16. September 2022
Nasenkorrekturen und Haartransplantationen scheinen in Istanbul ein bedeutender Wirtschaftszweig zu sein. Weshalb sonst begegnen uns auch an diesem Morgen auffallend viele einschlägig mit Verband und Pflaster dekorierte Damen und mit unverhüllten Kopfwunden gezeichnete Herren?
Bevor wir uns ins Getümmel werfen, muss noch der obligatorische Kaffee her. Ich hätte es nicht gesondert erwähnt, wenn auf uns nicht dieses originelle Sitzmöbel gewartet hätte. Was würde besser zu einem Reise-Junkie wie mir passen?

Kurz nach neun Uhr stehen wir in den Startlöchern, sprich vor den Toren des Topkapi-Palastes. Das ist auch gut so. Zu Beginn unserer Besichtigung hält sich der Andrang noch in Grenzen. Wir sind auch schnell drin. Doch dann wird es von Minute zu Minute voller.

Kurz und knackig ein paar Worte zu dem Palast, der mehr als vier Jahrhunderte als Zentrum der osmanischen Weltmacht fungierte. Auf rund 700.000 Quadratmetern erstreckt sich die im 15. Jahrhundert erbaute Anlage, gruppiert um insgesamt vier Höfe. Zeitweise lebten hier bis zu 5.000 Menschen. Hier lebte der Sultan mit seiner Haremsfamilie. Von hier aus wurden sämtliche politischen und wirtschaftlichen Geschäfte gelenkt.
Trotz ihrer Größe wirkt die Anlage mit ihren sehr unterschiedlichen Baustilen alles andere als monumental. Im Gegenteil! Durch die mehrheitlich filigrane, maximal zwei Stockwerke hohe Architektur wirkt sie leicht, luftig, hell und wunderschön. Die großzügigen Grünflächen und Gartenanlagen und der Umstand, dass zwischen den Gebäuden ordentlich Abstand gehalten wurde, verstärken diesen Eindruck.


Unser erster Weg führt uns in den Küchentrakt. Wo Tausende von Menschen leben, muss auch für das leibliche Wohl gesorgt werden. Freilich wurde auch hier im Detail auf Baukunst und Ästhetik geachtet. Besucher der Neuzeit indes erfreuen sich an der Möglichkeit, zwischendurch stilvoll beschattet Platz nehmen zu können.



So manchen Besucher indes scheint das hier Gebotene entweder nicht sonderlich zu interessieren oder sehr zu erschöpfen. So setzt jeder seine Prioritäten anders.

Besonders der letzte Hof mit seinen Gartenanlagen, Gebäuden und Aussichten hat es uns angetan. So verweilen wir hier etwas länger.




Ein Highlight der Palastanlage haben wir uns für den Schluss aufgehoben. Noch einmal kurz durch die Massen gewühlt …

… und dann hinein mit uns in den Harem und damit in die Privatsphäre des Sultans und seiner Söhne. Andere Männer waren hier selbstredend nicht willkommen, mit einer Ausnahme: dem Schwarzen Eunuch, Hüter über Hunderte von Frauen, die hier gehalten wurden. Ja, ich wähle hier bewusst eine Formulierung, die man sonst für Haustiere verwendet. Die eigentliche und gar nicht geheime Chefin des Ganzen war jedoch die Sultansmutter.
Auf 6.700 Quadratmetern waren mehr als 300 Räume untergebracht. Wir als heutige Besucher bestaunen luxuriöse Bäder, prächtige, riesige Aufenthaltsräume, aber auch die Enge, in der die Frauen hier leben mussten. Artgerecht? Das darf bezweifelt werden. Denn großzügig bemessen waren lange nicht alle Räume. Aber auch hier gilt, wie bei allen anderen Gebäuden der Anlage, die wir heute sehen durften: die Architektur, die Gestaltung der Räume, das Design sind eine Augenweide.







Auf dem Weg zum Ausgang fangen wir noch ein paar lohnenswerte Fotomotive ein, …




… und verlassen nach etwas mehr als dreieinhalb Stunden das wirklich tolle Areal des Topkapi-Palastes. Auf dem Weg hinunter zum Bosporus durchqueren wir den Gülhane Park, setzen uns dort ein wenig in den Schatten und betreiben Sozialstudien. Wirklich interessant, was uns da so alles vor die Linse hüpft!



Anschließend lassen wir uns durch die Gassen bis zum Fähranleger von Eminönü treiben, schauen uns dort noch ein wenig um …


… und überqueren schließlich die Galatabrücke zur Abwechslung einmal auf der unteren Ebene hinüber ins Hafenviertel Karaköy. Dort schlendern wir durch lauschige, kleine Sträßlein, die mit einer großen Auswahl an Cafés und Restaurants gespickt sind, Street Art inklusive. Dort lassen wir uns beim Libanesen nieder, um ein spätes Mittagessen zu genießen.



Von dort aus ist es nicht mehr weit bis nach Hause. Wir müssen lediglich unseren Hausberg hinauf kraxeln, begleitet von Istanbul-typischen Begleitumständen.


Nach ein, zwei Stündchen Pause in unserer Wohnung ziehen wir am frühen Abend wieder los. Die Galatabrücke mit Umgebung ist unser Ziel, mal wieder. Stefan baut hier und da sein Stativ auf und bannt diverse Nachtaufnahmen auf seinen Speicherchip. Ich assistiere, betreibe nebenbei meine Sozialstudien und genieße die Ausblicke auf die Stadt, die Schiffe und den Bosporus in der einbrechenden Dämmerung. Hier und jetzt herrscht eine richtig tolle Atmosphäre in dieser ansonsten so hektischen Stadt. Mit diesen drei Fotos von Stefan verabschiede ich mich für heute in den Feierabend. Bis morgen!



Traumhaft schön der Top Kapi Palast! Und die Aufnahmen sind toll, nicht zuletzt Stefans Nachtaufnahmen. Nicht ganz sicher bin ich mir, ob es mir in Istanbul heutzutage gefallen würde, sieht doch sehr wuselig aus …
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Danke, Inga! Ja, der Palast ist wirklich sehr beeindruckend. Und was die Menschenmassen angeht: nun, vielleicht haben wir mit dem September als einem der Hauptreisemonate für Städtereisen generell einfach nur den falschen Zeitpunkt gewählt. Wer weiß?
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Toller Bericht. Besuchen wir vielleicht schon dieses Jahr via Womo. Der Koffersessel ist der Hammer. Herzlichen Gruß Lore
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Danke! Ja, den Koffersessel hätte ich am liebsten gleich mitgenommen 😁. Euch viel Spaß in Istanbul! Je nachdem, wie weit ihr euch mit dem WoMo in die Stadt hinein wagen wollt, braucht ihr gute Nerven und ein dickes Fell.
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Kann ich mir vorstellen 😊
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Karaköy ist gegen Abend ein richtig tolles Viertel. Doch in der Hauptsaison wird es vermutlich noch voller dort als sonst. Die Nachtbilder sind sehr gut gelungen.
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Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Voll war es auch schon am Nachmittag, aber abends bestimmt noch ein wenig mehr 😅. @Nachtbilder: danke! Gebe ich gerne an Stefan weiter.
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Tolle Eindrücke
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Danke!
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diese Blogs von Elke sind immer wieder herrlich zu lesen. Dieser Koffersessel hätte mir auch gefallen. Am meisten haben mich aber die herrlichen Abendfotos von Stefan beeindruckt. Der Meister war am Werk! Großartig!
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Danke, Andrea!
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Sehr schön! Gab es nicht im Topkapipalast ein Museum, in dem der Bart des Propheten ausgestellt wird? Also, ein Haar aus dem Bart von Mohamed? Angeblich. Oder so.
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Ha, da hast du mich jetzt aber auf dem falschen Fuß erwischt! Durch die musealen Ausstellungen im Palast sind wir eher nur, äh, oberflächlich geschlurft. So haben wir Kulturbanausen dann offenbar das famose Barthaar versäumt.
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Ts ts ts. Dabei ist das angeblich das Haar, auf das so viele beim Barte des Propheten schwören.
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Ich schwöre grundsätzlich nur auf mich selbst. Da weiß ich, was ich habe – oder eben nicht 🙈.
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