Jaipur wurde im 18. Jahrhundert nach städteplanerischen Gesichtspunkten angelegt. Schnurgerade verlaufen die Straßen und ergeben kreuz und quer ein gleichförmiges Gitternetz. Was das anbetrifft, fühle ich mich fast in die USA versetzt. Wäre da nicht die völlig andere Optik der Gebäude und das pralle Leben auf der Straße!

Zu Ehren des Staatsbesuchs von Prinz Albert – dem späteren König Edward VII – wurde die komplette Altstadt Ende des 19. Jahrhunderts mit der traditionellen Begrüßungsfarbe gestrichen. Es ist mehr ein Ocker-Orange als ein Rosarot. Dennoch läuft Jaipur seitdem unter der Rubrik „Pink City“. Bis heute hat sich die Altstadt kaum verändert. Und das wird auch so bleiben. Denn sie steht unter Denkmalschutz.

In der Hauptstadt Rajasthans leben heute rund 3,5 Millionen Menschen. Das ist mit Berlin vergleichbar. Nach Delhi und Agra belegt sie den dritten Platz in der Kategorie „Meistbesuchte Stadt Indiens“. Wie andere indische Großstädte auch ist sie im Laufe der Zeit immer weiter ausgeufert.

Touristisch interessant ist im wesentlichen nur die historische Altstadt, die von einer sechs Kilometer langen zinnengekrönten Stadtmauer umgeben ist. Im Grunde handelt es sich bei der Altstadt also um ein geschlossenes Gesamtkunstwerk. Die gesichtslosen Außenbezirke muss man nicht zwingend gesehen haben. Die nähere Umgebung indes bietet noch einiges! Doch dazu später.

Am frühen Morgen schwingen wir uns in einen nun etwas größeren Bus und starten das Vormittagsprogramm. Den ersten Stopp legen wir an dem Gebäude ein, für das die Stadt hauptsächlich bekannt ist: Hawa Mahal, der „Palast der Winde“. Er war Teil des riesigen Stadtpalastes des Maharadschas. Zwar verbirgt sich hinter der Fassade heute kaum mehr als ein Treppenaufgang. Aber dennoch ist er das unumstrittene Wahrzeichen Jaipurs. Indienweit wird er in seiner Bedeutung als Fotomotiv wohl nur vom Taj Mahal übertroffen.

Windig
Gefächert

Fällt euch was auf? Das beeindruckende Gebäude sieht aus wie ein überdimensionaler Fächer. Und im wahren Leben übernahm er gewissermaßen auch eine typische Funktion. Ein Fächer sorgt nicht nur für frischen Wind, sondern man kann dahinter auch gut sein Gesicht verbergen.

Und jetzt haltet euch fest: die einzige Funktion dieses Gebäudes lag zu seiner aktiven Zeit tatsächlich darin, den Haremsdamen zu ermöglichen, die großen Festumzüge anzuschauen, ohne selbst gesehen zu werden. Eigens dafür wurden 953 Nischen und Fenster eingebaut. Ein besseres Beispiel für den durchaus dekadenten Lebensstil der Rajputenfürsten findet sich wohl kaum 😎.

Wieder rein in den Bus. 11 Kilometer nördlich der Hauptstadt liegt eine Attraktion, die wohl kaum ein Besucher Jaipurs links liegen lässt: Amber Fort.

Wohlmeinende Zungen behaupten, dies sei die schönste Festung in ganz Indien. Alleine schon der Blick von unten spricht für sich.

Spiegelglatt

Ein steiler Weg aus Kopfsteinpflaster führt zu der weitläufigen Anlage, die ich in den nächsten beiden Stunden auf eigene Faust, nur begleitet von meinem grünen Freund, erkunden werde. Diese imposante Trutzburg aus dem 16. Jahrhundert ähnelt im Inneren der Anlage allerdings eher einem Palast. Doch bildet euch selbst eine Meinung!

Vögel, verkuppelt
Von oben herab
Volle Pracht
Besser selber laufen!
Glänzende Zeiten
Evakuiert?
Wie im Märchen

Anschließend schauen wir kurz bei einer Stofffabrik vorbei und lassen uns zeigen, wie die bunten Muster fachgerecht aufgedruckt werden.

Abgestempelt

Am späteren Vormittag ist das gemeinsame Gruppenprogramm damit zu Ende. Zusammen mit Holger besteige ich das nächste Tuk-Tuk.

Die Große im Kleinen (fotografiert von Holger M.)

Einmal quer durch die Stadt geheizt. Ach nein, halt! Kurz nach dem Start biegt der Fahrer plötzlich von der geplanten Route ab und reiht sich ein in die längere Schlange an der Tuk-Tuk-Tankstelle. Kurz bevor er dran ist, rückt er mit der Sprache heraus. Er braucht 100 Rupien (1,20 EUR) Vorschuss. Sonst kann er das Benzin nicht bezahlen.

Eigentlich ist es nicht üblich, – und es wird sogar davon abgeraten – Fahrer im Voraus zu bezahlen. Sie bekommen den vorab verhandelten Preis normalerweise erst, wenn die Fahrt zu Ende ist. Doch was sollen wir in dem Fall tun? Ohne Sprit kommen wir nicht weiter. Und ich glaube es dem Fahrer auch, dass er an diesem Vormittag noch kein ausreichendes Geschäft gemacht hat.

Wenn er vorab Einheimische als Fahrgäste hatte oder noch niemanden kutschiert hat, ist er einfach blank. Es ist nun mal so: Viele Menschen leben hier von der Hand in den Mund. Also rücke ich die erbetene Anzahlung heraus. Ich nehme es vorweg: er wird am Ende des Tages korrekt abrechnen und nicht so tun, als stünde ihm noch die gesamte vereinbarte Summe zu.

Nach einem kurzen, aber lohnenswerten Zwischenstopp am Sisodia Rani Palast …

Augenweide
Sitzfleisch

… erreichen wir wenig später unser nächstes Ziel: Galta. In der gleichnamigen Schlucht reiht sich ein Tempel an den nächsten. Sie werden dekorativ umspielt von einer Reihe von Wasserbecken, die allesamt von einer natürlichen Quelle gespeist werden. Mittendrin viel Lokalkolorit und Kühe, die im Müll nach Futter suchen. Zahllose Tempelaffen jagen, schlagen, lausen und vergnügen sich hier gegenseitig. Manche hocken in den Fenstern wie früher die Omas auf dem Dorf 😎. Schaut euch die Szenerie gerne etwas genauer an!

Tempel und Berg
Resteverwertung
Im Rausch der Farben
Kleinod
Spiegelei I
Spiegelei II
Schöne Aussichten
Erleuchtet

Dieser Ausflug hat sich wirklich gelohnt! Und kurioserweise sind an diesem frühen Nachmittag kaum Leute dort unterwegs. Welch eine willkommene Abwechslung 😎!

Mit dem Tuk-Tuk zurück nach Downtown Jaipur. Als wir in die nächste größere Straße einbiegen, kommt es zu einem kleinen Zwischenfall. Eine Querstange mit genauer Höhenangabe überspannt kurz vor einer niedrigen Unterführung die Straße, um zu hohe Fahrzeuge an der Durchfahrt zu hindern.

Ein etwas anders (nämlich höher … ) gebautes Tuk-Tuk direkt vor uns brettert trotzdem durch. Die Dachverkleidung reißt ab und knallt uns direkt vor das Vorderrad! Wie gut, dass unser Fahrer ein schnelles Reaktionsvermögen an den Tag legt und gerade noch ausweichen kann 😅.

Zurück in Jaipur, umtost uns wieder das pralle Leben. Ach, was erzähle ich. Steigt doch einfach zu uns ins Tuk-Tuk und fahrt ein wenig mit!

Am Stadtpalast steigen wir aus. Wir haben heute jedoch schon eine Menge besichtigt und lassen den sicher sehenswerten Palast (hier by the way ein schönes Beispiel für die zu Recht unterschiedliche Preispolitik) …

… links liegen und lassen uns für den Rest des Nachmittags durch die Straßen und Gassen der Altstadt treiben, immer die Kameras im Anschlag. Eine Straßenszene jagt die nächste! Und das satte Licht des Spätnachmittags lässt die Häuserfassaden mit ihren kleinen Fenstern, den bogenförmigen Eingängen und filigranen Balkonen noch einmal kräftiger leuchten. Na, wie gefällt euch Jaipur?

Notfalls zu Fuß
Betucht
Glücklich reisen
Rasen und rasten
Schlafkünstler
Nie zu heiß für eine Mütze
Aufgetürmt
Männerklatsch
Lächeln, handeln, kaufen
Gut gebaut
Hoch hinaus
Out of order
Modebewusst
Hoch hinaus
Tor zur Stadt
Wie süß!

Ja, dieses Land ist unbeschreiblich, anstrengend, schwer vermittelbar, bisweilen eine Zumutung. Läuft man durch die Straßen, erliegt man dem Overkill an Eindrücken, Gerüchen, Geräuschen und Anblicken. Laut, stinkend, voll und dreckig – und gleichzeitig so überaus faszinierend, bunt, schön, lebendig und intensiv. Ich versuche nicht mehr, Indien mit meiner europäischen Logik verstehen und erklären zu wollen. Das entspannt ungemein. Und ich weiß schon jetzt: ich komme wieder.

14 Gedanken zu “Tag 5: Jaipur – rosarot, kein Panther

  1. Ich liebe Jaipur, war bereits 2x dort und wenn ich Deine Bilder sehe, könnte ich mal wieder hin. Amber sah bei Dir recht leer aus, lucky you! In 2000 waren wir fast alleine da, 2013 hätte ich die Anlage am Liebsten sofort wieder verlassen….so voll war es!. Warst Du noch im City Palace? Der ist superschön und das Jantar Mantar ist auch toll. In Galta war ich nicht, dafür bei den Royal Gaitors…..hab Dir mal meinen Indien IV Bericht v 2013 beigefügt….hach, wird langsam mal wieder Zeit. Danke für den Bericht, LG Sandra
    http://allcontinentsinonelife.com/indien-2013-jaipur-the-pink-city-und-agra-home-of-taj-mahal/

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    1. Na dann nichts wie wieder hin mit dir nach Jaipur 👍! Als besonders leer habe ich Amber nicht empfunden. Mir fehlt halt der Vergleich, da ich das erste Mal da war. Ich setze allerdings meist einiges daran, Menschenmassen auf meinen Fotos zu vermeiden. Ich warte gerne ein wenig, um den richtigen Moment zu erwischen 😎. Nee, im Stadtpalast war ich nicht mehr. Danke für den Link zu deinem Bericht! Nachdem ich diesen nun gelesen habe, sind City Palace und Jantar Mantar fürs nächste Mal gesetzt. Royal Gaitors macht auch einen interessanten Eindruck. Im „Peacock“ waren wir übrigens auch zum Abendessen 😂! Wenn mein Agra-Bericht kommt, wirst du natürlich auch viele Déjà-Vues haben. Der Blick von der Dachterrasse des Restaurants kommt mir übrigens auch bekannt vor. War das zufällig das Restaurant des Hotels Kamal 😅? Da waren wir nach dem Besuch des Taj Mahals frühstücken.

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  2. Fangen wir mal oben an.
    @Palast der Winde: kenne ich natürlich schon von Sandra‘s Fotobüchern, aber das ist wirklich eine überragende Fassade! Der Zweck – nun ja, wer hat, der kann halt…
    @Amber Fort: ist auch hübsch. Verhältnismäßig wenig Bilder aus dem Inneren – gab es da nicht so viel zu sehen?
    @Sisodia Rani Palast: der ist ja wirklich eine Augenweide. Ich glaube, den hätte ich mir noch näher anschauen wollen.
    @Galta: der rechte Affe auf dem ersten Bild ist der Knüller! Die Frauen auf der Treppe sind auch Hammer! So schön bunt!
    @Altstadt: ich liebe das pinke Tuk Tuk! Und die Schlafkünstler müssen wirklich müde sein. Und trainiert. Also ich könnte so nicht schlafen.
    Bei dem Bild „Modebewusst“ fällt mir die beinahe Vollverschleierung im Gesicht auf. Ansonsten sind sie ja recht figurbewusst gekleidet.
    @„Wie süß!“: Aber wirklich!

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    1. @ Amber Fort und wenig Innenaufnahmen: das liegt vor allem daran, dass mich das Innere von Gebäuden nicht so sehr interessiert und ich dann auch wenig davon fotografiere 😅. Da gab es schon einiges zu sehen. Ich widme mich lieber dem Äußeren. @ Galta: ja, da gab es eine Menge toller Motive. Die unzähligen Affen haben echt eine gute Show geboten. @ schlafende Rikschafahrer: ich könnte so nicht nur nicht schlafen. Ich müsste auch aufpassen, dass ich da nicht runterpurzele! Ich frage mich, wie die da die Balance halten können 😂.

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  3. Liebe Elke,
    zwei solcher Stoffstempel besitze ich, ich mag sie sehr und habe sie schon einige Male für den Hochdruck benutzt.
    Was für eine Farbenpracht du uns zeigst und was für eine Arbeit du in den Blog steckst! Herzlichen Dank!
    Komme gut ins Neue Jahr 2020,
    Wir sehen uns, Susanne

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    1. @ Stoffstempel: dann sind die ja nicht nur für die Textilherstellung da. Danke für die Aufklärung! @ Blog: danke, dass du das anerkennst! Ich stecke tatsächlich viel Zeit und Herzblut da hinein. Fotos raussuchen, bearbeiten (sind ja alle in RAW fotografiert), Bildunterschriften ausdenken, Text schreiben und mit den Fotos sinnvoll in Einklang bringen dauert schon ein paar Stunden für jeden einzelnen Beitrag. Aber es macht mir Spaß! Und es freut mich natürlich sehr, dass es anderen gefällt und dass du die ganze Arbeit dahinter siehst. Dir alles Gute für 2020 und bis hoffentlich bald!

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      1. Wenn du das nächste mal bei mir bist, Elke, dann zeige ich dir die Stempel. Sie stehen bei mir in den Stilllebenassecoires. 🙂 Da diese Regalfächer jedoch so überfüllt sind, gehen sie schon mal unter.
        Auch dir einen schönen Jahresbeginn, alles Gute von Susanne

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  4. Das sind wunderbare, intensive Eindrücke, die du uns da mitgebracht hast, liebe Elke. Ich will hier gar nicht den Begriff „schön“ verwenden, da er schon abgenutzt und auch nicht passend wäre. Sehr eindrucksvoll und voller Farben.

    Liebe Grüße
    Kasia

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