Wir haben sehr gut geschlafen. Ich sage nur: geöffnete Fenster statt Klimaanlage! Dies ist in der Tat die erste Unterkunft auf dieser Reise, in der das möglich ist.

Das kleine Örtchen Tadoussac ist ein besonders im Sommer sehr begehrtes Ziel für Wanderer, Kajakfahrer und Leute, die gerne Wale beobachten möchten. Es entstand im 17. Jahrhundert aus einer der ersten baskischen Walfänger-Siedlungen in Kanada. Doch schon vorher existierte an dieser Stelle ein Pelzhandelsposten. Und auch eine katholische Ordensmission war hier eifrig dabei, die Ureinwohner zu bekehren. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts mutierte es nach und nach zum Ausflugs- und Urlaubsziel. Aus dieser Zeit stammt auch das schicke Hotel Tadoussac mit seinem markanten roten Dach, das bis heute der Mittelpunkt des Örtchens ist.

Vorbei an besagtem besten Haus am Platz schlendern wir durch das Zentrum …

… Richtung Hafen. Ich hatte es im gestrigen Beitrag schon angedeutet: heute werden wir die Wale beobachten, die sich hier in geradezu verschwenderischer Zahl tummeln. Es ist nur auf den ersten Blick verwunderlich, dass die Wale so weit den St.-Lorenz-Strom hochziehen. Denn hier finden Krillkrebse ideale Lebensbedingungen vor, was die Gegend wiederum zu einem wahren Gourmet-Tempel für Wale macht.

Ihr wollt es ganz genau wissen? Na gut. Dass der Krill hier so blendend gedeiht, ist geologisch begründet. Im Mündungsgebiet des Saguenay in den St.-Lorenz-Strom geht es glazial bedingt bis zu 280 Meter in die Tiefe, was wiederum starke Strudel und Verwirbelungen verursacht. Im steten Wechsel der Gezeiten mischt sich dabei das kalte Salzwasser aus dem Atlantik mit dem wärmeren, sauerstoffreichen Süßwasser des St-Lorenz-Stroms. Kurz: hier geht es zu wie im Mixer! Das ernährungstechnische i-Tüpfelchen setzt dann das mineralstoffreiche Fjordwasser des Saguenay River. Der feuchte Tisch ist reich gedeckt. Erst werden die Krillkrebse satt, dann die Wale. So einfach ist das.

Hauptsächlich tummeln sich vier Walarten hier in der Gegend: der weiße Beluga sowie Blau-, Finn- und Minkwal. Ersterer stellt hier bei weitem die Mehrheit. Er ist unter den Genannten übrigens die einzige Art, die nicht wandert, sondern an einem festen Standort bleibt.

Auf zum Whale watching! Aber nicht in einem dieser Winzling-Boote:

Das Wetter ist uns hold: strahlende Sonne, heute zum Glück ohne Wind. Trotzdem wird es später saukalt auf dem Wasser! Wir haben eine Drei-Stunden-Tour gebucht und treffen, wie gestern verabredet, die beiden Dortmunderinnen wieder. Schon vor der Abfahrt ist Stefan ganz in seinem Element und erklärt der dankbaren Jutta ihre Kamera 😂.

Doch bevor nun eure Erwartungen ins Unermessliche steigen: hier kommt der Dämpfer. Um die Wale nicht zu stören, müssen die Ausflugsboote einen Abstand von mindestens 100 Metern halten. Und da wir noch immer keine Teleobjektive haben (sind auch nicht in Planung), hält sich die Foto-Ausbeute heute in Grenzen.

Aber glaubt mir: wir sehen unfassbar viel! Insgesamt 30 Wale geben sich die Ehre, in unser Blickfeld zu schwimmen – die unzähligen Belugas nicht mitgerechnet! Hauptsächlich sehen wir Finnwale, aber zum Glück auch ein paar Buckelwale, die im Gegensatz zu den Finns die Flosse hinten raushauen 😎. Für Fotos mit unseren Objektiven sind die ansehnlichen Riesenviecher etwas weit weg, aber ein paar „Beweisfotos“ habe ich natürlich für euch.

Viel zu schnell sind die drei Stunden rum! Und schon geht’s nach einem letzten Blick in den Fjord …

… wieder an Land. Wir verabschieden uns von den beiden Dortmunderinnen und füllen anschließend unsere hungrigen Mägen. Wieder kommen wir an diesem wunderbaren Postkartenmotiv vorbei, das ich heute zur Abwechslung aus einer anderen Perspektive als gestern ablichte.

Zeit für einen Spaziergang am Strand unterhalb des dekorativen Kirchleins, der hier auf den klangvollen Namen Sentier de la Plage hört.

Und während ich zwischendurch ein kurzes Mittagsschläfchen halte (hier bin ich gerade noch wach) …

… wird Stefan hingebungsvoll zum Künstler. Das Ergebnis (Frontal- und Seitenansicht) seiner geduldigen Bastelei: ein Moose aus Steinen!

Nur schwer kann er sich von seinem geliebten Kunstwerk trennen, das er wohl oder übel hier seinem Schicksal überlassen muss. Genug Action für heute. Für den Rest des Nachmittags ist Balkonien im Motel angesagt. Morgen mehr!

4 Gedanken zu “Tag 22: Tadoussac – Wa(h)lverwandschaften

  1. Hallo! Wie gerne würde ich jetzt diesen grauen Alltag hinter mir lassen und in diese beruhigende Welt hinübergleiten… Die scharfen Farbkontraste Eurer Bilder (Hotel Tadoussac, das „Kirchlein“, der Fjord) sind atemberaubend schön….mmmhhh

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  2. Beluga meets Alter Sack!😂 Wow, echt cool: ihr habt Wale gesehen!😍 Und wieder ein Bombenwetterchen. Der Ort und seine Lage scheinen wirklich total idyllisch zu sein. Das Foto von dir ist im Übrigen richtig gut gelungen!👌🏼

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