Heute ist mir nach Kontrastprogramm. So zieht es mich gleich am Morgen in das Bergdörfchen Bandama, bekannt für seinen erloschenen Vulkankrater, den man wahlweise umrunden oder in ihn hinabsteigen kann.

Der Bus dorthin fährt um die Ecke meines Hotels ab. Er benötigt 25 Minuten, um die sich in Serpentinen nach oben schraubende Strecke zu bewältigen. Auf dem Weg passieren wir das sehr schöne Örtchen Tafira Alta, das sich wie ein schmales Band ewig den Berghang hinauf zieht. Ein Häuschen ist schöner als das andere.

Um euch die Busfahrt zu versüßen, baue ich an dieser Stelle eine Art Infobox zum Busfahren auf Gran Canaria ein. Was ihr wissen müsst – sofern ihr abseits der klassischen Touristenstrecken im Süden der Insel (dort ist manches einfacher) mit den Öffentlichen unterwegs seid: die Haltestellen sind nicht namentlich gekennzeichnet. Ein Schild an der jeweiligen Haltestelle weist lediglich darauf hin, dass hier der Bus hält. Oft funktioniert auch die elektronische Anzeige im Bus nicht bzw. in den älteren Modellen ist erst gar keine drin. Der Busfahrer sagt auch keine Stopps an. Auf den Strecken im Norden der Insel sind eben fast nur Einheimische unterwegs. Und die kennen sich aus.

Es gibt also zwei Möglichkeiten: Entweder lasst ihr Google Maps während der Fahrt auf dem Mobiltelefon mitlaufen, oder ihr bittet den Fahrer beim Einsteigen, dass er euch Bescheid sagt, wann ihr raus müsst. Ihr solltet aber nicht automatisch voraussetzen, dass jeder Fahrer auch Englisch spricht. Also legt euch am besten ein passendes spanisches Sätzchen vorab zurecht, lernt es auswendig und sagt dann brav euer Sprüchlein auf. Kennt ihr doch noch aus der Schule, gell? Ach, ihr werdet das schon schaffen!

Dann bin ich da. Bandama entpuppt sich als ein winziges Bergdörfchen, das aus einer Ansammlung von wenigen Häusern und zwei an der Durchgangsstraße gelegenen Bars besteht. Wie ich jedoch nach der kleinen Wanderung, in einer der Bars sitzend und auf den nächsten Bus wartend, erstaunt feststellen werde, zeigt mein Mobiltelefon stolz den allerbesten 5G-Empfang an. Nimm das, Deutschland!

Bandama

Direkt hinter der Häuserzeile, von der Durchgangsstraße abgewandt, klafft ein tiefes Loch, die Caldera de Bandama. Nun gilt es, sich zu entscheiden. Entweder man steigt hinab in den Vulkankrater und kraxelt im Anschluss über gerölliges Lavagestein wieder hinauf. Oder man läuft oben am Rande der Caldera entlang. Dieser Weg ist als Rundweg gestaltet, auf dem man sich nicht verlaufen kann. Ich entscheide mich für letzteres, denn ich finde es immer schöner, von oben auf was herabzuschauen.

Die Tour ist kurz, hört sich in der Theorie jedoch bequemer an als sie ist. Denn auch hier gibt es den einen oder anderen Höhenmeter zu goutieren. Die Strecke geht fröhlich auf und ab und bietet schöne Ausblicke in den Krater, auf die umliegenden Hügel und die in der Ferne liegende Küste vor Las Palmas.

Ich bin nicht gerade alleine auf der Strecke an diesem sonnigen Sonntagmorgen, doch überfüllt ist es auch nicht. Ich finde es sehr angenehm, für mich fühlt es sich genau richtig an. Hier oben in den Bergen ist es erstaunlicherweise kein bisschen kühler als unten in Las Palmas. Doch die Temperaturen sind gut auszuhalten. An dieser Stelle rufe ich mir gerne ins Gedächtnis, dass es doch gerade die Wärme war, die mich aus dem zu dieser Jahreszeit doch eher unwirtlichen Deutschland auf die Kanaren gelockt hat.

Am Ende des Rundwegs bleibt noch etwas Zeit bis zum nächsten Bus zurück nach Las Palmas. Ich verbringe sie mit einem frischen, kühlen Orangensaft in einer der beiden Bars. Als Bonus obendrauf gibt es eine spannende und kurzweilige Unterhaltung mit einem Paar aus Schweden, das mir schon auf dem Rundweg entgegenkam und bereits in der Bar sitzt, als ich ankomme.

Der nächste Bus bringt mich für überschaubare 1,55 EUR zurück nach Las Palmas. Am Zentralen Busbahnhof San Telmo angekommen, entscheide ich mich spontan, gleich nach Agüimes weiterzufahren. Denn der Tag ist noch jung, und ich bin noch nicht ausgelastet. Außerdem brauche ich nach so viel Grünzeug jetzt ein wenig Zivilisation 😁.

Hinein also in den nächsten passenden Bus. Die resolute Busfahrerin spannt mich gleich ein und beauftragt mich, zwei älteren Fahrgästen ihre Tickets auszuhändigen, die diese unabhängig voneinander vorne im Ausgabefach haben liegen lassen. Der Auftrag wird so bestimmt erteilt, dass ich keine Widerrede wage und ihn brav ausführe. Später beim Ausstieg wird sie sich dafür bedanken, mich gesondert verabschieden und mir beim Weiterfahren zuwinken. Mit dieser Entlohnung bin ich zufrieden.

Am frühen Nachmittag Ankunft in Agüimes, weiter südlich in Höhe des Flughafens im Hinterland der Ostküste gelegen. Was für ein wunderschönes Örtchen! Von kleinen, gewundenen Gässchen durchzogen, mit pastellfarbenen Häuschen bestückt, viel Kunst in den Straßen, mit einem eigenartig orientalisch anmutenden Flair durchzogen. Freundliche Menschen, mit denen man leicht ins Gespräch kommt, kommen als Sahnehäubchen obendrauf.

Nach einem späten Mittagessen lasse ich mich durch das Örtchen treiben und schaue, was mir vor die Linse kommt.

Überschrieben

Am späten Nachmittag bringt mich der Bus zurück nach Las Palmas, wo ich an einem der frisch eröffneten Weihnachtsstände in der Calle Triana mein bescheidenes Abendmahl erwerbe. Dazu gibt es ein Gläschen Rotwein, als Begrüßung gespendet vom Hotel. Das formidable Ende eines schönen Tages!

Aus dem Feuer

14 Gedanken zu “Gran Canaria – Von Kratern und Kamelen

  1. Agüimes kannte ich noch nicht, scheint aber ein lohnendes Ziel zu sein. Den Vulkankrater hatten wir auch schon besucht. Das ist tatsächlich sehr schön (solange er nicht ausbricht wie auf La Palma).
    @5G-Empfang: inzwischen habe ich den Eindruck, in den meisten Ländern, auch in sogenannten Entwicklungsländern, ist der Mobilfunkempfang besser als in Deutschland. Und günstiger. Armes Deutschland.

    Gefällt 3 Personen

    1. Ja, Agüimes lohnt definitiv einen Besuch. Schaut mal vorbei! Das Örtchen ist ja auch vom Süden her gut zu erreichen. Vulkankrater sind mir allerdings auch nur sympathisch, solange sie friedlich bleiben 😅. @5G: Mobilfunktechnisch sind wir ja schon länger Entwicklungsland. Und ich sehe akut auch kein Potenzial zur Verbesserung.

      Gefällt 1 Person

  2. Eine wunderschöne Strecke. Ich für meinen Teil wäre dort wahrscheinlich tagein-tagaus in der Natur. Menschen werden überbewertet 😉 Obwohl, so ein schönes Gläschen Wein, hingestellt von einer unsichtbaren Fee, ließe ich mir auch gefallen…

    Gefällt 1 Person

    1. Ja, das kann ich mir lebhaft vorstellen, dass du dich dort vorrangig in der Natur herumtreiben würdest 😁. Ich wandere ja auch gerne mal ein wenig umher, aber sicherlich weniger exzessiv als du. Als ich im November dort war, war es allerdings für die Jahreszeit deutlich zu heiß. Die Einheimischen sprachen von fünf bis sieben Grad über der Norm. Auch in den Höhenlagen habe ich dort bis zu 28 Grad erlebt, oft ohne Schatten. Und das war mir dann doch eindeutig zu warm, um da stundenlang zu wandern. @Wein: ja, da wirste schwach, wa 😎?

      Gefällt 1 Person

Hinterlasse eine Antwort zu T. Antwort abbrechen