Heute sind Bildung, Geschichte und Landeskunde angesagt. Doch um dafür gerüstet und aufnahmefähig zu sein, muss ich erst mal meinen Magen füllen. Im Orange Frog …

… kredenzt mir die nette Truppe mit dem Vego Brekky ein wahrlich opulentes, vollwertiges und köstliches vegetarisches Mahl.

Mit dem überschaubaren 25- minütigen Fußmarsch entlang des Ti Beach mit schönem Ausblick auf die Bay …

… ist sicher nur ein winziger Teil davon wieder abtrainiert.

Jenseits der Bucht wartet Neuseelands bedeutendste historische Sehenswürdigkeit auf mich: die Waitangi Treaty Grounds. Hier wurde 1840 Neuseelands Gründungsdokument zwischen Vertretern der Britischen Krone und mehr als 500 Maori Chiefs geschlossen. Er ist bis heute die Grundlage der neuseeländischen Verfassung. Es gab nur eine einzigen Verhandlungstag. Der Vertrag existiert in Maori und in Englisch. Aufgrund von Übersetzungsfehlern gingen beide Seiten jedoch von unterschiedlichen Bedingungen und Konsequenzen aus. Die Maori dachten, sie hätten nur die Regierung ihres Landes an die Briten abgegeben, nicht aber das Recht, sich selbst zu verwalten. Auch wurde der Begriff „Besitztümer“ nicht hinreichend definiert. Zudem messen Maori dem gesprochenen Wort mindestens genauso viel Bedeutung bei wie dem schriftlichen. Und versprochen wurde da wohl vieles, was dann unterschiedlich in die beiden Vertragsversionen einfloss.

Um es kurz zu machen: alle waren willens, eine einvernehmliche Lösung zu finden und beide Seiten gleichberechtigt und auf Augenhöhe zu berücksichtigen. Ärger gab es trotzdem. In der Konsequenz wurden der Druck auf die Siedler aus Europa und die Streitigkeiten so groß, dass 1975 das Waitangi Tribunal eingerichtet wurde. Dieses sollte die Streitigkeiten klären. Seit 2014 können keine neuen Ansprüche mehr gestellt werden. Die schon vorliegenden, aber noch nicht verhandelten rund 900 Forderungen sollen bis 2020 abgearbeitet sein. Aktuell gab es bis heute rund 54 Schlichtungen, die mit insgesamt rund 1,5 Milliarden Dollar beigelegt wurden.

Heute ist das umfangreiche Gelände eine gelungene Mischung aus Informationszentrum und Gedenkstätte. Es gibt ein tolles Museum, das Treaty House, ein ehemaliges Wohnhaus, in dem der Vertrag aufgesetzt wurde, …

… und einen Flaggenmast, der die Stelle markiert, an der die ersten Unterschriften geleistet wurden.

Dann ist noch das mit beeindruckendem Schnitzwerk versehene längste Kriegskanu der Welt zu sehen, das den nicht minder imposanten Namen Ngatokimatatawhaorua trägt. Es ist fast 36 Meter lang. 150 Krieger und 80 Ruderer passen rein.

Es ist umrahmt von ebenfalls sehenswerten weiteren Figuren. Echt tolle Handarbeit, oder?

Am allermeisten geflasht bin ich jedoch von der halbstündigen kulturellen Vorführung im Versammlungshaus (Whare Runanga), …

… das die Besuchermeute nur ohne Schuhe betreten darf. Und nein, es geht hier nicht darum, dass man sich ums Putzen drücken möchte. Nach der Einführung und dem Begrüßungsritual mit dem Besucher-Chief …

… geht es los mit Gesängen und Tanz (Haka). Man kann es wie oft auch immer im TV gesehen haben: live geht das noch mal ganz anders unter die Haut. So eine lauten, kraftvollen, eindrücklichen und auch etwas einschüchternden Auftritt habe ich selten gesehen. Videodrehs sind aus verständlichen Gründen nicht erlaubt. Aber ein paar Fotos kann ich euch bieten, denn die Elke hat sich natürlich die Pole Position in der vordersten Reihe gesichert:

Nach vier total interessanten und beeindruckenden Stunden mache ich mich am Nachmittag auf den Rückweg nach Paihia. Gerne hätte ich noch eine Wanderung zu den Haruru Falls unternommen, aber als ich das Zentrum verlasse, fängt es heftig zu regnen an. Der große Guss geht dann auch mit viel Ausdauer etwa drei Stunden ohne Unterbrechung weiter. Ein Gutes hat die Sache: spätestens jetzt weiß ich, dass es sich gelohnt hat, die Regenhose mit auf Reisen zu nehmen. Ich lasse es mir dann aber doch nicht nehmen, trotz der Fluten von oben auf dem Rückweg noch schnell ein Foto von Paihias Hafenszenerie zu schießen. Ist doch auch bei Regen schön, oder?

Den Rest des Nachmittags verbringe ich in meinem gemütlichen Hüttchen und wage mich erst abends wieder zum Essen raus, dann immerhin trockenen Fußes. Bis morgen!

12 Gedanken zu “Tag 9 – Bay of Islands: Waitangi Treaty Grounds

  1. Ich habe schon zwei bis drei Mal ein Haka miterleben dürfen und war jedes Mal gebannt von der Kraft und dem Ausdruck, die darin mitschwingen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Feinde dadurch eingeschüchtert waren…nur die Briten anscheinend nicht, sonst wären die Vertragsverhandlungen vielleicht besser gelaufen.😂
    Das Boot ist der Knaller. Ich bin mir nicht mehr sicher, da zu lange her, aber ich glaube, dass es im Film Whale Rider vor kam.

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    1. Ja, so ein Haka ist wirklich ein sehr intensives Erlebnis. Für mich war es der erste live. Die Briten waren vielleicht einen Tick zu sehr auf Ihre Krone stolz … @ Boot: keine Ahnung, ob es schon für Filme zur Verfügung gestellt wurde. Ich weiß nur, dass es einmal im Jahr zu Wasser gelassen wird, nämlich am Jahrestag der Vertragsunterzeichnung.

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  2. Die Kultur der Maori hast du uns wunderbar anschaubar gemacht! Schade, dass Worldpress noch keine Klangfunktion anbietet….Das Hafenbild ist total Klasse, es spricht für sich, sehr schön. Weiterhin interessante und bilderbuchhafte Wanderschaft durch NZ. Deine Reise ist einfach profihaft! Weiter sooooo……..

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  3. Tolle Bilder….ich glaube ich hätte Angst gehabt vor soviel men/women power.Ich hätte mein Zelt wohl nicht im Maori Land aufgeschlagen…..😅schnell weiter paddeln……

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  4. Das sind doch wirklich noch richtige Männer, die Maoris, keine solchen Hungerhaken, die in Europa rumlaufen. Bei den Frauen ist es so wie vor 200 Jahren, da waren Rubensfrauen daaaaas Schönheitsideal.

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