zur überdachten Terrasse umfunktionieren kann. Auch liegt die Wohnung in einer deutlich ruhigeren Straße als das Hotel.

Da sich mein Gepäck in Grenzen hält, ist das Köfferchen schnell ausgepackt. Und schon bin ich wieder unterwegs. Mit dem Bus Nr. 60 fahre ich nach Playa Blanca, eines der drei klassischen Ferienzentren Lanzarotes. Playa Blanca, ganz im Süden der Insel gelegen, ist wie Costa Teguise und Puerto del Carmen ein reines Retortengebilde ohne gewachsene Ortschaft. Das Örtchen erscheint mir jedoch als Gesamtkonzept auf den ersten Blick ansprechender und idyllischer als die beiden anderen touristischen Zentren. Doch das ist nur mein subjektiver Eindruck.

Es ist heute hier zwar auch ordentlich windig, aber doch etwas wärmer als in Arrecife. Die 20-Grad-Marke wird definitiv gerissen. Ein paar Meter weiter südlich machen offenbar den Unterschied. Hier an der Küste ist heute klare Sicht, aber über den Bergen in der Ferne und über dem Meer ist es diesig. Das nahe Fuerteventura kann ich mehr erahnen als sehen.

Bevor ich losziehe, muss ich erst mal was essen. Als ich Popeye’s Sportsbar betrete, wird mir schnell klar, dass Playa Blanca scheinbar mehr zu England als zu Spanien gehört. Wenn hier ein Spiel der Premier League läuft, geht bestimmt ordentlich die Post ab! Frei nach dem Motto Is(s) mal was anderes entscheide ich mich für eine Jacket Potato mit Cole Slaw. Ich gönne mir den Spaß, auf Spanisch zu bestellen und bringe die britische Bedienung damit ein wenig ins Schwitzen.

Football’s coming home

Dann laufe ich in Richtung Westen zur Playa Flamingo und ein Stückchen darüber hinaus. Hier finde ich es trotz der rein touristischen Kulisse sehr charmant und vergleichsweise idyllisch. Recht ansprechende, flach gehaltene Hotel- und Apartmentanlagen ziehen sich die Küste entlang, viele mit ausladenden Poollandschaften. Dazu gesellt sich die übliche Infrastruktur in Form von Gastronomie, Klamotten- und Souvenirläden, flankiert von viel Flora und dem allgegenwärtigen Meer.

Wohnen und schlendern
Liegenschaften
Haltung zeigen
Pack die Badehose ein
Unter Palmen

Und wie ich da so meine Blicke schweifen lasse, finde ich endlich die Antwort auf eine Frage, die mich schon seit Beginn dieser Reise begleitet. Was zum Teufel hat es mit diesen überdimensionierten Wäscheklammern auf sich, die es in so vielen Läden hier gibt? Die passen doch auf keine Leine! Und nun endlich sehe ich sie in Aktion, wie sie in einträchtiger Zusammenarbeit mit den Poolliegen fluchtwillige Badehandtücher erfolgreich davon abhalten, mit dem nächsten Windstoß davonzufliegen. Ist diese Bildungslücke nun endlich auch geschlossen.

Zum Abschluss gibt es noch ein Eis auf die Hand, bevor ich zurück zum Hafen laufe und in den nächsten Bus zurück Richtung Arrecife steige.

Zwischenstopp in Yaiza. Mein Reiseführer pries es als das hübscheste Dorf auf Lanzarote. Der nächste Bus nach Arrecife kommt in einer Stunde. Wie sich herausstellt, reicht die Zeit auch völlig aus, das Dörfchen anzusehen.

Yaiza gefällt mir sehr, doch allzu viel zu sehen gibt es nicht. So trifft es sich gut, dass ich hier nicht extra hingefahren bin, sondern es nur „mitgenommen“ habe als Zwischenstopp, weil der Bus eh hier durchfährt. Aber wirklich unschlagbar ist die Lage Yaizas auf 200 Metern Höhe inmitten einer hügeligen Landschaft mit Panoramablick auf den Nationalpark Timanfaya, der im nächsten Beitrag Thema sein wird.

Im Kreisel
Überwuchert
Schöne Aussichten
Gerne als Zweitwohnsitz
Kunst und Handwerk

Flagge zeigen
Weit verzweigt

Wie ich da so durch das Dörfchen trabe, läuft mir innerhalb einer halben Stunde gleich drei Mal der gleiche ältere Herr über den Weg. Jedesmal grüßen wir uns freundlich. Und beim dritten zufälligen Treffen kommen wir kurz ins Gespräch, nachdem unser beider Gelächter abgeklungen ist. Ihm fehlten für seine täglichen fünf Kilometer noch ein paar Runden, lässt er mich wissen. Und das Dorf ist sehr klein. Deshalb begegnete er mir so häufig.

Zurück zur Bushaltestelle, wo ich auf den Bus nach Arrecife warte. Dieser kommt pünktlich – und fährt ungerührt an mir vorbei. Ja, ich habe mich deutlich bemerkbar gemacht! Und ja, der Busfahrer hat mich auch gesehen, aber bedauernd den Kopf geschüttelt. Und jetzt begreife ich: wenn alle Sitzplätze belegt sind, darf keiner mehr einsteigen. Während der Fahrt im Gang zu stehen, ist, vermutlich aus Sicherheitsgründen, nicht vorgesehen.

Mir geht eine Begebenheit auf der heutigen Hinfahrt durch den Kopf. Da hatte ein Junge, der einfach in der Mittelbucht des Busses stehen blieb, obwohl Sitzplätze frei waren, einen Anpfiff vom Busfahrer bekommen und sich dann artig hingesetzt. Doch da habe ich mir, da selbst nicht betroffen, noch keine Gedanken darum gemacht.

Was nun? Eine Stunde herumsitzen und auf den nächsten Bus warten? Da hier nichts weiter zu sehen und zu tun ist, bliebe mir nur, mich bis dahin sinnlos in der nächsten Bar zu betrinken 😅. Mit dem Risiko, dass mich der nächste Bus dann vielleicht auch nicht mitnimmt? Die Strecke ist nämlich, wie ich schon auf der Hinfahrt bemerkte, bei Einheimischen und Touristen sehr begehrt.

Nö, dann versuche ich doch lieber mein Glück am Taxistand in der Nähe des kleinen Rathauses. Dieser besteht aus genau einer Parkbucht. Das kann ja heiter werden. Doch ich habe Glück, denn gerade kommt ein Taxi um die Ecke gebogen. Das ist meins! Ende gut, alles gut. Na ja, fast.

Wieder zurück in Arrecife, schnappe ich mir meinen Rucksack und laufe zum nächsten Supermarkt. Ich habe außer einer halben Flasche Wasser nichts weiter an Vorräten. Denn ich bin ja erst heute eingezogen und dann gleich auf die Piste gegangen.

Es kommt, was kommen muss. Der Laden ist geschlossen! Genau wie alle anderen Supermärkte und wohl die allermeisten Restaurants der Stadt, wie mich eine nette Einheimische wissen lässt. Rosenmontag und Aschermittwoch hatte ich Banause ja noch auf dem Schirm. Aber dass der Faschingsdienstag als arbeitsfreier Brückentag fungieren könnte, um bloß nicht aus dem Feiertaumel zu geraten, kam mir nicht in den Sinn.

Was nun? Das frage ich mich binnen kurzer Zeit zum zweiten Mal. Nun droht ein elementarer Versorgungsnotstand. Geht es doch nicht nur um das heutige Abendmahl, das ich notfalls entbehren könnte, sondern auch um das morgige Frühstück. Denn morgen früh werde ich schon um 8 Uhr zu einer geführten Tour abgeholt. Und davor ist hier definitiv kein Laden offen, wo ich welche Art von Frühstück auch immer reißen könnte. Und ohne Frühstück stundenlang unterwegs? Nö!

Meine Rettung ist der China-Späti neben meinem ehemaligen Hotel. Dort erstehe ich ein Instandnudelgericht für heute Abend und Milchbrötchen und Marmelade für morgen früh. Das sollte genügen, um meine Existenz zumindest vorübergehend zu sichern. Leben am Limit 😁.

Notverpflegung

16 Gedanken zu “Lanzarote – Leben am Limit

  1. Danke für deinen schönen Bericht! Bei Playa Blanca habe ich mir nur den berühmten Papagayostrand angeschaut, bin eine Runde spazieren gegangen und dann zurück gefahren. Im Ort herrschte wahnsinnig viel Verkehr. Da fand ich es nicht schlimm, dass ich keinen Parkplatz fand und bin durchgefahren.
    In Yaiza war ich auf der Rückfahrt von El Golfo. Am Sonntagmittag war das Dorf wie ausgestorben. Nur eine Bar an der Hauptstraße hatte geöffnet und da steppte der Bär. Ich kehrte dort ein und habe sehr gut gegessen.
    Hoffentlich hast du am nächsten Morgen noch einen Kaffee bekommen! Bin gespannt wohin dich der Ausflug geführt hat.

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    1. Dann hast du ja auch noch ziemlich konkrete Erinnerungen an deine Zeit auf Lanzarote! Das mit dem Kaffee am nächsten Morgen hat nicht geklappt. Ich musste darben bis zum Nachmittag, aber das war nicht so wild. Immerhin hatte ich ja das Junk Food zum Essen 😅.

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  2. Ha, danke für deinen tollen Bericht! Ich konnte soviel „wiedererkennen“: in dieser ominösen, sehr britischen Sportsbar haben wir uns Kaffee und Eis gegönnt, nachdem wir nach unserer Inselquerung in Playa Blanca angekommen sind. Und auch der volle Bus! Unterwegs konnte auch bei uns niemand zusteigen. Yaiza ist hübsch, so wie die meisten Örtchen auf Lanzarote. Bin gespannt, was du als nächstes erlebst. Liebe Grüße!

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    1. Der Papagayo Strand liegt ziemlich weit außerhalb und ist schlecht bis gar nicht mit den Öffentlichen zu erreichen. Von der Bushaltestelle am Hafen von Playa Blanca aus wären es zu Fuß mehr als acht Kilometer gewesen pro Strecke. Das wäre dann ja fast in einen (gesonderten) Tagesausflug ausgeartet, und das nur für einen Strand 🤷🏽‍♀️.

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  3. Na sowas, da gibt es auf Lanzarote so viele tolle Fischrestaurants, und man gibt dir nix davon ab? Da wäre ich auch frustriert… dabei brauchst du doch Energie, um die vielen Gehschritte absolvieren zu können 😉 Die Wohnung sieht schick aus. Und eine ruhige Lage kann sehr entspannend sein. Action scheint es auf der Insel ja genug gegeben zu haben 🙂

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    1. Ansonsten haben mir die Insulaner immer sehr bereitwillig was von ihrem Futter abgegeben. Doch beim Karneval ist Ausnahmezustand 😁. Ja, die Wohnung war richtig klasse, auch ohne Meerblick. Man kann halt nicht immer alles haben. Ja, stimmt, Action hatte ich ansonsten genug, aber zum Glück nicht zu viel!

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