Beginnen wir dieses Jahrzehnt zur Abwechslung mit einem Ereignis, das nicht stattfand: Das „Jahr-2000-Problem“, auf englisch kurz und griffig Y2K genannt, war keins. Die Computer kamen mit dem neuen Datum nach dem Jahrtausendwechsel prima zurecht. Sie stürzten weder ab noch verwechselten sie es mit dem Jahr 1900. Alles ging weiter seinen gewohnten technischen Gang. Neugeborene wurden auch nicht vom Amt angemahnt, doch bitte schnell den Rentenantrag einzureichen.
Doch der reale Absturz, der die Welt erschütterte und unseren Alltag veränderte, folgte nicht einmal zwei Jahre später. In New York steuern islamistische Terroristen der Al Qaida zwei Flugzeuge in die markanten Türme des World Trade Centers. Zwei weitere stürzen aufs Pentagon und auf ein Feld. Mehr als 3.000 Menschen verlieren ihr Leben. „9/11“ führte den Krieg in Afghanistan in eine neue Phase und begründete zwei Jahre später den Irakkrieg. In den folgenden Jahren nehmen die Spannungen zwischen der muslimischen und der westlichen Welt zu.
Die Zweite Intifada beginnt. Im Nahen Osten tobt der Israel-Libanon-Krieg. Saddam Hussein wird hingerichtet. Die EU vergrößert sich um zehn neue Mitgliedsstaaten. Montenegro und der Kosovo erklären ihre Unabhängigkeit von Serbien. Fidel Castro tritt zurück und überlässt die Führung des Landes seinem Bruder Raúl.
China steigt rasant zur Industrienation auf. Die G20 schließen sich zusammen. Seit 2007 leben erstmals in der Menschheitsgeschichte mehr Menschen in Städten als auf dem Land.
Angela Merkel wird die erste Bundeskanzlerin Deutschlands. Barack Obama wird der erste schwarze Präsident der USA. Deutschland und 11 weitere Mitgliedsstaaten führen den Euro ein. Die Umsatzsteuer wird von 16% auf 19% erhöht.
Infolge globaler Finanzspekulationen platzt in den USA und in europäischen Staaten eine Immobilienblase. Daraus entwickelt sich eine weltweite Bankenkrise. Geldinstitute werden durch staatliche Eingriffe mit Krediten versorgt. Durch diese Rettungsaktionen steigt die Staatsverschuldung vieler Länder. Und schon landen wir in der Eurokrise.
Es ist auch das Jahrzehnt der Naturkatastrophen. Im Indischen Ozean wütet ein Tsunami, der Hunderttausende das Leben kostet und unfassbare Verwüstungen anrichtet. Hurrikan Katrina zerstört große Teile des Südostens der USA. Bei einem schweren Erdbeben in China lassen rund 70.000 Menschen ihr Leben. Millionen werden obdachlos. Europa erlebt wegen einer beispiellosen Hitzewelle den sogenannten Jahrhundertsommer.
Das Internet setzt sich flächendeckend durch und spielt beruflich wie privat eine immer größere Rolle. Das Zeitalter des Mobilfunks und der digitalen Musik bricht an. Wir kaufen keine Platten und CDs mehr. Stattdessen wird „gedownloaded“. Die Musiktauschbörse Napster revolutioniert den Musikmarkt. iPods kommen auf den Markt und verändern unseren Musikkonsum.
Smartphones treten ihren Siegeszug an. Digitalkameras verdrängen analoge Kameras weitgehend vom Markt. Beamer und Flachbildschirme halten Einzug in unsere Wohnzimmer. Das digitale Fernsehzeitalter bricht an. Castingshows, Reality-TV, Quizsendungen, Kochsendungen und Doku-Soaps erfreuen sich steigender Beliebtheit.
Geländewagen und Smarts erobern die Städte. Slow Food wird die Gegenbewegung zum Fast Food. Gleichzeitig trinken wir unseren Kaffee „to go“. Deutschland diskutiert die Hartz-Gesetze. Natascha Kampusch gelingt nach acht Jahren Gefangenschaft die Flucht. Michael Jackson stirbt.
Wikipedia, Facebook, YouTube und Twitter erblicken – in dieser Reihenfolge – das Licht der digitalen, globalisierten Welt.
Sneakers stehen noch immer hoch im Kurs. Crocs zieren neuerdings die Füße. Röhrenjeans und Ballonhosen erleben ein Revival. Wir tragen weiterhin Hoodies und sonstige Insignien der Skater- und HipHop-Szene. Kleidung, Schminke, Haare: alles wird schwarz.
Auch sportlich war in den 2000ern einiges los. Jörg Ahmann und Axel Hager gewinnen bei den Olympischen Spielen in Sydney Bronze im Beachvolleyball. Michael Schumacher wird fünf Mal in Folge Formel 1-Weltmeister.
Deutschland verliert bei der Fußball-WM in Südkorea das Endspiel gegen Brasilien. Die Frauen hingegen holen sich ein Jahr später den Titel. Bei der nächsten EM der Männer gewinnt zwar nicht die deutsche Nationalmannschaft, aber mit „Rehakles“ immerhin ein deutscher Trainer. Beim Sommermärchen 2006 ist für unsere Fußballjungs zwar im Halbfinale Schluss. Aber unser Ruf als weltoffene Gastgeber, die eine gelungene Party gefeiert haben, bleibt in Erinnerung.
Die Handball-Jungs werden Weltmeister im eigenen Land. Usain Bolt stellt in Berlin zwei bis dato als unerreichbar eingeschätzte Weltrekorde auf der 100- und 200-Meter-Strecke ein. Roger Federer gewinn sechs Mal Wimbledon. Lance Armstrong gewinnt sieben Mal die Tour de France. Michael Phelps erschwimmt sagenhafte 14 Olympiasiege und ist damit bis dahin der erfolgreichste Olympionike aller Zeiten.
Au weia! Wie soll ich nach all diesen Superlativen jetzt nur die inhaltliche Kurve zu meinem eigenen bescheidenen, kleinen Dasein kriegen? Ach, immer schön lässig bleiben!
Denn dieses Jahrzehnt stand bei mir ganz im Zeichen von Lockerungsübungen. Ich deutete es bereits in Teil 4 meiner Lebensreise an: ich bin nicht so der Typ, der einmal eingeschlagene Umlaufbahnen jahrzehntelang nicht mehr verlässt. Nichts gegen Familie, Haus, Hof, Garten, Auto, Urlaub am Strand von Malle und Nine-to-five-Job bis zur Rente. Aber meine Sache ist das nicht! Wäre ich drei Jahrzehnte später zur Welt gekommen, wäre ich mit Sicherheit die klassische digitale Nomadin geworden. Generell bin ich nicht so gut darin, zuhause zu sein und die immer gleichen Alltagsroutinen zu durchlaufen. Ein bisschen mehr Abenteuer und Abwechslung darf es dann schon sein.
Und so begann ich, ein wenig damit zu experimentieren, wie sich das unvermeidliche Arbeitsleben zugunsten meiner geplanten Reiseaktivitäten verändern lassen könnte, ohne aus finanziellen Gründen mittelfristig unter der Brücke zu landen. Die klassischen Lebenspflöcke (Schule, Ausbildung, Uni, Berufsstart, Partnerschaft, Wohnung) waren eingeschlagen. Zeit für die Kür 😎!
Doch erst einmal bewegten sich meine häufiger werdenden Reisen im üblichen zeitlichen Rahmen. Gleich zu Beginn des Jahrzehnts ging es zwei Mal über den Großen Teich. Im Sommer 2000 bereiste ich mit Stefan die Ostküste der USA. Im Nachhinein betrachtet hätte der Zeitpunkt nicht besser gewählt sein können. Denn schon ein Jahr später waren die Twin Towers des World Trade Centers in New York Geschichte. 2002 unternahm ich alleine eine organisierte Bildungsreise nach Kuba. Hoch lebe die Möglichkeit, dafür extra Bildungsurlaub nehmen zu können!
Ansonsten lag mein Fokus überwiegend auf Europa. Zu der Zeit fanden Stefan und ich es beide toll, in den mehr oder weniger einsamen Dünen an Dänemarks Westküste ein kleines Häuschen zu mieten und uns dem gechillten Leben hinzugeben.

(Dänemark 2002)
Gerne reisten wir auch durch das eigene Land, um überall verstreute Freunde zu besuchen, hier zum Beispiel in Königswinter, wo wir sichtlich unseren Spaß hatten.

(Königswinter 2002)
Auffallend ist, dass es uns meistens ans Meer zog. Ich wandere auch gerne in den Bergen. Doch für mich als Großstadtbewohnerin gibt es bis heute nichts Größeres als den unendlichen Weitblick über das Wasser zum fernen Horizont und das Rauschen des Meeres. Jenseits des Genusses hatte ich natürlich immer noch genügend Energiereserven für jeden erdenklichen Blödsinn. Blitzschnelles Umschalten hin zum Seriösen beherrschte ich zum Glück auch.

(Sankt Peter-Ording 2003)

(Sankt Peter-Ording 2003)
Meine erste längere Auszeit vom Job gönnte ich mir 2004. Zusammen mit Stefan nahm ich Anlauf in Kopenhagen …

(Kopenhagen 2004)
… um dann für gleich acht Wochen die Westküste Kanadas und der USA unsicher zu machen. Meinen damaligen Job kündigte ich dafür nicht. Stattdessen nahm ich zwei Monate unbezahlten Urlaub und kehrte anschließend wieder sehr motiviert an den Schreibtisch zurück. Nein, das meine ich nicht ironisch! Es war wirklich verblüffend, wie tiefenentspannt ich nach dieser langen Reise in meinen Alltag zurückfand. Diesen Zustand erreiche ich zwar auch mit Yoga und Meditation, aber das Reisen bietet darüber hinaus ja noch weitere Vorzüge 😎.

(Vancouver 2004)
Nach dieser längeren Tour war ich endgültig mit dem Reisefieber infiziert. Bis heute habe ich kein wirksames Gegenmittel gefunden. Wozu auch? Doch bis zur nächsten „richtigen“ Auszeit sollten noch ein paar Jahre vergehen. Bis dahin tobte ich mich in der näheren Umgebung aus. Meine Definition davon: Europa 😎.

(Föhr 2005)
Die WM 2006 im eigenen Land war für mich persönlich ein absolutes Highlight der 2000er Jahre. Ich war im Ausnahmezustand! Einige Spiele fanden ja auch hier vor meiner Nase statt. Ich hatte zwar keine Karten, aber dank Fanmeile und Public Viewing – die englischen Muttersprachler unter uns krümmen sich voller Pein, wenn sie diesen falsch eingedeutschten Begriff lesen 😅 – konnte ich trotzdem irgendwie „live“ dabei sein. Was ich auch weidlich genutzt habe! Fans aus aller Welt tummelten sich friedlich in Berlin. Die Stimmung in der Stadt war einmalig!
Um auch die frühen Vorrundenspiele um 15:30 Uhr sehen zu können, hatte ich meinen Arbeitsbeginn extra auf den sehr frühen Morgen vorverlegt. Und dann rechtzeitig ab auf die Fanmeile ⚽️!

(Berlin, WM 2006)
2007 flog ich mit Stefan vor einem Jobwechsel dann doch einmal nach Mallorca. Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von weiter oben 😅? Um gängigen Klischees die ironische Krone aufzusetzen, verdrängte ich einen verdutzten Biker dort für einen schnellen Foto-Moment von seinem heißen Gefährt, um ganz im Sinne von Comic-Werner zu posen.

(Mallorca 2007)
Im gleichen Jahr stiegen wir wieder in den Flieger und verbrachten den Sommer an der Westküste der USA. Ein toller Trip, an den ich immer wieder gerne zurückdenke!

(Santa Monica 2007)
2009 war es dann soweit: für die nächste Auszeit kündigte ich meinen damaligen Job, liess mir vorsorglich ein paar schicke Bewerbungsfotos machen …

(Berlin 2009)
… und verabschiedete mich in ein neunmonatiges Sabbatical, das ich für ganz unterschiedliche Dinge nutzte. Natürlich waren da auch diverse Kurztrips dabei.

(Hamburg 2009)

(Sylt 2009)
Das Highlight dieser Zeit folgte gegen Ende des Jahres. Zwei Monate lang reiste ich alleine quer durch den Ostteil Australiens. Diese Reise sollte wenige Jahre später gleich mehrere Folgen haben. Doch davon ahne ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Mehr davon im nächsten Jahrzehnt!

(Australien, Great Barrier Reef 2009)
Wahnsinn, was in dem Jahrzehnt alles passiert ist. Ein Highlight jagte das nächste – im Guten, wie im Schlechten. Tolle Zusammenfassung! Ich wusste gar nicht, dass dein Sabbatical ganze neun Monate dauerte. Ich dachte, du hattest das nur für die 2 Monate Australien. Das musst du mir beim nächsten Treffen mal genauer erzählen. Auch von den 8 Wochen Westküste Kanada/USA. Davon wusste ich glaube auch noch nichts.😃
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Ja, die 00er haben echt ordentlich Gas gegeben. Da waren die beiden Jahrzehnte davor echt gemächlich dagegen. Zu meinen beiden Auszeiten: siehste, da gibt es doch noch das eine oder andere, was du noch nicht von mir weißt 😎.
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ich bin einfach immer wieder begeistert und lese die Beiträge voller Interesse ! Toll das du die Möglichkeit hattest dein Leben so zu gestalten und der Arbeitsplatz alles mitgemacht hat. Wenn man die Chance hat, warum nicht !!!
Ich finde die Fotos ganz toll und nicht jeder hat den Mut diese hier so öffentlich zu zeigen ! Dafür schon mal meine Achtung vor dieser Entscheidung es zu tun !!!
Ich kann nicht mehr als einfach sagen “ Klasse“ !!!
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Danke, das freut mich! Ja, ich habe immer versucht, die Chancen die sich boten, möglichst zu nutzen. Es hat mich ehrlich gesagt gar keine große Überwindung gekostet, meine „historischen“ Fotos hier öffentlich zu zeigen. Ich stehe zu allen Phasen meines Lebens 😎. Danke für deinen Kommentar!
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sehr gut das ist ehrlich ! Die Phasen im Leben hatte vermutlich jeder und sie sind ja auch eine Lebenserfahrung für alles weitere was danach in den Jahren so kommt. Die einen legen den Schwerpunkt auf Familie gründen, Karriere machen im Job, vielleicht ein Eigenheim zu bauen, oder Hobbys verstärkt nachzugehen. Jedem das seine !!!
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Es war ein Jahrzehnt der Veränderungen, das du eindrucksvoll durchwandert hast, liebe Elke 🙂
Einen schönen Wochenbeginn von Susanne
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Danke, Susanne! Dir auch einen guten Start in die Woche. Sie ist dieses Mal ja kurz 😎.
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Bei „Public Viewing“ habe ich nichts weiter gedacht – vermutlich bin ich einfach zu lange raus. 🙂 Dass Du auf Kuba im Bildungsurlaub warst, wusste ich nicht. Du bringst mich gleich auf neue Ideen, Elke! Danke für die sehr schöne Zusammenfassung des Jahrzehnts, in dem ich Dich auch endlich kennenlernen durfte.
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@ Public Viewing: das wird es vermutlich sein 😅! Über meine Kubareise – und auch über die Sache mit dem Bildungsurlaub – erzähle ich dir bei Gelegenheit gerne mehr. Wäre doch gelacht, wenn ich dir nicht noch den einen oder anderen Floh ins Ohr setzen könnte 😎. @ Unser Kennenlernen: das Vergnügen ist ganz meinerseits!
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