12. – 13. September 2024

Schon die Fahrt durch den Zion NP über den Scenic Drive 89 bis zum Bryce Canyon ist kaum zu fassen. Eine Strecke von überschaubaren 135 Kilometern kann unendlich lang werden, …

… wenn die atemberaubende Schönheit der Landschaft dich hinter jeder Kurve zum Halten zwingt. Die fotografischen Highlights innerhalb des Zion NPs habe ich bereits in diesem Beitrag gezeigt. Doch auch im weiteren Verlauf geht es höchst ansehnlich weiter.

Nach etlichen Stopps nähern wir uns am frühen Nachmittag dem Bryce Canyon. In meine riesige Vorfreude – ich habe den Park 1988 bereits kennen- und lieben gelernt – mischt sich ein wenig die Befürchtung, meinen damaligen Favoriten strategisch ungünstig so weit an den Anfang unserer Reiseroute platziert zu haben. Werden die nachfolgenden Parks da noch mithalten können? Wird Stefan danach gelangweilt abwinken, wenn er erst den Bryce Canyon gesehen hat? Ich nehme es vorweg: so ist es nicht gekommen! Die weiteren Nationalparks sind alle auf ihre ganz eigene Weise etwas Besonderes.

Der Bryce Canyon liegt auf einer Höhe zwischen 2.400 und 2.800 Metern. Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass die Temperaturen hier deutlich erträglicher sind als in den tiefer gelegenen Parks. Zum ersten und letzten Mal auf dieser Reise dürfen wir hier Temperaturen unter 30 Grad genießen. Was für eine Wohltat!

Da wir morgen noch genügend Zeit haben werden, uns den Canyon genauer anzusehen und teilweise zu erwandern, fahren wir zum Auftakt den Scenic Drive innerhalb des Parks entlang. Insgesamt 13 Aussichtspunkte verteilen sich auf eine Strecke von 61 Kilometern. Später werden wir zu der Erkenntnis gelangen, dass man sich diese Tour theoretisch auch fast sparen kann.

Denn das Amphitheater als Mittelpunkt des Bryce Canyons liegt viel zentraler, ist schneller zu erreichen und bietet in relativ kompakter Form so viel mehr! Aber für ein erstes optisches Warmlaufen war die Fahrt entlang der Panoramastraße natürlich gut.

Im Laufe von Jahrmillionen schufen Wind, Eis und Wasser hier eine faszinierende Welt aus Felsnadeln, Steintürmen und tiefen Furchen. Der Bryce Canyon mag im Vergleich zu anderen Nationalparks klein und überschaubar sein. Doch seine bunten Felspyramiden aus Sandstein sind von einer geradezu sensationellen Vielfalt.

Am frühen Abend legen wir unseren letzten Stopp am Inspiration Point ein. Von dort aus bietet sich der beste Blick auf das schon erwähnte Amphitheater, das gerade richtig schön im Abendlicht liegt. Die Vorfreude auf morgen ist groß!

Nun ist es Zeit, unsere nächste Unterkunft aufzusuchen. Auf nach Panguitch! Das kleine Örtchen liegt rund 30 Autominuten vom Nationalpark entfernt. Wir meiden die Unterkünfte direkt vor den Toren des Bryce Canyon aus dem gleichen Grund, aus dem wir auf Springfield am Zion NP verzichtet haben. In Panguitch zahlen wir für eine Nacht im Motel tatsächlich nur ein Drittel von dem, was wir in Parknähe gezahlt hätten. Da nehmen wir die längere Fahrt gerne in Kauf.

Das Purple Sage Motel entpuppt sich als genauso nett und ansprechend wie der Ort selbst. Fast bereuen wir es, hier nur eine Nacht gebucht zu haben. In einem Diner mit ordentlich Lokalkolorit serviert man uns richtig gute vegetarische Burger, bevor wir noch ein wenig durch die Straßen ziehen.

Der nächste Tag beginnt hart. Denn wir müssen sehr früh raus, und draußen ist es noch sehr kalt. Eine schlechte Kombi für mich! Doch Stefan hat sich in den Kopf gesetzt, zum Sonnenaufgang oben am Rand des Amphitheaters zu sein. Und ich habe seufzend nachgegeben. Das bedeutet: uns und unsere Siebensachen abreisebereit machen, 30 Minuten Autofahrt, zum passenden Standort laufen und einen guten Platz sichern, Stative aufbauen und auf die Show der Sonne warten. Ohne Fleiß kein Bryce.

Um kurz nach sechs Uhr sind wir an Ort und Stelle, sibirientauglich in Zwiebellook gehüllt. Wir tragen alles, was unsere hauptsächlich auf warme Temperaturen ausgerichtete Klamottenauswahl sinnvoll hergibt, übereinander. Doch es nützt nur wenig. Fünf Grad und ein eisiger Wind machen uns die Wartezeit nicht einfach. Wieso haben wir eigentlich keine Handschuhe eingepackt? Doch der Ausblick wird uns belohnen. Und ich wärme mich aus taktischen Gründen zwischendurch immer mal wieder in den großzügig beheizten sanitären Anlagen auf.

Morgens vor sieben Uhr sind nur wenige Leute zusammen mit uns dort. Die meisten von ihnen postieren sich auch in die entgegengesetzte Blickrichtung. Das werden wir im Laufe der Reise noch häufiger erleben. Die meisten wollen die Sonne fotografieren. Ihnen ist egal, dass dann die Felsen meist im Schatten liegen. Sorry für die schlechte Farbqualität und Auflösung dieses Fotos mit meinem alten iPhone …

Uns hingegen steht der Sinn danach, den Effekt der Sonne auf die Felslandschaft zu sehen. Lass brennen!

Im Zeitraffer!

Wir sind müde und noch ohne Frühstück, haben lange herumgestanden und sind komplett durchgefroren. Doch es hat sich absolut gelohnt. Was für ein Erlebnis ♥️!

Anschließend futtern wir unser mitgebrachtes Frühstück im mit Bänken und Tischen ausgestatteten Picknickbereich in der Nähe des Parkplatzes und starten gegen acht Uhr unsere Wanderung durchs Amphitheater. Auch dort ist zumindest anfänglich erfreulich wenig los. Die spektakulären Steinformationen leuchten im schönsten Licht, und so „auf Augenhöhe“ wirken sie noch einmal ganz anders als von oben herab betrachtet.

Am frühen Nachmittag reißen wir uns los und verlassen den Bryce Canyon völlig geflasht. Dieses Ausmaß an Schönheit muss erst einmal verkraftet werden. Doch kaum sind wir aus dem Park herausgefahren, holt uns unser Mietwagen zurück auf den Boden der profanen Tatsachen.

„Niedriger Reifendruck“ meckert die Anzeige. Zuerst betrifft das nur einen Reifen, dann plötzlich alle vier. Fahren wir doch erst mal auf den Parkplatz der nächsten Tankstelle. Wie viel muss auf die Reifen drauf? Und warum zur Hölle haben die Luftpumpen an dieser Tankstelle keine Skala, an der man ablesen kann, was gerade die aktuelle Reifendrucksache ist? Stefan checkt das dicke Handbuch. Nichts Konkretes zu finden. Einfach den Tankwart um Rat fragen, wie von mir vorgeschlagen? Wo denkst du hin! Ein Mann fragt nicht. Weder nach dem Weg noch um sonstige Hilfe.

Nach kurzer, erfolgloser Internetrecherche hat Stefan genug und schreitet zur Tat. Einfach ausprobieren! Echte Männer brauchen keine Anleitung. Pumpe ran an den ersten Reifen und los. Mal schauen, was passiert. Tatsächlich ein technisches Wunder! Zumindest für Leute wie uns, die seit fast zehn Jahren keinen eigenen PKW mehr besitzen und von daher nicht jede technische Neuerung auf dem Automarkt zeitnah mitbekommen.

Tatsächlich ist es so, dass dieses schicke, neue Auto dir „Bescheid gibt“, wann der jeweilige Reifen genug Luft hat. Pumpst du z.B. den linken vorderen Reifen auf, blinkt kurz vor Erreichen des optimalen Luftdrucks das Licht links vorne, gefolgt von einem kurzen Hupen, wenn der Reifen endgültig genug hat. Wir sind begeistert!

Nun können wir unsere Reise sorglos und erheitert fortsetzen. Überschaubare 80 Kilometer trennen uns von unserem nächsten Standort. Wohin geht’s? Das erfahrt ihr im nächsten Beitrag. Stay tuned!

24 Gedanken zu “Bryce Canyon – Was für ein Amphitheater!

  1. Geniale Fotos von meinem persönlichen Lieblings-Canyon! Da habt ihr aber auch alles gegeben, um optimale Lichtverhältnisse zu erwischen. Wir waren mal abends dort, dann wird der Kontrast auch wieder sehr schön. Und is nich so kalt😏.

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    1. Danke, Marco! Ja, wir haben keine Mühen gescheut, alles in die Waagschale zu werfen 😁. Abends ist es wirklich auch schön. Dann schleichen aber schon teilweise schon Schatten über die hübschen Hoodoos. Aber die Temperaturen sind dann definitiv angenehmer.

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      1. Pass mal auf … irgendwann stellt uns AI mit irgendwelchen 3D-Drucker solche Dinge in die Welt … ich mag mir nicht vorstellen, wie das wohl mal aussieht … shit … jetzt denke ich doch drüber nach

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  2. Die Ausblicke sind atemberaubend. Da hat sich das Warten für euch gelohnt, auch wenn es sicher nicht einfach war, bei fünf Grad auszuharren. Früh am Morgen raus und dann in die Kälte? Das wäre auch nichts für mich.

    Auto: das ist ja witzig, wie toll so ein Fahrzeug mit einem kommuniziert heutzutage. Warte noch ein wenig, dann hörst du beim Aufpumpen eine elektronische Stimme aus dem Innenrauh: „Noch ein Bisschen… nooch ein Bisschen… Stooop!“

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    1. Ja, im Nachhinein betrachtet hat sich das frühe Aufstehen gelohnt. Aber als der Wecker um kurz nach vier Uhr klingelte, habe ich innerlich sowohl Stefan als auch meine eigene Nachgiebigkeit verflucht 😅. @Auto: das ist dann sicherlich die nächste begrüßenswerte Entwicklungsstufe 👍.

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      1. Kurz nach vier? Boah… da wäre ich noch halbwegs in Koma… aber wenn wir ehrlich sind, hatte ich solche Aufstehzeiten schon öfters, um irgendwelche Flüge zu irgendwelchen unmöglichen Reisezielen zu bekommen öhm Nachgiebigkeit: es ist vielleicht der Optimismus der ausgeruhten und ausgeschlafenen Person am helllichten Tag, die da denkt: ach was, wird schon gehen. Dieselbe Person, mitten in der Nacht geweckt: „was habe ich mir nur gedacht…“

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      1. Kleiner Scherz. Ich denke, es hat was mit der Introvertiertheit zu tun. Fragen bedeutet soziale Interaktion, und soziale Interaktion… tja… da muss ich Lust drauf haben 😉

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