15. – 16. November 2021

Der heutige Vormittag bleibt mir noch für Córdoba. Auch heute begrüßt mich ein strahlender und gleichzeitig kühler Morgen. Schnell in die Jacke geschlüpft und los!

Córdoba ist ganz still morgens. Das fiel mir schon gestern auf. Doch ein ungewohnter Sound, der am Wochenende fehlte, mischt sich wenig später darunter: Bauarbeiten mit Presslufthammer-Soli. Werktag eben! Mehrere Male winke bzw. lotse ich Autos durch die für sie viel zu engen Gassen. Reifen quetschen sich vorbei, nur eine Haaresbreite von den Bordsteinkanten entfernt. Es sind wohl in der Mehrzahl Touristen, die ihre Fahrkünste überschätzt haben.

Heute will ich mich noch ein wenig außerhalb des Altstadtkerns umsehen. Bald erreiche ich die Plaza de las Tendias. Hier geht das klassische touristische Epizentrum in das normale Córdoba der Bewohner über. Eine Rundherum-Aufnahme des sehenswerten Platzes scheitert an dem schon aufgebauten Weihnachtsmarkt 😅. Doch hier und da drücke ich dann hier und in den angrenzenden Querstraßen auf den Auslöser.

Budenzauber
Theatralisch
Beflügelt

Wenig später erreiche ich die Haupteinkaufsmeile der Stadt, die Gran Capitán. Hier dominieren Zweckbauten. Aber dennoch strahlt die Fußgängerzone mit ihrem breiten, baumbestandenen Mittelstreifen Behaglichkeit aus. Einige Cafés, ein Springbrunnen, kleine Verkaufsbuden und ein mobiler Büchermarkt bereichern die Szene. Die Gegend lädt ein, sich niederzulassen.

Belesen

Zurück durch die Gässchen der Altstadt. Ich entdecke immer wieder neue, verschlungene Pfade. Auch jetzt, am späteren Vormittag inmitten des touristischen Zentrums, ist immer noch deutlich weniger los als am Wochenende. Gegen Mittag checke ich aus dem Hotel aus. Meine schwarze Katzenschar hat sich zum Schlussakkord von zwei auf fast bedrohliche vier verdoppelt. Es ist eindeutig. Sie wollen mich loswerden! Zeit, dass ich verschwinde.

Zu Fuß zum Bahnhof. Dort staune ich über das witzige und sehr praxisorientierte Schema eines Wagenstandsanzeigers. Name und Aussehen des Zuges geben Auskunft darüber, an welcher Stelle welcher Wagen halten wird. Verwirrungen wie bei der Deutschen Bahn mit ihren ständigen Änderungen der Wagenreihenfolge sind hier unbekannt.

Logisch!

Ein Hochgeschwindigkeitszug japanischer Bauart, der in Barcelona startete, bringt mich in knapp 40 Minuten ins rund 140 Kilometer entfernte Sevilla.

Im Schnabel der Ente

In Andalusiens Hauptstadt angekommen, besteige ich gleich ein Taxi, das mich in mein Hotel bringt. Ich checke kurz ein und mache mich gleich auf den Weg in die Stadt. Etwa 15 Minuten Fußweg trennen mein Hotel von der Innenstadt auf der anderen Seite des Guadalquivir, der als einziger befahrbarer Fluß Spaniens mitten durch Sevilla fließt.

Ich gebe ordentlich Gas. Denn ich habe Hunger! In der Innenstadt angekommen, stürze ich, aufgrund meines akuten Mangelzustands wenig wählerisch, gleich ins nächstbeste Restaurant. Was habe ich gerade einen Jieper auf Spaghetti 😂! Dem gebe ich nach und bin im Anschluss dann gleich wieder entspannter.

Ich lasse mich einmal quer durch die Altstadt treiben, um die Lage zu sondieren und mir einen groben Überblick zu verschaffen. Nein, keine Fotos. Die Kamera ist im Hotel geblieben. Morgen ist auch noch ein Tag! Nur einmal zücke ich mein Handy, weil die Abendstimmung gar zu schön ist.

Goldturm

Zurück auf „meine“ Flussseite. Nach einem kurzen Stopp im Supermarkt stelle ich fest, dass ich hier in einem wirklich netten, total untouristischen Viertel gelandet bin. Mein Hotel scheint auch weit und breit das einzige hier zu sein. Die benachbarte Calle Asunción entpuppt sich am frühen Abend als wirklich nette Fußgängerzone mit Läden, Cafés und Kneipen.

Wie es im Süden ja so üblich ist, spielt sich auch hier das Leben auf der Straße ab. Lebhaftes, fröhliches Geschnatter tönt aus allen Ecken. Alles, was Beine, Kinderwagen, Rollatoren oder Rollstuhl hat, mischt hier mit. Von 0 bis 99 sind gefühlt alle Altersklassen vertreten.

Ein Besuch in der Dulceria (Süßwarenladen mit Sitzgelegenheit), gefolgt von einem Stopp in der nächsten Cervezeria (bierlastige Bar) ist kein Widerspruch! Churros und Schokolade gehen immer, auch abends. Und hinterher ein Bier und ein paar Tapas. Ansonsten wimmelt es hier nur so von Jungfrauen. Zumindest lassen das die Namen einiger Querstraßen vermuten, die alle mit Calle Virgen de … beginnen. Na dann gute Nacht!

Am nächsten Morgen stürze ich mich voller Tatendrang ins Stadtgetümmel. Doch zuvor muss ich wieder die flüssige Lebensader der Stadt mit ihren phänomenalen Ausblicken überqueren.

Größe zeigen
Verschifft

Ich bin heiß auf Sevilla! Ein paar Worte vorab: Die mit knapp 700.000 Einwohnern viertgrößte Stadt Spaniens vibriert, aber ohne jeglichen Anflug von Hektik. Alt und neu strahlen in harmonischer Eintracht und in ganz eigener Mixtur um die Wette. Die quirlige Studentenszene bringt ihr ganz eigenes Flair mit ein. Ich nehme es vorweg: Sevilla haut mich um, und zwar im besten Sinne! Wie gut, dass ich hier gleich mehrere Tage eingeplant habe.

In voller Pracht
Etagere
Im Kasten
Vom Kloster zum Rathaus

Spontan ist mir zwischendurch nach einer heißen Schokolade. Was mir serviert wird, ähnelt dann aber doch mehr einem Pudding als einem Getränk 😂! Lecker ist es trotzdem.

Schokopudding

Weiter geht’s. Und immer, wenn ich denke, es könne nicht noch schöner werden, überrascht mich die Stadt und beweist mir das Gegenteil.

Figürlich
Mit Ausblick
Traum in Rosa

Anschließend verschlägt es mich ins alte Judenviertel, das Barrio Santa Cruz. Was für ein Kleinod! Ich packe den Stadtplan weg und lasse mich ziellos durch die Gässchen treiben, bis ich …

Sichere Bank
Verkuppelt

… an der Casa de Pilatos am gleichnamigen Platz ankomme. Der edle Stadtpalast mit seinen lauschigen Innenhöfen und dem wunderschönen Mudéjardekor zieht mich eine ganze Weile in seinen Bann. Und falls euch der Anblick bekannt vorkommt: die Casa diente einst als Filmkulisse für ‚Lawrence von Arabien‘.

Wo ist Pontius?
Säulen und Bögen
Licht und Schatten
Jetzt aber zackig!

Nun bin ich reif für ein Mittagessen. Ich habe Glück und bekomme ohne längere Wartezeit ein Plätzchen in der Tapas Bar Brunilda, die ich dank des Tipps von John ganz gezielt aufsuche. Witzigerweise stand sie auch auf Jorges Empfehlungsliste, die ich euch bereits in meinem Beitrag über Granada gezeigt hatte. Was soll ich sagen? Lecker war’s!

Risotto vom Feinsten

Nun muss dringend ein Verdauungsspaziergang her! Nichts leichter als das, denn die Stadt bietet geradezu unendlichen Auslauf. Auf meinem Weg liegt unter anderem die berühmte Kathedrale, die frei nach dem Motto ‚Lasst uns ein derart großartiges Gebäude bauen, dass diejenigen, die es sehen, uns für verrückt erklären‘ zum größten gotischen Kirchenbau der Welt avancierte.

Alten andalusischen Traditionen folgend, wurde sie auf dem Areal einer früheren Moschee errichtet. Von dieser ist das Wahrzeichen der Stadt, die Giralda, übrig geblieben. Und so schulte sie von Minarett zu Glockenturm um. Wusstet ihr, dass dieser 97 Meter hohe Turm keine einzige Treppe hat? Stattdessen wurden 35 Rampen eingebaut, die so breit angelegt wurden, dass der Sultan auf seinem Pferd bis nach oben reiten konnte.

Steinerne Unendlichkeit
Hoch auf dem gelben Wagen
Rochade
Giralda

Auf all diese Herrlichkeit muss ein Stück Kuchen her. Es sah zwar deutlich besser aus als es schmeckte, doch das soll mir den Nachmittag nicht vermiesen. Zudem sitze ich in dem schönen Café draußen bei immer noch lauschigen 20 Grad.

Mehr Schein als Sein
Wohltemperiert

Auch auf dem Rückweg zum Hotel, vorbei am Hotel Alphonso und Teilen der Universität, bleibt mir nichts ‚erspart‘. Hier noch ein tolles Fotomotiv! Und da! Und dort! Fast nicht zum Aushalten 😅.

Übers Eck
Im Glanze sonnen
Holde Schönheit

Im Hotel lege ich eine einstündige Siesta ein, damit ich für das heutige Abendprogramm fit bin. Am frühen Abend mache ich mich wieder auf den Weg in die Stadt. Ich habe heute morgen spontan eine Karte für einen Flamenco-Abend in der Casa de la Memoria erstanden.

Dort erlebe ich dann den ultimativen Einstieg in die hoch emotionale Welt des Flamenco mit all seiner Verzweiflung, Wut und unbändiger Lebensfreude. Ein Abend mit ganz viel Gänsehaut! Das schnelle Klackern der Schuhe bei dem wahnwitzigen Bewegungstempo hallt noch eine ganze Weile in mir nach. Eine sehr intensive Stunde, die sich mehr als gelohnt hat. Danke, John, auch für diesen Tipp!

Unbedingt ansehen!

Als ich danach, noch völlig benommen, wieder auf die Straße trete, hat die Dunkelheit der Nacht das Ruder übernommen. Doch die mächtige Kathedrale strahlt mit den Buden des Weihnachtsmarktes um die Wette, als gäbe es kein Morgen. Was für ein Tag ♥️!

Königin der Nacht

13 Gedanken zu “Córdoba und Sevilla – Spieglein, Spieglein an der Wand …

  1. Hat Spaß gemacht deinen Bericht zu lesen! Besonders Sevilla sieht traumhaft aus. Eine ähnliche Tour hatte ich mir auch schon überlegt, habe mich dann aber nicht getraut. Jedenfalls lese ich bei dir sehr interessiert mit.
    Das mit den vermaledeiten Weihnachtsmärkten kenne ich auch von meiner Lübeckreise. Die Dinge standen beim Fotografieren immer mächtig im Weg und eine der Attraktionen war geschlossen, weil im Innenhof gerade aufgebaut wurde .

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    1. Freut mich, dass dir der Bericht gefallen hat! Was lässt dich denn konkret zögern, die Tour, die dir vorschwebt, zu machen? Andalusien ist gut zu erreichen und ganz easy zu bereisen. Auch was Corona betrifft, so habe ich mich dort deutlich wohler gefühlt als zuhause in Berlin 😅.

      Ja, die Weihnachtsmärkte als Hindernis werden zu den einschlägigen Saisonzeiten überall zum Running Gag 😁.

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      1. Hauptsächlich wollte ich nach Cordoba, hatte aber die praktische Flugverbindung über Malaga nicht auf dem Schirm. Und so war mir alles zu umständlich. Am liebsten wäre mir ein zentraler Ort in Andalusien, von dem alle weiteren Ziele auf Tagestouren erreichbar sind, aber den gibt es wohl nicht. Und schließlich spielte auch Corona eine Rolle, obwohl die Zahlen in Spanien nicht so hoch waren. Ich stelle immer wieder fest, dass mir in dieser Lage das Wandern mehr Spaß macht als Stadtbesichtigungen. Manchmal vergesse ich den Virus für eine Zeit beim Laufen, das funktioniert in der Stadt natürlich nicht.
        Momentan plane ich die Fortsetzung des Schweizer Jakobswegs bis zur französischen Grenze nach Ostern. Hoffentlich spielt das Wetter mit.

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        1. Ein fester Standort für Tagestouren wäre für leidenschaftliche Autofahrer, denen es nichts ausmacht, bis zu 150 km pro Strecke zu fahren, wohl machbar. Mir wäre das aber zu hektisch und auch zu wenig Zeit jeweils vor Ort. Was Corona betrifft, so hat da jeder seine eigenen Schmerzgrenzen. Ich denke da nicht ständig dran, wenn ich unterwegs bin. Wenn ich irgendwo rein gehe, setze ich eben die FFP2 auf. Das ist mittlerweile für mich so ein selbstverständlicher Routinegriff geworden, dass ich da gar keinen weiteren Gedanken daran verschwende. Und da ich ja meistens draußen unterwegs bin, ist es eh nur selten ein Thema. So viel Gedränge (auch draußen) wie in Berlin habe ich z.B. auch in Andalusien nie erlebt. Ich drücke die Daumen für gutes Wetter auf dem Jakobsweg!

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  2. Schöner Beitrag. Danke fürs Mitnehmen auf deinen Spaziergang. Irgendwie geht es mir mit Sevilla wie dir mit Georgien – ich glaube, meines wäre es nicht, aber ich freue mich auf jeden neuen Beitrag. Vielleicht müsste man die Orte selbst mal gesehen haben, das Gefühl vor Ort ist sicher ein ganz anderes.

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    1. Wie gut, dass die Geschmäcker verschieden sind! Sonst wäre es an manchen Orten noch voller 😎. Klar, da ist was dran: etwas über einen Ort zu lesen und Fotos davon zu betrachten ist was ganz anderes, als selbst live vor Ort zu sein.

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    1. Ja, die Architektur dort ist einfach nur zum Niederknien! Und der Kuchen war zwar groß genug, war aber ziemlich geschmacksneutral bei gleichzeitiger Überzuckerung. Dass der so winzig wirkt, liegt vor allem an dem riesigen Teller, der wohl für all die unnötige Deko drumherum genommen wird 😅.

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