3. – 4. Mai 2022

Schon wieder Griechenland! Fast zwei Monate ist es erst – oder schon! – her, dass ich auf Santorin weilte. Und nun, Anfang Mai, fliege ich solo nach Athen und im Doppelpack wieder zurück.

In aller Herrgottsfrühe geht es los. Damit ich um 7:45 Uhr beim Take Off dabei sein kann, muss ich um 4:45 Uhr los. Eine Stunde brauche ich mit den Öffentlichen zum BER. Und zwei Stunden sollte man tunlichst vor dem Abflug da sein. Zumindest, wenn man Gepäck eincheckt.

Pünktlich weg, pünktlich da. Nach drei Stunden Flugzeit lande ich in Griechenlands Hauptstadt.

My way

Ich stelle meine Uhr um eine Stunde vor, schnappe mein Gepäck und fahre mit der U-Bahn M3 bis zum Herzstück des modernen Athens, dem Syntagma Platz. Von dort trennen mich nur noch 300 Meter bis zur Wohnung, die in den nächsten Tagen ein temporäres Zuhause sein wird.

Herzstück

Der Check In geht schnell und unkompliziert über die Bühne. Die Wohnung ist klein, aber schön. Und als Highlight trumpft sie mit einer tollen Terrasse auf. Das Apartment liegt mitten in der Stadt. Die Straße selbst ist ruhig. Doch von den beiden senkrecht dazu verlaufenden Achsen dringt etwas Verkehrslärm hoch in den siebten Stock. Entweder man wohnt zentral oder ruhig. So ist das 😄.

Meine Wetter-App verspricht angenehme Temperaturen für die nächsten Tage. Maximal 23 Grad verheißen optimales Wetter für Sightseeing in einer Stadt.

Perfektes Wetter

Am frühen Nachmittag laufe ich los. Die Kamera bleibt zuhause. Erst einmal möchte ich mich in die Stadt einfühlen, Witterung aufnehmen. Die Pláka, Athens Altstadt, beginnt fast vor der Haustür. An diesem Dienstag erwartet mich dort viel Gewusel. Aber hektisch wirkt es dennoch nicht.

Am Agora Square lasse ich mich im Restaurant Ydria köstlich bewirten. Anschließend schlendere ich ziellos im Viertel direkt unterhalb der Akropolis herum. Es folgt ein kleiner Bummel durch die Gassen Monastirakis, über den Flohmarkt und durch die Pláka wieder zurück zur Wohnung. Nach dem Einkauf von ein paar Lebensmitteln chille ich auf der Terrasse und plane schon mal ganz grob den nächsten Tag. Heute werde ich nicht alt! Schließlich war ich heute schon sehr früh auf den Beinen. Und so falle ich nicht allzu spät in einen komatösen Schlaf.

Am nächsten Morgen wache ich erholt auf. Ich habe geschlafen wie eine Tote! Für ein formidables Frühstück investiere ich einen kleinen Fußweg bis zum ‚Me Kolonaki‚ im gleichnamigen Stadtteil, zugleich eine der edleren Gegenden Athens, wie mir mein Reiseführer verrät. Ich entscheide mich für ein Frühstück Israeli Style und ergänze es durch einen Greek Yoghurt. Das sollte reichen bis zum späten Nachmittag 😅.

Lecker
Genauso lecker

Dann hole ich die Kamera heraus und beginne, die Stadt zu entdecken. Es dauert auch nicht lange, bis ich das Prinzip durchschaue, das den Umgang der Athener mit Ampeln regelt. Sie zu beachten ist nur eine unverbindliche Option, kein Muss 😁.

Direkt hinter dem Syntagma Platz beginnt die Edel-Einkaufsmeile Panepistimiou, die ich, mit ein paar Abstechern hier und da, entlang laufe. Doch die Gegend bietet zum Glück nicht nur gehobenes Shopping.

Posen
Korinthisch
Flotter Dreier
Taxi!

Schon bald nähere ich mich dem Omonia Square. Bereits bevor ich den Platz erreiche, nehme ich die ersten Vorboten wahr, die mir zeigen: nun lauert das Kontrastprogramm.

Das letzte Hemd
Im Fadenkreuz

Hier ist Athen nicht schön und arg heruntergekommen, aber ehrlich und ungeschminkt. Armut dominiert, noch gesteigert durch eine ordentliche Prise Elend. Die vielen Obdachlosen und Drogenabhängigen sind nicht zu übersehen. Wenn es selbst mir, die ich seit 34 Jahren in einer Großstadt lebe und von daher einiges in dieser Richtung gewohnt bin, so ins Auge fällt, muss es extrem sein. Ich war im Vorfeld darauf vorbereitet und eingestellt. Das schützt mich dennoch nicht davor, Betroffenheit zu spüren.

Auch das …
… ist Athen

Generell ein paar Worte zu meinem ersten vollen Tag in Athen und dem etwas speziellen Programm: Wenn ihr an Athen denkt, fällt euch natürlich als erstes die Akropolis ein. Sicher auch die kleine, schnuckelige Altstadt Pláka, die sich mit ihren vielen Postkartenmotiven zu Füßen der Akropolis erstreckt. Griechenland als die Wiege der Demokratie. Athen als archäologisches Freilichtmuseum und Zentrum einer der wichtigsten Hochkulturen der Antike. Das Klassische, das Schöne. Das, was der Tourist so gerne mag.

Kommt noch. Keine Sorge! Ich fange erst mal mit dem richtigen, echten, ungeschminkten und bisweilen auch hässlichen Leben an. Denn ich riskiere gerne auch mal einen Blick hinter die schöne Fassade, von der das Make Up abgeblättert ist und die Runzeln, die Übermüdung und Abnutzung sichtbar werden. Wo die Welt nicht ganz so heil ist. Das gehört nun mal zum Gesamtgefüge einer Stadt dazu.

Und so führt mich mein Weg heute denn auch nicht zu den typischen touristischen Attraktionen, sondern nach Exárchia. Autonome, Hausbesetzer und Protestler gegen dies und das bewohnen dieses baulich heruntergekommene Viertel. Doch zunehmend mischen sich auch Studenten der benachbarten Hochschulen und junge Familien darunter. Ich könnte mir vorstellen, dass ich diese Gegend in ein paar Jahren womöglich nicht mehr wiedererkennen werde, weil sie hipp und schick geworden ist. Doch noch ist es längst nicht so weit.

Die Straßen sind gespickt mit vollen Cafés und Restaurants, fröhliches Geplauder dringt aus allen Winkeln, alle Altersklassen sind vertreten. Hier wird das Leben genossen! Exárchia wirk zwar auf den ersten und auch zweiten Blick wie ein abgeranztes Viertel. Aber hier steckt eine Menge Optimismus und Gestaltungswillen drin. Zahlreiche Läden und Projekträume sprechen für sich.

Hochgestapelt

Verfallene Hausfassaden und alternative Wohn- und Nutzungsstrukturen bieten in allen Städten die ideale Kulisse für Straßenkunst. Das Stadtviertel Exárchia ist da keine Ausnahme. Und was ich dort zu sehen bekomme, lässt mein Kunstherz (ihr wisst schon, wie ich das meine 😅) höher schlagen. Street Art findet sich hier überall und flächendeckend.

Fasziniert laufe ich durch das laute, nicht überall schöne, bunte, facettenreiche und faszinierende Viertel mit seinen sehr freundlichen und kontaktfreudigen Menschen. Ich könnte mich ewig in den Gassen verlieren, doch irgendwann breche ich ab. Denn es hört einfach nicht auf mit den bunten Fassaden 😅. Ich fotografiere mich hier halb zu Tode, will mich aber an dieser Stelle auf eine Handvoll Highlights konzentrieren.

Psssst!
Gestreift
Angemalt
Bitte lächeln!
Angerufen
Zugriff
Frühschoppen

Dann geht’s weiter auf die harte Tour. Wenn ich schon mal in Fahrt bin, nehme ich Metaxourgio gleich auch noch mit. Dieser Teil der Stadt sei nur etwas für Hartgesottene, warnt mich mein Reiseführer. Doch tagsüber sollte das machbar sein, sagt mein Bauch. Ich laufe dennoch vorsichtshalber genau die Strecke, die im Reiseführer als Tour vorgeschlagen wird.

Wieder führt mich der Weg über den Omonia Square. Kurz dahinter beginnt dann das rauhe, ungeschminkte und nicht auf Hochglanz polierte Metaxourgio. Das Viertel ist geprägt von einem hohen Ausländeranteil. Doch das ist nicht der Grund, weswegen die Gegend als problematisch gilt. Im Gegenteil: dieser Umstand bietet eine Weltreise auf kleinstem Raum. Überall an den Läden, auf den Hauswänden, auf Plakaten tummeln sich arabische, indische, chinesische und einige andere Schriftzeichen. Entsprechend vielfältig – wenn auch eher einfach – ist das Angebot an Läden und Restaurants.

Die Straßen jedoch sind vermüllt, die Häuser teils abbruchreif. Wie es scheint, haben die Stadt und ihre kommunalen Institutionen diesen Stadtteil mehr oder weniger aufgegeben.

Im Müll

Je weiter ich in das Gebiet vordringe, desto mehr habe ich das Gefühl, es sei nun besser, Kamera und Handy in der Tasche zu lassen. Nicht aus Sicherheitsgründen, sondern aus Respekt. Denn die Zustände besonders in der an sich ehemals wohl recht hübschen Gasse Odos Iasonos sind schon krass. In solch einer geballten und extremen Form habe ich das zumindest in Europa noch nicht gesehen. Abgewrackte Prostituierte, ihre Notdurft auf offener Straße verrichtende Obdachlose, am Boden kauernde Junkies, teils gerade mit der Nadel aktiv, manche über einer Bank hängend. Überall stinkt es nach Urin, Fäkalien und Müll. Blutige Tücher und Spritzen überall.

Ich eile zügig durch. Nein, ich habe keine Angst. Denn das Elend um mich herum ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass da noch Energie bliebe, mich zu beachten. Nach Einbruch der Dunkelheit wäre die Gegend allerdings definitiv kein Pflaster, auf dem ich mich tummeln würde 😅.

Nun aber Schluss mit den Schattenseiten der Stadt. Auf einen Orangensaft lasse ich mich am für die Gegend erstaunlich lauschigen Avdi Square nieder. Für ein Essen im von meiner Berliner Nachbarin Claudia empfohlenen Restaurant ‚Seychelles‘ bin ich noch nicht hungrig genug. Das Frühstück von heute morgen, ihr wisst schon.

Von dort aus laufe ich noch ein Stückchen weiter bis zum Karaiskaki Square, wo zwei weitere ansehnliche Kunstwerke auf mich warten.

Auf dem Heimweg passiere ich die bereits zum Stadtteil Psyri gehörende Agion Anargiron mit ihrer sehr atmosphärischen, mit vielfältiger Gastronomie gespickten Fußgängerzone.

Flotten Schrittes

Besagtes Psyri gehört ebenfalls zu Athens zahlreichen Street Art-Eldorados. Doch mein Kopf und meine Füße sind für heute ausgelastet. Aber immerhin schaffen es diese beiden Werke noch, meine Aufmerksamkeit zu erregen.

Mit Sturmhaube
Im Rausch der Farben

Über den wie immer belebten und quirligen Monastiraki Square …

Klösterlich

… trabe ich dann endgültig meinem verdienten Feierabend entgegen. Auf dem Weg dorthin futtere ich noch eine Kleinigkeit, bevor ich mich dem ausgedehnten Chill Out auf meiner schönen Terrasse hingebe. Morgen serviere ich euch weniger schwere touristische Kost. Versprochen 😎!

13 Gedanken zu “Athen – Auf Abwegen

  1. Krasse stadt! Ich bewundere dich hier Stadtviertel besucht zu haben die alles andere als touristisch erschlossen sind! Hut ab Elke
    Aber sowas gehört zu Großstädten dazu und auf einer einkaufsmeile kann jeder laufen!
    Wie gesagt ich finde es toll auch sowas anzuschauen
    Fotos mit Titel sind wie immer super

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  2. Eine ernste Seite von Athen hast du uns da präsentiert. Das gehört dazu. Ich habe bereits gehört, dass Athen an sich mehr (und weniger schön) sein soll als seine touristischen Hotspots. Oft zeigen sich große, alte Städte völlig anders als die antiquierte Vorstellung, die wir davon in unseren Köpfen herumtragen 🙂

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  3. Athen ist leider nicht nur Hochglanz! Ich war 2009, direkt oder mitten in der Wirtschaftskrise in Athen und habe mich damals sehr, über die zum Teil verschwenderische Art, der Griechen geärgert….umso mehr, wenn ich sehe, dass ganze Stadtviertel vergessen wurden. Damals war ( und ist vermutlich immer noch ) Piräus das Armenhaus und in Athen wurde auf dem U- Bahnhof der Panthenonfries hinter Panzerglas mit bewachtem Personal ausgestellt, die Raucherzone auf dem Athener Flughafen war feinstes griechisches Museum….Prunk und Protz in der Innenstadt und Elend drumherum. Trotzden ist die Stadt toll und Deine Bilder wie immer sensationell. Streetart war 2009 noch kein Thema, muss ich wohl nochmal nach Athen. LG Sandra

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    1. Die Stadt ist schon sehr kontrovers. Doch unterm Strich mochte ich sie sehr. Zu glatt muss eine Stadt für mich auch gar nicht sein. Aber natürlich darf man das soziale Elend nicht verharmlosen. Ja, in Piräus ist auch heute noch sehr viel Elend zu sehen. Ich komme in einem der nächsten Berichte auch noch darauf zu sprechen. Freut mich, dass dir meine Fotos gefallen haben! Und ja, richtig, alleine wegen der sensationellen Street Art in vielen Stadtvierteln solltest du unbedingt mal wieder einen Stopp in Athen einlegen.

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    1. Danke! Ja, die hässlichen Seiten gehören zu so einer Großstadt nun mal auch dazu.

      Tagsüber braucht es eigentlich aber gar nicht so viel Mut. Man muss halt aufmerksam bleiben und halbwegs zielstrebig da durchlaufen, um möglichst nicht als unbedarfter Tourist entlarvt zu werden.

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