Auch wenn der Balkon vor meinem Motelzimmer einen unschlagbaren Blick auf das Städtchen und den Lake Wakatipu bietet, schaffe ich es dennoch, mich loszueisen. So lasse ich mich denn am frühen Vormittag den Hügel hinabrollen nach downtown Queenstown. Die Uhrzeit hat den Vorteil, dass die Partyopfer von gestern Abend und auch die Busladungen mit den Pauschaltouristen noch nicht am Start sind.

Wenn es noch nicht so überlaufen ist, ist Queenstown ein hübsches, kompaktes, fast gemütliches Städtchen mit einer schier unschlagbar schönen Lage am See. Auch wer keine Überdosis Adrenalin beim Extremsporteln sucht, kann hier eine Menge unternehmen. Wäre ich länger hier, würde ich mir einen der Wanderwege aussuchen und ablaufen. Hier ein paar Eindrücke:

Der Vormittag schreitet voran, der Rest der Welt erwacht zu neuem Leben und flutet die Gässchen und Uferpromenaden.

Das ist der Startschuss für mich, mich ein wenig stadtauswärts am Seeufer entlang treiben zu lassen.

Danach kurzer Zwischenstopp im Motel, wo ich kurze Zeit später vom Bus aufgegabelt werde. Ich habe eine Halbtagestour zum anderen, ruhigeren Ende des Lake Wakatipu nach Glenorchy gebucht. Glücklicherweise bin ich die Erste, die eingesammelt wird. Und so reiße ich mir den besten Platz in der ersten Reihe auf der linken, dem See zugewandten Seite mit Panoramablick durch Front- und Seitenscheibe unter den Nagel, bevor eine 25-köpfige israelische Reisegruppe den Bus entert. Es steigen noch ein paar weitere Fahrgäste zu, und flott geht es los.

Ich habe ja gestern schon den südlichen Teil des Sees auf der Strecke von Kingston bis Queenstown genießen dürfen. Heute ist die gesamte Reststrecke bis zum nördlichen Ende dran. Auf 84 Kilometern Länge, die der See insgesamt zu bieten hat, sieht das dann so aus:

Nun, ich bin wahrlich schon an unansehnlicheren Landschaften vorbeigefahren!

Eine Stunde später landen wir in Glenorchy, gerade mal 50 Kilometer vom quirligen Queenstown entfernt, und doch in einer völlig anderen Welt. Die große Reisegruppe hat hier zum Glück andere Pläne, so dass auf meiner Tour eine angenehm überschaubare internationale Truppe übrig bleibt. Es sind auch nur zwei Chinesen dabei, was zwar anstrengend für den Guide, aber erträglich für uns Gäste ist. Zum Thema „Chinesen auf Reisen“ oder „Wie benehme ich mich erfolgreich daneben“ vielleicht ein anderes Mal mehr …

Glenorchy liegt an der Stelle, an der der wilde und weit verzweigte Gletscherfluss, der Dart River in den See mündet. Doch bevor wir uns in die Fluten stürzen, geht es erst einmal zu Bildungszwecken in den Wald. Hier hören wir nicht nur eine Menge zum Ökosystem und seinen Zusammenhängen, sondern sehen auch wieder den einen oder anderen Drehort von „Herr der Ringe“. Einer der riesigen Bäume ist innen hohl und begehbar. Von innen sieht er in etwa so aus, wie ich mir meine Speiseröhre vorstelle …

Die traumhaft schöne Umgebung von Glenorchy ist auch bei Hollywood schwer angesagt. Nicht nur Szenen aus „Herr der Ringe“, auch zum „Hobbit“, X-Men Wolverine“, „Chroniken von Narnia“ und „Mission impossible“ wurden hier vor der imposanten Bergkulisse gedreht. In „Vertical Limits“ war das Basecamp für den K2 ebenfalls hier angesiedelt.

Ehrlich überrascht bin ich jedoch davon, dass die Werbung für eine allseits bekannte europäische Schokolade ebenfalls hier gedreht wurde, weil es hier mehr nach Alpen aussieht als das europäische Original!

Nach dem Bildungsteil steht der Vergnügungspart an. Und was für einer! Vor mir liegt die geilste Bootsfahrt, die ich je gemacht habe! Schnell die Rettungsweste übergestülpt, rein ins Jetboat …

… und dann losgeheizt! Der Fahrer gibt ordentlich Gas, aber dennoch kann man sich während der Fahrt in Ruhe die tolle Umgebung anschauen. Nur das Fotografieren wird zur Herausforderung. Und so beschränke ich mich darauf, die Kamera nur bei den kurzen Zwischenstopps zu zücken. Sie duscht halt so ungern!

Beeindruckend ist auch dieser riesige greenstone, eine Art Jade, der hier in der Gegend zu finden ist. Puh, der war ganz schön schwer!

Bei all den vielen tollen Sachen, die hier zu sehen sind, darf man dennoch nicht an Aufmerksamkeit nachlassen. Denn wenn der Fahrer seinen rechten Arm mehrmals über seinem Kopf kreisen lässt, heißt es „Festhalten“! Wer will schon bei den waghalsigen Spins, die dann folgen, hochkant aus dem Boot fliegen? Klatschnass werde ich trotzdem jedes Mal, aber die Klamotten trocknen bei den Temperaturen und dem Fahrtwind im Nu. Ist ja nur Wasser. Richtig spannend wird es, als der fünfjährige Noel den Fahrer fragt, ob er wohl auch mal eine Acht fahren könnte. Das lässt der natürlich nicht auf sich sitzen und legt noch eine Extrarunde ein. Das war wirklich ein Riesenspaß heute Nachmittag!

Im Bus zurück erfreue ich mich wieder am Anblick des Lake Wakatipu, fülle meinen hungrigen Magen beim Mexikaner in Queenstown und verbringe den Abend geriatrisch ruhig auf dem Balkon mit Aussicht. Was für ein Tag!

10 Gedanken zu “Tag 27 – Queenstown, Glenorchy und nasse Action

  1. Was für ein Tag, da kann ich nur zustimmen. Hammerwetter und -fotos. Da schrieen ja förmlich einige Wölkchen nach Langzeitbelichtung.
    @Chinesen: na bei dem Cliffhanger sind wir jetzt echt gespannt auf mehr. Was sich vielleicht schneller klären lässt: warum haben die alle Kopfhörer auf? Eigene Musik oder einen Simultanübersetzer ala Enterprise?
    @Hollywood und Werbung: tja alles fake (news), ich wusste es immer.

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    1. Danke 😘! Ja, in Sachen Langzeitbelichtung wärst du da voll auf deine Kosten gekommen. @ Kopfhörer: die waren nur für die beiden Chinesen, weil sie kein Englisch verstanden. Keine Simultanübersetzung, wohl nur ein vorgefertigter Text mit Infos zum jeweiligen Standort. Vielleicht auch mit Musikuntermalung? Das würde erklären – aber nicht rechtfertigen -, warum sie ständig lauthals mitten in die englische Livemoderation reinquatschten oder vielmehr brüllten. Warum sollten auch die anderen Teilnehmer der Tour irgendwas mitkriegen dürfen, wenn man selbst kein Englisch versteht … @ Hollywood: so sieht das aus!

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  2. Warum über die Chinesen meckern? Gefühlt sind das mindestens ein Viertel der gesamten Menschheit (also nicht nur in China selbst), und somit machen die mit Sicherheit alles richtig. So wie die Engländer außerhalb Ihrer Heimat oder die Deutschen auf Mallorca….
    Immer nur Schlechtreden!

    🙂

    p.s.: musste beim Lesen gerade an WaWos Malaysia-Urlaub denken. Jo man!

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  3. Abenteuer im Hobbit Land und Elke im Geschwindgeitsrausch 👍🏻👍🏻😂Ein toller Tag.Dem alten Sack war wohl übel nach der Bootsfahrt, läßt sich gar nicht blicken. Ja, die lila Kuh is ein Kiwi…..und die Alpen woanders, bin entsetzt 😜

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    1. Der Sack hat sich den ganzen Tag nicht blicken lassen. Das ist dem alles über den Kopf gewachsen! Der arme Kerl ist sicher froh, wenn er wieder in Ruhe zuhause neben seinem Eiffelturm auf dem Sideboard stehen darf. @ Milka: vielleicht sollten die wirklich mal die Kuh durch einen Kiwi ersetzen! Wäre doch nur konsequent 😎.

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  4. Wow, wieder so schöne Aufnahmen. Meine Favoriten: das Elke-Foto, die drei darunter und das letzte. Wunderschön.
    Sehr erstaunt war ich über den „Vertical Limit“- Drehort, bin ich doch naiverweise davon ausgegangen, dass das auch beim K2 gedreht wurde. Hollywood wieder.🙄

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