27. – 28. August 2022

Heute spendiert uns Helsinki Sonne satt bei 23 Grad. Fünf oder sechs Grad mehr, garniert mit Sonnenschein, machen einen gewaltigen Unterschied.

Wir starten unsere Tour beim Amos Rex, dem unterirdischen Kulturzentrum, das ihr schon aus diesem Beitrag kennt. Bei heute deutlich besseren Lichtverhältnissen drücken wir hier und da noch einmal auf den Auslöser.

Aufgetaucht
Das sitzt!

Und weil es in diesem Areal so schön lauschig ist, lassen wir uns noch auf Kaffee, Tee und Gebäck beim Hardcore Café nieder. Das Frühstück im Hotel ist schließlich schon über eine Stunde her 😇. Es dauert nicht lange, bis die Konkurrenz an den Start geht und kostenlos futtern will. Es sei dem Federvieh ausnahmsweise gegönnt. Frechheit siegt!

Auf dem Weg zur nächsten Haltestelle der Tram halten wir die Augen offen nach originellen Fotomotiven und werden auch fündig.

Abserviert
Auf Nummer sicher gehen

Weiterhin fällt uns auf, wie extrem sauber die Stadt ist. Nichts liegt herum. Ja, wenn man Berliner Verhältnisse gewohnt ist, bemerkt man sowas sofort.

Die Tram bringt uns zum Olympiastadion. Nun ratet mal, in welchem Stadtteil es liegt. Richtig! In Töölö! Kommt euch bekannt vor, oder? Das Stadion wurde anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1940 erbaut, die aus naheliegenden Gründen ausfallen mussten, aber 1952 nachgeholt wurden. Übrigens traten die BRD und das Saarland seinerzeit separat an, während die DDR nicht teilnahm. Das kann ich als Saarländerin natürlich nicht unerwähnt lassen.

Das Fußballstadion mit Leichtathletikanlage ist die Heimspielstätte der finnischen Fußballnationalmannschaft. Es steht unter Denkmalschutz und wurde 2020 generalsaniert. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sein äußeres Erscheinungsbild nahezu unverändert ist, während die Funktionalität nun modernsten Anforderungen entspricht. Finnlands berühmtester Leichtathlet empfängt uns auf dem Gelände und zeigt uns mit seiner Laufrichtung an, wo es lang geht.

Flitzer

Wir bewundern das Stadion (siehe heutiges Titelbild) und nähern uns dann seinem Wahrzeichen, dem 73 Meter hohen Turm. Obwohl, es stimmt nicht ganz, was ich da gerade behauptet habe. Ohne unnötig pedantisch sein zu wollen, muss ich mich korrigieren. Der Turm ist 72,71 Meter hoch. Wie kommen die Finnen denn darauf, so eine krumme Zahl zu nehmen? Nun, diese Höhe entspricht bis auf die zweite Kommastelle der Siegweite des finnischen Speerwurf-Olympiasiegers von 1932, Matti Järvinen. Macht Sinn, oder?

Speer, senkrecht

Außerhalb von Veranstaltungen ist der lange Lulatsch für Besucher als Aussichtsturm geöffnet. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Erst einmal aber schauen wir uns unten im Foyer die kleine Ausstellung und die schön designte Caféteria an. Zu den weiteren Räumlichkeiten sowie ins Innere des Stadions ist kein Zutritt möglich.

In der Kantine

Anschließend geht’s hinauf auf die Aussichtsplattform, von der aus uns die Stadt und die Sportanlagen zu Füßen liegen.

Stadionrunde
Gewässert
Farbpalette
Im Gegenlicht

Mit der nächsten Tram fahren wir weiter zum House of Culture von Alvar Aalto, das der Meister der finnischen Architektur als Mehrzweckgebäude plante. Es wurde 1958 fertiggestellt. So schön und ungewöhnlich die äußere Hülle auch ist: …

Kulttuuritalo
Dachverband

… Meine Blase fordert ihr Recht und zwingt mich dazu, meine Prioritäten anders zu setzen. Ohne weiter darüber nachzudenken, gehe ich einfach durch den Haupteingang des roten Gebäudeteils hinein. Die Tür ist offen. Doch überall, ob im Foyer, weiter hinten bei den Garderoben oder auch im Sanitärbereich, ist es stockdunkel, bevor ich der Finsternis beherzt ein Ende setze.

Wie ich feststelle, ist das Gebäude auch innen sehenswert, speziell das Foyer und der große Veranstaltungssaal in der Etage darüber. Begeistert rufe ich Stefan dazu. Und so schauen wir uns nun zu zweit hier in Ruhe um. Kurze Zeit später bemerken wir, dass wir doch nicht ganz alleine auf weiter Flur sind. Oben im großen Saal im ersten Stock sind ein paar Typen mit Vorbereitungen für eine Veranstaltung zugange.

Hereinspaziert

Nun fallen wir auf. Einer der Jungs kommt zu Stefan, spricht ihn freundlich an und reagiert insgesamt sehr entspannt. „Das ist eine wertvolle Info, dass unten offen ist. Danke! Denn wir haben eigentlich geschlossen. Aber wenn ihr nun eh schon mal drin seid, schaut euch ruhig um. Ich schließe dann nachher hinter euch ab“, sagt er, dreht sich um und geht weiter seiner Arbeit nach.

Weiter geht’s mit der Tram zum Sibelius-Monument. Als es 1967 enthüllt wurde, gab es einige Kontroversen um das zu Ehren des finnischen Komponisten entworfene Kunstwerk. Die mehr als 600 geschweißten und polierten Stahlrohre erinnern stark an Orgelpfeifen. Doch Jean Sibelius komponierte nie für die Orgel. So behilft man sich nun mit der Interpretation, die Rohre mögen Baumstämme darstellen, die wiederum die nordische Natur repräsentieren, die ihrerseits als eine der Inspirationsquellen für den Komponisten diente.

Um den Streit zu entschärfen, fügte der Künstler dem Monument noch ein konventionelles Relief von Sibelius hinzu. Nun denn, mir soll alles recht sein. Denn ich finde sowohl das Monument als auch die Büste sehr gelungen.

Glanzstück
Silberblick
Volles Rohr

Im Anschluss entspannen wir uns noch ein wenig im Park, wo wir am Ufer in der Sonne sitzen können. Auf dem Rückweg zum Hotel legen wir noch einen kurzen Stopp an der Kirche des Schweigens ein. Wir sind hier schon öfter vorbeigelaufen, doch dieses Mal schauen wir uns auch ihr Innenleben an. Die Architektur, die Atmosphäre, die totale Stille – einfach fantastisch! Fotografieren ist drinnen nicht erlaubt. Da müsst ihr ausnahmsweise auch virtuell draußen bleiben.

Schöne Schüssel

Nach einer späten Siesta im Hotel machen wir uns am frühen Abend wieder auf den Weg in die Stadt. Stefan hat bei seinen Recherchen im Vorfeld dieser Reise herausgefunden, dass es ein architektonisch sehr reizvolles Restaurant namens Merilpaviljonki an einem See hier in der Stadt gibt. Von der richtig schicken U-Bahn-Station Kamppi aus …

Im Untergrund

… fahren wir mit der Linie 1 vier Stationen gen Norden und wagen uns wieder an die Oberfläche. Dort erwartet uns nicht nur eine spannende Architektur, sondern auch ein Food Festival mit vielen gut gelaunten Besuchern, die durchaus unterschiedliche Vorstellungen von einem gelungenen Abend haben. Die Atmosphäre ist wunderbar! Und so verweilen wir hier eine geraume Zeit.

Demokraatti
Uferszene
Schöner speisen
Formenspiel
Viele
Nicht ganz so viele

Beschwingt von der Partystimmung fahren wir noch einmal zum Dom, wo es ähnlich heiter zugeht an diesem sommerlichen Samstagabend. Dort baut Stefan sein Fotoequipment samt Stativ auf und startet seine abendliche Fotosession unter dem Motto Dom und Tram. Ich finde, dieses Ergebnis kann sich sehen lassen! Wir jedenfalls kehren zufrieden ins Hotel zurück und blicken auf einen insgesamt richtig schönen Tag zurück.

Stefan lässt grüßen

Am nächsten Morgen packen wir unsere Sachen und machen uns auf den Weg zum Flughafen. Den dortigen Self-Check-in und die Sicherheitskontrolle absolvieren wir in der Rekordzeit von etwa zehn Minuten. Für beide Procedere zusammen, wohlgemerkt.

Am späten Sonntagvormittag geht’s pünktlich los. Genauso pünktlich landen wir auch in Berlin, wo wir unsere Uhren gleich wieder um eine Stunde zurückdrehen. Uns bleibt noch der ganze Nachmittag, um auch mental anzukommen, auszupacken, abzuhängen und diesen wunderbaren Trip gedanklich noch einmal Revue passieren zu lassen. Helsinki, du bist klasse! Wir kommen gerne wieder.

16 Gedanken zu “Helsinki – Sport, Musik und Kunst

  1. Schön entspannt, die Finnen. Die Architektur ist sehenswert. Schon damals im Hotel fand ich das Design der Lobby klasse. Wie viele solche Schmuckstücke die Stadt zu bieten hat, unglaublich. Die Festung auf Suomenlinna habt ihr nicht besucht…? 😉

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    1. Ja, in Bezug auf Design und Lässigkeit sind die Finnen echt auf Zack. @Festung: Ah, jetzt ist das Geheimnis gelüftet! Nee, das war nicht so unser Ding. Wenn noch mehr Zeit gewesen wäre, dann vielleicht. Aber dafür was anderes wegfallen lassen? Nö 😁. Dir hat es gefallen dort auf Suomenlinna, gell?

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      1. Ja, es waren minus 22 Grad und der Glühwein beim Russen am Hafen war im selben Moment nicht mehr „glüh“, in dem ich ihn an die Lippen gesetzt habe. Suomenlinna – vielleicht war das auch dem Winter zu verdanken – sah aus wie ein Märchen. Die Bäume, die Häuser, alles war mit weißem Raureif überzogen und das Wasser im Meer dampfte aufgrund der Temperaturunterschiede.

        Es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich Menschen einen und denselben Ort erleben. Bei manchen steht Architektur und Kunst im Fokus, bei manchen Kultur und Geschichte, bei manchen wieder andere Dinge… irgend jemand – ich komme nicht mehr drauf – hatte mal geschrieben: „Meine Reise ist nicht deine Reise.“ Es ist jedes Mal eine andere Geschichte, die erzählt wird. And I think it’s beautiful 😉

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        1. Minus 22? Alter Finne! Dass dir der Glühwein förmlich an den Lippen gefror, glaube ich dir sofort. Auch, dass Suomenlinna im weißen Winterkleid mit dem dampfenden Wasser drumherum toll aussah, überzeugt mich.

          Ja, jeder hat einen anderen Fokus, andere Vorstellungen, Erwartungen, Interessen und Herangehensweisen, wie er/sie einen Ort sieht und „erobert“. Und das ist auch gut so. „Meine Reise ist nicht deine Reise“ trifft den Nagel auf den Kopf.

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  2. Das gute Wetter macht in der Tat einen großen Unterschied. Danke für die Tipps und die tollen Bilder. Stefans Foto ist fantastisch, nicht nur weil es farbig ist 😉. Helsinki ist jedenfalls auf meiner langen Wunschliste weiter nach oben gerückt.

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  3. Tolle Fotos, allen voran das Trambild!
    „Das ist eine wertvolle Info,…“ 😂😂😂😂 Genial!
    Was hätte man wohl in Deutschland zu hören bekommen, wenn man „versehentlich“ in ein geschlossenes Gebäude gegangen wäre?

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  4. Immer wieder beeindruckend, wie lässig Menschen, Lebensart und Architektur in Skandinavien und im Baltikum wohl sein können. Vor allem die Architektur in vielen Städten Deutschland mutet dagegen manchmal etwas ideenlos an. Schießscharten, der Begriff trifft es. Auch hier in FFM viel von der einheitlichen Quader-Manie, wenig Mutiges. Und die Szene Eures etwas selbstbemächtigenden Zutritts ins Aalto-Juwel will ich mir garnicht hier in Deutschland vorstellen 😉
    Schöne Fotostory wieder mal 👍

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    1. Danke! Freut mich 😎.

      @Menschen und Lebensart: ein wenig von dieser Leichtigkeit könnten wir uns da durchaus anschauen. Könnte nicht schaden!

      @Architektur: Sehe ich genauso. Doch das liegt sicher nicht an den Architekten. Man müsste sie nur mal an einer etwas längeren kreativen Auftragsleine halten. Kühne Ideen haben die bestimmt. Aber die werden dann zu Tode reguliert, scheint mir.

      @„Einbruch“ in die Heiligen Hallen: Ja, das will ich mir lieber auch nicht ausmalen 😅!

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